Entnommen aus Politische Berichte Nr. 10/2016

 

AKTIONEN UND INITIATIVEN

Welt-Aids-Tag

2015 findet der Welt-Aids-Tag zum 28. Mal statt. Seit 1988 wird er jährlich am 1. Dezember begangen. Mit zahlreichen spannenden Aktionen erinnern Regierungen, Organisationen und Vereine weltweit an diesem Tag an HIV und Aids, und rufen dazu auf, aktiv zu werden und Solidarität mit den von HIV betroffenen Menschen zu zeigen. Das Spektrum reicht von Informationsständen in der Innenstadt über Podiumsdiskussionen bis hin zu Spendengalas mit großem Promi-Engagement. Der Welt-Aids-Tag dient auch dazu, Verantwortliche in Politik, Medien, Wirtschaft und Gesellschaft – weltweit wie auch in Europa und Deutschland – daran zu erinnern, dass das HI-Virus noch längst nicht besiegt ist. Auch, damit überall die notwendigen Mittel bereitgestellt werden und sich Vorbeugung, Aufklärung, Behandlung und Hilfe für die Betroffenen an ihren Lebensrealitäten orientieren können.

Daten & Fakten zu HIV/Aids weltweit

• Weltweit leben etwa 35 Millionen Menschen mit HIV • Pro Jahr kommt es zu ca. 2,1 Millionen Neuinfektionen, davon etwa 240000 bei Kindern • Nur 37 Prozent der Betroffenen haben bislang Zugang zu den lebensnotwendigen Medikamenten • Seit Anfang der 80er Jahre bis 2013 haben sich etwa 78 Millionen Menschen mit HIV infiziert; 39 Millionen Menschen sind bereits an den Folgen gestorben • Mit fast 70% aller HIV-Neuinfektionen ist Afrika südlich der Sahara am stärksten betroffen • Besonders in Ost-Europa und Zentralasien ist die Zahl der Neuinfektionen deutlich gestiegen, 2013 allein um 110000 • In Deutschland leben heute rund 80000 Menschen mit HIV • Etwa 30000 Menschen sind bisher in Deutschland an den Folgen von Aids gestorben. www.welt-aids-tag.de/welt-aids-tag/

Amnesty und PRO ASYL  kritisieren verantwortungslose EU-Flüchtlingspolitik

Berlin. Amnesty International und Pro Asyl warnen die Europäische Union vor einer Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik mit Staaten wie Ägypten oder dem Sudan, die Menschenrechtsverletzungen begehen. Außerdem kritisieren die beiden Organisationen die EU-Kommission für ihre geplanten Verschärfungen des Dublin-Verfahrens. Anlässlich des bundesweiten Flüchtlingstages am 30. September sagt Wiebke Judith, Expertin für Asylpolitik bei Amnesty International in Deutschland: „Die EU-Kommission versucht, ihre Verantwortung für Flüchtlinge immer weiter vor die Grenzen Europas auszulagern. Dabei schreckt sie auch nicht davor zurück, mit Regierungen zu kooperieren, die selbst massive Menschenrechtsverletzungen begehen und damit Menschen zur Flucht zwingen.“

Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl, kritisiert: „Es ist scheinheilig, wenn EU-Politiker Menschenrechte in Europa beschwören und gleichzeitig den Ausverkauf der Menschenrechte in Europa vorantreiben. Vereinbarungen mit Staaten wie Ägypten oder dem Sudan sind menschenrechtlich nicht haltbar, durch sie soll zum Beispiel die Flucht aus Eritrea über den Sudan verhindert werden.“ Die sudanesische Regierung hat in diesem Jahr mindestens 30 Mal Chemiewaffen wie Senfgas gegen die eigene Bevölkerung in Darfur eingesetzt, wie ein aktueller Amnesty-Bericht dokumentiert. Ägypten erlebt gerade eine der schwersten Menschenrechtskrisen in der Geschichte des Landes. Staatliche Sicherheitsdienste nehmen unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung seit etwa 18 Monaten willkürlich politische Aktivistinnen und Aktivisten und Demonstrantinnen und Demonstranten fest, pro Tag werden nach Angaben lokaler Nichtregierungsorganisationen durchschnittlich drei bis vier Menschen verschleppt. www.amnesty.de/

