Quelle: Politische Berichte Nr. 2/2017 - Zur Gesamtausgabe als:PDFNur-TXT

s02 Brexit nun beschlossene Sache

www.kas.de. Am 24. Januar hatte der Oberste Britische Gerichtshof (Supreme Court) die Regierung May gezwungen, dem Unterhaus ein Brexit-Gesetz vorzulegen. Gleichzeitig war in dem Urteil festgestellt worden, dass die Regionalparlamente von Schottland, Wales und Nordirland nicht zu beteiligen seien. Versuche, den Abstimmungstext um inhaltliche Bindungen – vornehmlich ging es um das Verhandlungsziel der Gewährleistung von Aufenthaltsrechten – zu erweitern, blieben erfolglos, am 1. Februar wurde das Gesetz mit 498 zu 114 Stimmen verabschiedet. Woher kamen die Stimmen der Opposition?

„47 Labour-Abgeordnete widersetzten sich der offiziellen Parteilinie und stimmten zusammen mit 50 SNP (Schottische Nationalpartei, PB) , einem Tory, sieben LibDem und neun übrigen Abgeordneten gegen das Gesetz.

Von diesen 114 Abgeordneten vertraten 105 Wahlkreise, in denen beim Referendum vom 23. Juni 2016 die Remain-Seite vorne gelegen hatte, was auch in der Argumentation insbesondere der Labour-Abgeordneten das entscheidende Argument war.“ Man müsse sich „mit dem Gedanken vertraut machen, dass der Austritt der Briten wie von der Regierung angekündigt umfassend (Austritt aus EU, Gemeinsamem Markt und Zollunion) sowie ggf. auch ohne Übergangsregelung oder – aus Zeitmangel – neu verhandeltem EU-UK-Freihandelsabkommen vollzogen wird.“ *

Wie ist es möglich, dass die Mehrheitsbildung im Parlament, das gegen den EU-Austritt eingestellt war, im Ergebnis die Stimmenverhältnisse weit übertrumpft hat? Dies geschah, um die Regierung in den anstehenden Verhandlungen zu stärken. Ob dieser Effekt eintritt, ist fraglich.

Das schottische Nationalparlament hat mit einer Mehrheit von 90 zu 34 Stimmen trotzig seine Ablehnung gegen das Gesetz zum Ausdruck gebracht, und in den Staaten der EU werden Stimmen lauter, die harte Verhandlungen fordern.

Eine Normenverschiebung droht. Seit dem Untergang des Nazi-Regimes hat sich in Europa die Idee gefestigt, dass zwischenstaatliche Beziehungen als Suche nach gegenseitigen Vorteilen gestaltet werden können. – Bei den Brexit-Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union wird sich zeigen, ob diese Norm der durch den Austritt gegebenen Belastung standhält oder ob es zu einer wilden Konkurrenz kommt.

Wo bleibt ein Antrag der Europäischen Linken, der ausführt, auf welche Weise man den berechtigten Anliegen der britischen Seite bei den nun zu führenden Verhandlungen entgegenkommen könnte? Martin Fochler

*www.kas.de/grossbritannien/de/publications/47818/ (Länderbericht, H-H. Blomeier)

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