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01 G20-Präsidentschaft: Bundesregierung muss gerechte Gestaltung der Globalisierung in den Fokus stellen

02 Die Zusammenarbeit für die globale Gesundheit und HIV-Bewältigung stärken

03 Rente: Paritätischer kritisiert Rentenpläne der großen Koalition

04 Jedes Kind ist gleich viel wert

05 Zivilgesellschaft im Bündnis für nachhaltige Textilien – Erklärung

06 Deutlicher Anstieg homo- und transphober Straftaten

07 OSZE: Statt Frieden und Sicherheit – Krieg und Destabilisierung in Kurdistan und anderswo

08 Anwaltlicher Notdienst zum OSZE-Gipfel in Hamburg eingerichtet

01 G20-Präsidentschaft: Bundesregierung muss gerechte Gestaltung der Globalisierung in den Fokus stellen

Berlin. Anlässlich der im Dezember beginnenden deutschen G20-Präsidentschaft fordern das Forum Umwelt und Entwicklung und VENRO die Bundesregierung auf, thematische Schwerpunkte so zu setzen, dass sie einen nachhaltigen Entwicklungskurs fördern und die Ziele der Agenda 2030 voranbringen.

In zwei Tagen übernimmt Deutschland den Vorsitz der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20). Der Zeitpunkt könnte brisanter kaum sein. Immer mehr Menschen fühlten sich als Verlierer der Art wirtschaftlicher Globalisierung, wie sie bisher auch von der G20 vorangetrieben wurde.

Für die Zeit der deutschen Präsidentschaft erwarten VENRO und das Forum Umwelt und Entwicklung daher, dass die Bundesregierung ambitionierte thematische Schwerpunkte setzt, die die Rolle und Verantwortung der G20 für eine global nachhaltige und gerechte Entwicklung betonen. venro.org/presse/

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02 Die Zusammenarbeit für die globale Gesundheit und HIV-Bewältigung stärken

Berlin. Der Präsident der UN-Vollversammlung hat recht: Die Überwindung der Aids-Epidemie stellt eine der größten Errungenschaften dar, die wir zu unseren Lebzeiten erreichen können. Die jetzt veröffentlichten Daten und Studien zeigen jedoch, dass wir von einer Bezwingung der Epidemie noch weit entfernt sind. Die nächsten Jahre werden entscheidend sein. Nur wenn die Weltgemeinschaft jetzt ihre Anstrengungen verstärkt, kann es gelingen, diese Bedrohung für die menschliche Entwicklung zu überwinden. Andernfalls wird es viel schwieriger werden, dieses große Ziel zu erreichen. Dazu muss auch Deutschland einen fairen und solidarischen Beitrag leisten. Anlässlich des Welt-Aids-Tages fordern wir daher die Bundesregierung dazu auf, die wirtschaftlich benachteiligten Länder endlich angemessen zu unterstützen, um Aids zu beenden und die allgemeine Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. www.aids-kampagne.de/aktuelles

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03 Rente: Paritätischer kritisiert Rentenpläne der großen Koalition

