Quelle: Politische Berichte Nr. 2/2017 - Zur Gesamtausgabe als:PDFNur-TXT

s08 Auslandsnachrichten

01 Österreich: Überlastung der BriefträgerInnen

02 Schweiz: Teilerfolg für die Generali-Angestellten

03 Belgien: wegen Hotelrenovierung 200 Beschäftigte arbeitslos

04 Großbritannien: Sieg bei Harrods!

05 Ukraine: Transportarbeiter kämpfen gegen Union Busting

06 Türkei: Sieg für Metallarbeiter

07 Ägypten: Unabhängige Iffco-Gewerkschaft unter Beschuss

08 Treffen US-amerikanischer und deutscher Fastfood-Mitarbeiter

09 Honduras: Frischfruchtgigant tritt Rechte mit Füßen

Nach oben

01 Österreich: Überlastung der BriefträgerInnen

Bereits im Vorjahr hat GPF-Vorsitzender Helmut Köstinger (Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten) beim Postvorstand mehrmals zusätzliche Personalaufnahmen eingefordert, um die Belastung für die BriefträgerInnen zu verringern. „Was unseren Zustellerinnen und Zustellern zugemutet wird, ist schlichtweg inakzeptabel“, so Köstinger. „Die Gewichtsbelastung ist in den letzten Jahren enorm gestiegen, dazu kommt die zusätzliche Belastung durch fehlendes Personal. So kann es nicht weitergehen.“ Quelle: www.oegb.at, 9.2.2017

Nach oben

02 Schweiz: Teilerfolg für die Generali-Angestellten

Am Dienstagvormittag hat der Versicherungskonzern Generali, in 68 Ländern der Welt aktiv und auf Platz 48 der Liste der größten Unternehmen der Welt, seine Angestellten in Nyon (Kanton Waadt) über eine Einschränkung seines geplanten Stellenabbaus informiert. Statt wie angekündigt 108 Arbeitsplätze nach Adliswil (Kanton Zürich) zu verlagern, werden 48 Stellen in Nyon bleiben. Für die Angestellten, die unterstützt von der Unia für den Erhalt der Arbeitsplätze kämpften, ist dies ein Teilerfolg. Nachdem Generali Ende November den Stellenabbau in Nyon bekannt gegeben hatte, beauftragte die Belegschaft die Gewerkschaft Unia damit, ihre Interessen zu vertreten. Die Unia unterstützte das Personal bei der Wahl einer Verhandlungsdelegation und der Erarbeitung der Alternativvorschläge und Betriebsanalysen. Um seine Rechte durchzusetzen und Generali zu echten Verhandlungen zu zwingen, trat das Personal während zwei Halbtagen in den Ausstand – ein bisher einmaliger Vorgang im Schweizer Versicherungswesen. Quelle: http://www.unia.ch, 31.1.2017

Nach oben

03 Belgien: wegen Hotelrenovierung 200 Beschäftigte arbeitslos

200 Arbeiter im Sheraton Brussels Hotel in Belgien zahlen den Preis eines Konflikts zwischen dem Besitzer, der in Großbritannien ansässigen Immobiliengruppe International Real Estate Ltd, und Starwood, die vor kurzem von Marriott gekauft wurden. Der Hotelbesitzer und Starwood, der das Haus verwaltet, konnten sich nicht einigen, wer für Renovierung und Asbestentfernung bezahlen sollte. Das Hotel wurde in den frühen 1970er Jahren erbaut, seine Renovierung würde rund 50 Millionen Euro kosten. Neuverhandlungen über einen Management-Vertrag zwischen Starwood und dem Besitzer kam nicht zustande. Daraufhin verließ das Hotel-Management das Hotel. Nach ein paar Tagen unter Selbstverwaltung wurde am 12. Dezember das Sheraton Brüssel offiziell für insolvent erklärt und 200 Arbeiter fanden sich arbeitslos. Wenn die Renovierung nach der Insolvenz länger dauert als der gesetzliche sechsmonatige Arbeitsschutz, muss das Hotel keine Mitarbeiter neu einstellen und kann neue Mitarbeiter mit niedrigeren Bedingungen beschäftigen. Die IUF unterstützt ihre belgischen Mitgliedsorganisationen beim Druck auf den Brüsseler Sheraton-Eigentümer, die eine Wiedereingliederung der Arbeitnehmer zu ihren ursprünglichen Beschäftigungsbedingen bei Wiedereröffnung des Hotels fordern.Quelle: http://www.iuf.org, 20.1.2017