7 Demonstrationen: 320000 ­fordern Aus für CETA und TTIP

Berlin. Mehr als 320000 Menschen haben am 17.9. bundesweit gegen CETA und TTIP demonstriert. Wenige Tage vor der EU-Handelsministerkonferenz am 23. September in Bratislava trugen die Bürgerinnen und Bürger ihren Widerstand gegen die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Kanada und den USA in sieben deutschen Städten auf die Straße. In Berlin demonstrierten 70000 Menschen, in Hamburg waren es 65000, in Köln 55000, in Frankfurt am Main 50000, in Leipzig 15000, in Stuttgart 40000 und in München 25000. „Heute haben 320000 noch einmal bekräftigt: Die Bundesregierung muss endlich die Notbremse ziehen und das Nein der Bürgerinnen und Bürgerinnen zu CETA und TTIP respektieren“, erklärten die Organisatoren. „Beide Abkommen schaffen eine konzernfreundliche Paralleljustiz, beide sind eine Gefahr für die Demokratie, für Sozial- und Umweltstandards und die öffentliche Daseinsvorsorge, beide müssen gestoppt werden. CETA bedeutet TTIP durch die Hintertür. Die Bürgerinnen und Bürger wissen das.“ Das Bündnis fordert, die Verhandlungen zu TTIP offiziell zu beenden und CETA weder zu ratifizieren, noch anzuwenden. Das Abkommen mit Kanada dürfe in keinem Fall vorläufig angewendet werden, bevor die nationalen Parlamente darüber abgestimmt haben.  ttip-demo.de/home/

Veranstalter zufrieden mit Demonstration „Die Waffen nieder!“

Berlin. Nach Abschluss der erfolgreich und friedlich verlaufenden von 8000 Menschen bundesweit besuchten Friedensdemonstration „Die Waffen nieder!“am 8. Oktober durch die Mitte Berlins wenden sich die Veranstalterinnen und Veranstalter an die Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag. Sie tragen ihnen drei zentrale Forderungen vor, die sie aus den Beiträgen auf der Demonstration resümieren: Die bislang vorliegenden Pläne für die Verteidigungsausgaben des kommenden Haushaltjahres summieren sich auf die enorme Summe von 40 Milliarden Euro. Das würde einen Anteil von 1,2% am BIP bedeuten. Das von der Nato vorgegebene und für die Zukunft anvisierte Ziel liegt sogar bei 2%. Die Friedensbewegung fordert: Statt die Bundeswehr für weltweite Einsätze aufzurüsten, muss es eine drastische Reduzierung der Verteidigungsausgaben und eine Umverteilung auf soziale und ökologische Belange geben. Deutschland ist direkt oder durch logistische Hilfestellungen an vielen aktuellen Kriegsschauplätzen beteiligt. Dazu gehören z.B. Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, Jemen, Mali und der Krieg in der Ukraine. Diese Kriegseinsätze bringen Tod und Verderben über die Menschen, sie lösen nicht Konflikte, sondern vertiefen sie. Die Friedensbewegung fordert das Ende der Beteiligung der Bundeswehr an allen Kriegseinsätzen und den sofortigen Stopp deutscher Waffenexporte, die Konflikte anheizen.

Die Veranstalter der Demonstration „Die Waffen nieder!“ vom 8.10-. 2016, www.friedensdemo.org