Berlin. Als „halbherzig und inkonsequent“ bewertet der Paritätische Wohlfahrtsverband die aktuellen Koalitionsbeschlüsse zur Rentenpolitik. Die vereinbarten Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten würden lediglich für Neurentner gelten, kritisiert der Verband, an den ungerechten Abschlägen halte die Regierung weiterhin fest. Auf Maßnahmen zur Bekämpfung der Altersarmut sowie eine Reform der Altersrenten habe die Koalition gleich ganz verzichtet. Insbesondere mit der geplanten Stärkung der privaten Altersvorsorge sei die große Koalition rentenpolitisch auf einem Irrweg. „Die große Koalition bleibt bei ihrem Irrweg, die Privatisierung der Altersvorsorge voranzutreiben … Riester ist gefloppt, das gleiche gilt für die staatliche Förderung in der betrieblichen Altersvorsorge. Geringverdiener werden kaum erreicht, gleichwohl kosten sie den Steuerzahler jährlich mehrere Milliarden Euro“, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Bei den Koalitionsbeschlüssen fehle ein „klares Bekenntnis“ zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Das von Bundesarbeitsministerin Nahles heute vorgestellte Konzept zur Alterssicherung mit weiteren Vorschlägen enthalte zwar deutliche Verbesserungen gegenüber dem Koalitionsvertrag und den bisherigen Beschlüssen, sei aber dennoch halbherzig. Es sei zwar zu begrüßen, wenn Menschen, die lange Zeit in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, im Alter vor dem Gang zum Sozialamt geschützt werden. Besonders von Altersarmut bedrohte Gruppen wie Langzeitarbeitslose oder Selbständige profitierten jedoch von der Solidarrente kaum, warnt der Verband. Auch die diskutierte Haltelinie für das Rentenniveau sei zu niedrig. Der Paritätische fordert die Abschaffung der staatlichen Förderung privater Altersvorsorge und stattdessen eine Heraufsetzung des Rentenniveaus auf wieder 53 Prozent sowie eine durchgreifende Reform der Altersgrundsicherung, um Altersarmut wirksam zu bekämpften. Die ungerechten Abschläge in der Erwerbsminderungsrente müssten zudem endlich abgeschafft werden. www.der-paritaetische.de/startseite/

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04 Jedes Kind ist gleich viel wert

Köln/Berlin. „Keine Ausreden mehr! Armut von Kindern und Jugendlichen endlich bekämpfen! #stopkinderarmut.“ Mit dieser gemeinsamen Online-Kampagne machen Wohlfahrts- und Sozialverbände um die Nationale Armutskonferenz (nak) gemeinsam mit Familien- und Kinderrechtsorganisationen ab morgen (6. Dezember) auf das drängende Problem der Kinderarmut in Deutschland aufmerksam.

„Wir fordern die Akzeptanz und Gewährleistung eines sachgerechten Existenzminimums für alle Kinder. Ein Aufwachsen in Wohlergehen darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen“, so Dr. Frank Johannes Hensel, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz.

Im Einzelnen stellt die Petition fest:

• Die Hartz-IV-Sätze für Kinder sind zu gering. Sie basieren auf ungenauen Rechnungen und willkürlichen Abschlägen.

• Arme Familien müssen mindestens in gleicher Weise gefördert werden wie Familien mit höheren Einkommen entlastet.

• Staatliche Unterstützung muss einfach gestaltet und leicht zugänglich sein. Derzeit gehen viele Hilfen an den Familien und Kindern, die diese brauchen, vorbei.

Vielfältige Aktionen werden die Online-Petition im Wahljahr begleiten: „Wir werden aufmerksam verfolgen, welchen Stellenwert die Beseitigung von Kinderarmut in den Wahlprogrammen, einer Koalitionsvereinbarung und in Gesetzgebungsvorhaben erhält und ob konkret benannt wird, bis wann und wie Kinderarmut in Deutschland überwunden sein soll“, so Hensel. nationalearmutskonferenz.de

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05 Zivilgesellschaft im Bündnis für nachhaltige Textilien – Erklärung

Bielefeld. Der Steuerungskreis hat Ende Oktober nach langen, nicht immer leichten Verhandlungen den Startschuss für die nächste Phase des Textilbündnisses gegeben. Die Zivilgesellschaft im Textilbündnis begrüßt diese Einigung und sieht dies als wichtigen ersten Schritt hin zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Wertschöpfungskette. Alle Mitglieder müssen nun bis Ende Januar 2017 eigene Umsetzungsziele, sogenannte Roadmaps, erstellen. Die Roadmaps werden die Bereiche benennen, in denen die Mitglieder ihre Lieferanten schrittweise auf bessere Arbeitsbedingungen verpflichten. Die Roadmaps sind also zentrale Leitfäden, an denen abgelesen werden kann, was und wieviel die Mitglieder, insbesondere Unternehmen, aber auch die öffentliche Hand bei der Beschaffung von Textilien, im Textilbündnis in der kommenden Zeit zu leisten bereit sind. Aus Sicht der Zivilgesellschaft im Textilbündnis sind für wirkungsorientierte und anspruchsvolle Roadmaps die nachfolgenden Aspekte zentral:

1. Eine anspruchsvolle Roadmap muss ein Ziel zur Umsetzung von existenzsichernden Löhnen in der eigenen Wertschöpfungskette enthalten.