Nach oben

04 Großbritannien: Sieg bei Harrods!

Systematisch betrog die Geschäftsleitung des Londoner Luxuskaufhauses ihre Restaurant-MitarbeiterInnen um die Trinkgelder. 483 Beschäftigte im Gastronomiebereich zählt das Unternehmen in der Londoner Innenstadt. Viele davon erhalten nur den gesetzlichen Mindestlohn und sind auf Trinkgelder („tips“) angewiesen. Nachdem die Köche und Kellner von Harrods dem UVW (United Voice of the World) beigetreten waren, wurden sofort Forderungen auf Anspruch von 100% der Servicegebühren für das Personal erhoben. Harrods hatte zuvor bis zu 75% einbehalten. Dies entspricht etwa 5000 Pfund (5800 Euro) pro Arbeiter pro Jahr. In der UVW Unions sind hauptsächlich prekär Beschäftigte und schlecht bezahlte Migranten aus dem Dienstleistungssektor organisiert. Köche und Kellner organisierten mit Unterstützung der UVW den Streik und mobilisierten Hunderte von Menschen für eine massive Demonstration, die die Schließung von Knightsbridge (einer der teuersten Einkaufsstraßen in London) und Teilen von Harrods bedeutete. Nach Ankündigung von regelmäßigen und noch größeren Demonstrationen gab Harrods schließlich am 20. Januar nach und stimmte in Verhandlungen zu, die Trinkgelder in Zukunft zu 100% an die Beschäftigten auszuzahlen. Der Erfolg der UVW Union hat Strahlkraft für die ganze Branche und ermutigt prekär Beschäftigte in der Gastronomie zur Nachahmung. Quelle: www.uvwunion.org.uk, 20.1.2017

Nach oben

05 Ukraine: Transportarbeiter kämpfen gegen Union Busting

Im April 2016 haben Beschäftigte des staatlichen Verkehrsunternehmens Kyivpastrans in Kiew eine unabhängige Gewerkschaft (VPZU, Freie Gewerkschaft der Eisenbahner der Ukraine) gegründet, um gegen Verstöße gegen Arbeitssicherheitsregeln im O-Bus-Betriebshof Kureniwske vorzugehen. Die Verwaltung reagierte, indem sie sich verweigerte, die Gewerkschaft anzuerkennen; es kam zu Druckausübung, Bedrohungen und Einschüchterung der Mitglieder der Gewerkschaft. Gewerkschaftsmitglieder wurden erpresst, ihre Gehaltszulagen wurden ihnen vorenthalten, sie wurden vom Dienst suspendiert, aus ihren Wohnungen, die im Firmenbesitz sind, geräumt, und sie wurden tätlich angegriffen. In einem öffentlichen Brief – initiiert von Labourstart – wird der Bürgermeister von Kiew, Witalij Klitschko, aufgefordert einzuschreiten, um diesen Angriff auf die Rechte der ArbeiterInnen zu beenden. In dem Brief heißt es weiter: „Der Angriff stellt nicht nur einen Verstoß gegen ILO-Konventionen und die Bedingungen des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Ukraine dar, sondern versetzt auch dem Image der Ukraine in der Welt einen Schlag.“ Quelle: www.labourstartcampaigns.net, https://ukrainesolidaritycampaign.org, 10.2.2017