Gegen Bundesteilhabe-gesetz: Paritätischer fordert ­Überarbeitung des Entwurfes

Berlin. Vor Leistungskürzungen und Verschlechterungen für viele Menschen mit Behinderung warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband anlässlich der anstehenden Beratung von Bundesteilhabegesetz (BTHG) und Pflegestärkungsgesetz III (PSG) in Bundestag und Bundesrat. Das geplante BTHG entspreche nicht der UN-Behindertenrechtskonvention und ziele vor allem auf Kostensenkung, kritisiert der Paritätische, der über 80 bundesweite Organisationen der Behindertenhilfe und der Gesundheitsselbsthilfe vertritt. Unter dem Motto „Das Bundesteilhabegesetz – SO NICHT!“ finden heute bundesweit Protestaktionen statt. „Geplante Verbesserungen zielen fast ausschließlich auf die Teilhabe am Erwerbsleben und kommen damit auch nur erwerbstätigen Menschen mit Behinderung zu Gute. Gerade für Menschen mit besonders hohem Unterstützungsbedarf drohen dagegen echte Verschlechterungen. Wer noch erwerbstätig sein kann, wird gefördert, viele andere drohen künftig von Teilhabeleistungen ausgeschlossen und in die Pflege verschoben zu werden“, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. „Kosteneinsparungen und die Verwertbarkeit von Arbeitsleistung stehen im Vordergrund, nicht aber die Selbstbestimmung und Bürgerrechte von Menschen mit Behinderung. Hier soll offenbar in erster Linie ein Kostenbegrenzungsgesetz und weniger ein Inklusionsgesetz im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention auf den Weg gebracht werden.“ In verschiedenen Städten ruft der Paritätische heute gemeinsam mit anderen Organisationen und Betroffeneninitiativen zu Protestaktionen auf. So werden beispielsweise in Kiel heute die Landtagsabgeordneten mit „Kröten“ vor dem Landtag empfangen, der Paritätische NRW wird dem BTHG die „Rote Karte“ zeigen und der Paritätische Sachsen lädt für 15 Uhr mit Partnern zur kreativen Protestaktion auf dem Dresdner Theaterplatz ein. Allein in Hannover werden zu einer Kundgebung um 13 Uhr am Opernplatz über 2000 Menschen erwartet.  www.der-paritaetische.de

3. Oktober 2016 in Kalkar+Essen:

Kalkar, Essen. Bei bestem Wetter demonstrierten ca. 400 FriedensaktivistInnen in Kalkar gegen die dortigen Bundeswehr- und Nato-Kommandozentralen. Vor der Von-Seydlitz-Kaserne legten sie einen Kranz für die Opfer der Drohnen- und Bombenangriffe nieder. Anschließen ging es nach Essen, wo in der folgenden Woche eine Nato-Tagung des Joint Air Power Competence Center aus Kalkar stattfindet. Auch dort versammelten sich ca. 700 TeilnehmerInnen, die verschiedenen Reden und abwechslungsreichen Kulturbeiträgen lauschten. demo-kalkar.de/

Neue Kinderkollektion von H&M – eine fragwürdige ­Kooperation des WWF

Bielefeld. Am 29. September haben H&M und WWF eine neue Kinderkollektion vorgestellt, die auf eine umweltfreundlichere Textilindustrie abzielt. Mit ihrer Zusammenarbeit versuchen H&M und WWF Probleme wie Wasserverschmutzung und Recycling Management zu verbessern. Die Hauptprobleme der „fast fashion“ werden von ihnen aber nicht gelöst. H&M verfolgt nach wie vor ein Geschäftskonzept, das auf hohe Verkaufszahlen, schnelles Wachstum und Massenkonsum aufbaut und das einfach nicht nachhaltig ist. Die Kampagne für Saubere Kleidung befürchtet, dass das Unternehmen die Partnerschaft mit dem WWF als reine Marketing-Strategie nutzt, die wenig Veränderungen bringt und Konsument_innen sogar in die Irre führen kann. Die Zusammenarbeit mit dem WWF muss auch im Rahmen von etlichen anderen Partnerschaften und Nachhaltigkeitsversprechen gesehen werden, die H&M in den letzten Jahren eingegangen ist, um sich als „nachhaltiges“ Unternehmen zu präsentieren. H&M arbeitet akribisch daran, sich als verantwortungsbewusstes Unternehmen dazustellen, ohne dabei seine Geschäftspraktiken grundlegend zu verändern. Das Unternehmen profitiert von billig produzierter Mode und dauernd steigenden Verkaufszahlen mit hoher Gewinnspanne – zu Lasten der Arbeiter_innen in seiner Lieferkette. 2013 stellte H&M seine „Roadmap zu einem Fair Living Wage“ (Leitplan zu einem Lohn zum Leben) vor, der vorsieht, dass bis 2018 allen Arbeiter_innen bei Hauptzulieferern ein fairer Lohn zum Leben bezahlt wird. Dieses Vorhaben wurde anfänglich von der Zivilgesellschaft zwar gelobt, doch bisher hat die Roadmap keinen Richtwert zu einem fairen Lohn zum Leben veröffentlicht. Auch H&Ms Nachhaltigkeitsbericht aus dem Jahr 2015 enthielt hierzu keinerlei Angaben. Außerdem stellte der vor kurzem veröffentlichte Bericht „When best is far from good enough“ fest, dass die Arbeitsbedingungen auch bei H&Ms Hauptzulieferern in Kambodscha schlecht sind. In keiner der untersuchten Fabriken hält H&M die eigenen Nachhaltigkeitsrichtlinien ein, weder in Bezug auf Arbeitsverträge noch in Bezug auf die Vereinigungsfreiheit und in keiner der Fabriken wird Arbeiter_innen ein Lohn zum Leben bezahlt.  www.saubere-kleidung.de/