2. Die Ziele in diesen anspruchsvollen Roadmaps dürfen sich nicht auf die erste Lieferkettenstufe, die Konfektion, beschränken, sondern müssen auch Maßnahmen in der tieferen Wertschöpfungskette, wie zum Beispiel eine Steigerung in der Beschaffung nachhaltiger Naturfasern, enthalten.

3. Die Veröffentlichung der Roadmaps ist im ersten Jahr freiwillig. Die Zivilgesellschaft erwartet aber, dass ein großer Anteil der Mitglieder ihre Roadmaps bereits im ersten Jahr öffentlich zugänglich machen.

4. Transparenz ist auch über die Roadmaps hinaus ein entscheidendes Kriterium für den künftigen Erfolg des Textilbündnisses. www.saubere-kleidung.de

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06 Deutlicher Anstieg homo- und transphober Straftaten

Berlin. Laut Aussage des Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister des Innern Dr. Ole Schröder wurden bis Ende September 2016 205 politisch motivierte Straftaten mit dem Unterthema sexuelle Orientierung gemeldet. 2015 waren es im vergleichbaren Zeitraum 171 entsprechende Straftaten. Zu diesem Anstieg erklärt Helmut Metzner, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Eine freie Gesellschaft muss allen Menschen garantieren, jederzeit an jedem Ort ohne Angst und Anfeindung verschieden sein zu können. Jede homophobe Straftat ist eine Straftat zu viel. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert ein wirksames Bund-Länder-Programm gegen LSBTI-feindliche Gewalt inklusive umfassender Präventionsmaßnahmen. Ein Bund-Länder-Programm ist notwendig, um endlich ein realitätsgenaues polizeiliches Lagebild über das Ausmaß homo- und transphober Gewalt in Deutschland ermöglichen. Es soll zielgenaue Maßnahmen zur Prävention, Aus- und Fortbildung bei Polizei und Justiz umfassen. Homo- und Transphobie müssen auch in der Hasskriminalitätsgesetzgebung ausdrücklich benannt werden. Bislang wird dieses Motiv dort tabuisiert. Das behindert eine angemessene Sensibilisierung bei Polizei und Justiz. Die statistische Erfassung und das öffentliche Monitoring von Hasskriminalität gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche (LSBTI) Menschen muss endlich auf eine solide und diskriminierungsfreie Basis gestellt werden, da die bisherige Erfassung beim Kriminalpolizeilichen Meldedienst-Politisch Motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) ganz offensichtlich nur einen Bruchteil der einschlägigen Hasskriminalität berücksichtigt. Eine konsequente Bekämpfung von Gewalt darf sich zudem nicht in Strafverfolgung erschöpfen, sondern erfordert Präventionsmaßnahmen. Der von der Bundesregierung versprochene Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie muss endlich kommen. Das Bund-Länder-Programm mit einem konsequenten Vorgehen gegen homo- und transphobe Hassgewalt muss darin einen Schwerpunkt bilden. www.lsvd.de

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07 OSZE: Statt Frieden und Sicherheit – Krieg und Destabilisierung in Kurdistan und anderswo