Nach oben

06 Türkei: Sieg für Metallarbeiter

Etwa 2200 Beschäftigte an drei Unternehmensstandorten und in 13 Werken in der Türkei begannen am Freitag, dem 20. Januar, Streikaktionen, nachdem die Tarifverhandlungen mit den wichtigsten Multis von elektrischen Geräten, Schneider, General Electric und ABB zusammengebrochen waren. Obwohl die türkische Regierung schnell einen Beschluss verabschiedete, der den Streik aufschob und verbot, setzten die Metallarbeiter die Arbeitskämpfe fort. Ein Durchbruch kam nach der Vermittlung von Gesprächen vom Ministerium für Arbeit am 23. Januar zwischen Gewerkschaftsvertretern und dem Management in der Hauptstadt Ankara. Es wurde eine Vereinbarung erzielt, die die Löhne, Sozialleistungen und Überstunden für Arbeitnehmer erhöht und weitere Vorteile bietet. Birleşik Metal İş Generalsekretär Özkan Atar sagte: „Seit vielen Jahren sind die Arbeiter in der Türkei nicht in der Lage, ihr Streikrecht auszuüben, weil die Regierung fast alle Streiks verboten hat, mit der Behauptung, dass sie eine Bedrohung für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit darstellen. Die großen Elektrogeräte-Unternehmen drohten, sie für illegale Streiks zu entlassen, aber unsere Mitglieder haben sich nicht den Drohungen unterworfen und sie haben neue Maßstäbe für die Arbeiter gesetzt. Sie haben das Recht zurückgewonnen, für die gesamte Arbeiterklasse in der Türkei zu kämpfen.“ Die Vereinbarung, die zwischen Birleşik Metal İş und EMIS (Electromechanical Employers ‚Association) unterzeichnet wurde, umfasst:

Eine Zunahme von 1,2 türkischen Lira (0,30 €) + 7 Prozent des Stundenlohns für die ersten sechs Monate des Abkommens. Im Durchschnitt bedeutet dies eine Steigerung um 18,5 Prozent. In den folgenden 12 Monaten wird es eine Erhöhung um die Inflationsrate plus 1 Prozent geben. Die Laufzeit der Vereinbarung beträgt zwei Jahre und nicht drei Jahre, wie die Arbeitgeber verlangt haben. Erhöhung der Sozialleistungen um 27 Prozent. Im Laufe der Zeit werden 200 Prozent an religiösen Feiertagen gezahlt. Bezahlter Urlaub am Internationalen Tag für behinderte Menschen. Private Krankenversicherung für alle Arbeitnehmer bei ABB. Quelle: us5.campaign-archive2.com, 24.1.2017

Nach oben

07 Ägypten: Unabhängige Iffco-Gewerkschaft unter Beschuss

Die Arbeiter/innen in der Iffco-Speiseölfabrik im ägyptischen Suez kämpfen um ihre unabhängige Gewerkschaft. Als die Arbeiter anlässlich eines Konflikts rund um ihre Löhne im Dezember 2016 streikten, zeigte das Unternehmen 15 Arbeiter, unter ihnen 9 Gewerkschaftsmitglieder, bei der Polizei an. Am 29. Dezember führte die Polizei in den Wohnungen des Gewerkschaftsvorsitzenden und Generalsekretärs sowie bei vier anderen Arbeitern Razzien durch. Am 3. Januar stürmte die Polizei die Fabrik und verhaftete 13 streikende Arbeiter. 27 Iffco-Beschäftigten sowie Anführern und Mitgliedern der Iffco Egypt Labour Union drohen nun drakonische Geld- und Haftstrafen, sollten sie am 29. Januar wegen des „Verbrechens“, zum Schutz ihrer Löhne gestreikt zu haben, verurteilt werden. Den Arbeitern ist es untersagt, den Betrieb zu betreten. Der Angriff auf die Iffco-Gewerkschaft folgt auf massive Repressionen gegen die Busfahrer in Kairo und die Werftarbeiter in Alexandria. Der staatlich kontrollierte Gewerkschaftsverband Ägyptens (ETUF) ist ein fester Bestandteil dieser Unterdrückungsmaschinerie. Der ETUF hat die unabhängige Gewerkschaft diffamiert und das Iffco-Management aufgerufen, sie nicht anzuerkennen. Das Unternehmen stützte sich darauf, um den Abzug der Mitgliedsbeiträge der Arbeiter zu unterbinden und die Kampagne für eine Zerschlagung der Gewerkschaft fortzusetzen. Am 29. Januar wurden 19 Iffco-Arbeiter in einem Suez-Gericht freigesprochen, nachdem ein Strafverfahren erhoben worden war. Quelle: www.iuf.org, 19.1. und 2.2.2017