AKW-Betreiber tricksen bei ­Brennelementesteuer

Hamburg. Durch Verschiebung von Brennstoffwechsel in den Reaktoren kommt es zu großen Steuerausfällen / Brennelementesteuer muss verlängert werden! Finanzminister Schäuble rechnet für das Jahr 2016 mit 1 Milliarde Euro Einnahmen aus der Brennelementesteuer – eine Luftnummer! Denn die AKW-Betreiber nutzen das geplante Auslaufen der Steuer mit Ende des Jahres aus: Sie wollen erst nach dem Jahreswechsel neuen Atombrennstoff „nachtanken“ – wenn die Steuer weggefallen ist. Die Betreiber von Atomkraftwerken in Deutschland drücken sich um die 2016 noch anfallende Brennelementesteuer. Durch einen aufwändigen Trick sorgen sie für Steuerausfälle von etwa 700 Millionen Euro. Eon, RWE und EnBW verschieben den eigentlich im Sommer üblichen Wechsel der Brennelemente in den Reaktoren auf die Tage nach dem Jahreswechsel. Da die Brennelementesteuer nach derzeitiger Gesetzeslage am 31. Dezember ausläuft und da die Steuer beim Einsetzen frischen Brennstoffs fällig wird, werden damit beträchtliche Summen am Finanzamt vorbei geschleust. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erwartet laut Steuerschätzung im Jahr 2016 Einnahmen von einer Milliarde Euro durch die Brennelementesteuer. Eingenommen hat er bisher 266 Millionen. Und da sieben der acht laufenden Atomkraftwerke ihre Jahresrevision schon hinter sich haben, kommt da auch nicht mehr viel dazu. Dazu erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt: „Die Stromkonzerne haben ein Steuerschlupfloch entdeckt und nutzen es zum Schaden der Allgemeinheit. So war das vom Gesetzgeber nicht gedacht. Bundesregierung und Bundestag müssen schnell reagieren und die auslaufende Brennelementesteuer über den Jahreswechsel hinausverlängern. Dann geht der Plan der Atomwirtschaft nicht auf.“ Der Trick der AKW-Betreiber: Normalerweise wird bei der jährlichen Revision eines AKW etwa ein Viertel der Brennelemente im Reaktorkern durch neue ersetzt. Beim Einsetzen wird für die Betreiber dann die Steuer in Höhe von 145 Euro pro Gramm Brennstoff fällig. Dieses Jahr jedoch wurden bei den bisherigen Revisionen wesentlich weniger Brennelemente ausgetauscht als üblich. Stattdessen gruppieren die Betreiber bereits länger eingesetzte Brennelemente um, frische (für die die Steuer anfällt) setzen sie nur so viele wie unbedingt nötig ein, um gerade so über den Jahreswechsel zu kommen. Die Stromkonzerne setzen darauf, kurz nach Auslaufen der Brennelementesteuer ihre Kraftwerke runterzufahren um ordentlich „aufzutanken“. Im Winter und Frühjahr 2017 sind in allen deutschen Reaktoren Abschaltungen geplant, oft sogar über den Jahreswechsel oder kurz danach. Ein vollkommen unüblicher Vorgang, der direkt auf das Auslaufen der Brennelementesteuer zurückzuführen ist. www.ausgestrahlt.de/

 

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