Hamburg. Das Leitmotiv, unter dem Deutschland den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) für das Jahr 2016 übernommen hatte, hieß: „Dialog erneuern, Vertrauen neu aufbauen, Sicherheit wieder herstellen.“ Der amtierende OSZE-Vorsitzende, Außenminister F.W. Steinmeier, hat gerade die Türkei besucht und dort lediglich Sorge über die Verhaftungen führender kurdischer Politiker_innen und Menschenrechtsverletzungen zum Ausdruck gebracht. Konkrete Schritte wurden und werden nicht unternommen. Den Krieg gegen die kurdische Zivilbevölkerung, Kriegsverbrechen und das Ausmaß der Zerstörungen in vielen Städten machte er weder dort noch in der OSZE zum Thema. Ist er auf diese Weise der übernommenen Verantwortung gerecht geworden, sich für Frieden und Sicherheit einzusetzen? Deswegen demonstrieren wir gegen dieses Treffen von Außenminister_innen, die Kriegstreiber sind. Denn der Frieden, den sie meinen, ist nicht der Frieden, den wir wollen. Unter dem OSZE-Vorsitz Deutschlands ist die Welt nicht sicherer geworden, im Gegenteil, 5 der 7,3 Mrd. Menschen leben in Staaten, in denen es bewaffnete Konflikte gibt, Tendenz steigend. Zudem handelt die OSZE ihrem Ziel zuwider in vielen Konflikten nicht unparteiisch. In der Türkei wird sie überhaupt nicht tätig. In der Ukraine kritisieren Akteur_innen die einseitige Parteinahme von OSZE-Beobachter_innen für die Kiewer Regierung, an der auch Faschist_innen beteiligt sind. Zudem soll die Bereitschaft für polizeiliche und militärische Aufrüstung und Kriegsteilnahme auch hier in der Bevölkerung gesteigert werden. Das ist in der medialen Vorbereitung der Treffen der Staatsvertreter_innen von OSZE und G20 in Hamburg zu erkennen. Mit den Berichten über Spezialkräfte der Polizei, neue Panzerfahrzeuge, Sturmgewehre und neue Gefängnisse soll eine verunsichernde Atmosphäre der Angst erzeugt werden. Diese Angst soll die Menschen davon abhalten, sich gemeinsam für eine Welt ohne Zerstörung und Unterdrückung einzusetzen und dafür auch auf die Straße zu gehen. https://www.g20hamburg.org/de

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08 Anwaltlicher Notdienst zum OSZE-Gipfel in Hamburg eingerichtet

Hamburg. Mit großer Besorgnis verfolgen wir Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte des Anwaltlichen Notdienstes des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) die Berichterstattung im Vorfeld des im Dezember stattfinden OSZE-Gipfels in Hamburg. Über 10 000 Polizeibeamte sollen für die Sicherheit der Teilnehmenden sorgen, es wird u.a. zu zahlreichen Absperrungen von Straßen in der Innenstadt sowie im Umfeld des Tagungsortes kommen. Weiterhin wird selbst der Gerichtsbetrieb im Straf- und Ziviljustizgebäude des Amtsgerichts Hamburg eingeschränkt werden. Polizeiliche Einsätze zur Sicherung von (Groß-)Ereignissen haben sich immer am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren, sie sind ihrem Charakter nach deeskalierend durchzuführen. Insbesondere haben sie sich an einer belastbaren und nachvollziehbaren polizeilichen Gefahrenprognose zu orientieren, um so viel Sicherheit wie nötig und so wenige Einschränkungen wie möglich zu erreichen. Da nun aber in den bisherigen öffentlichen Verlautbarungen von einer vergleichsweise entspannten Sicherheitslage für die OSZE-Tagung gesprochen wurde, bleiben die Verantwortlichen der Polizei und in der Politik jede Erklärung für die Dimensionen des anstehenden Polizeieinsatzes während des OSZE-Gipfels schuldig. Auch der Hinweis, (es) handele es sich um eine „Generalprobe“ für den G20-Gipfel im Juli nächsten Jahres, halten wir für eine alarmierende, weil freiheitsgefährdende Begründung. www.rote-hilfe.de

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Zusammengestellt von Thorsten Jannoff, Gelsenkirchen

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