Nach oben

08 Treffen US-amerikanischer und deutscher Fastfood-Mitarbeiter

Eine Delegation von amerikanischen McDonald’s-Mitarbeitern reiste am 13.1.2017 nach Deutschland, um auf die Arbeitsbedingungen im Fast-Food-Sektor und anderen Dienstleistungsbranchen weltweit aufmerksam zu machen. Auch in Großbritannien, Dänemark, Frankreich und den Niederlanden fanden Treffen zwischen politischen Entscheidungsträgern, Vertretern der Service Employees International Union (SEIU) und der Bewegung „Fight for $ 15“ statt, um sich zu diesen Themen auszutauschen. In Berlin trafen sich amerikanische Mitarbeiter von Fast-Food-Restaurants und die deutsche Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit Beschäftigten aus der Fastfoodbranche und Abgeordneten, um die rechtliche Situation von Arbeitnehmern in den USA und Deutschland zu vergleichen. NGG hat einen Tarifvertrag mit dem Bundesverband der Systemgastronomie BDS in Deutschland abgeschlossen – eine große Errungenschaft für Deutschlands Fast-Food-Beschäftigte. Ziel der Treffen war es zu verdeutlichen, dass große Fast-Food-Ketten gegenüber den Verbrauchern, aber eben auch gegenüber ihren Mitarbeitern und den Steuerzahlern, Verantwortung tragen. Mitarbeiter auf beiden Seiten des Atlantiks haben sich daher zusammengeschlossen, um ihr Recht zu verteidigen. „Auch Mitarbeiter von Fast-Food-Unternehmen haben das Recht auf eine faire Vergütung, einen Arbeitsplatz frei von Diskriminierung und die Möglichkeit, sich ungehindert gewerkschaftlich zu organisieren, egal ob in den USA, Europa oder irgendwo anders auf der Welt“, so Guillermo Lindsay, Führer der „Fight for $ 15“ und McDonald’s Mitarbeiter aus Minneapolis (USA). „Es ist inspirierend von Fastfood-Beschäftigten hier in Deutschland unterstützt zu werden. Gemeinsam können wir es schaffen.“ Burkhard Siebert, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft NGG sagte: „Durch unseren Tarifvertrag mit dem BdS konnte NGG mehr Sicherheit und bessere Löhne für die Fast-Food-Mitarbeiter in Deutschland erzielen. Wir sind stolz, amerikanische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ihren Bemühungen für mehr Lohn und Gewerkschaftsrechte zu unterstützen.“ Erst kürzlich sind die Regierungen in den USA und Brasilien – und zuletzt auch in Europa – gegen niedrige Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen und aggressive Steuervermeidungspraktiken des Unternehmens vorgegangen. Seit einigen Wochen ermittelt außerdem die EU-Kommission gegen McDonald’s. Demnach hat die luxemburgische Tochtergesellschaft McDonald’s Europe Franchising seit 2009 praktisch keine Unternehmenssteuer, weder in Luxemburg noch in den USA, gezahlt. Quelle: www.ngg.net, PM SEIU vom 13.1.2017

Nach oben

09 Honduras: Frischfruchtgigant tritt Rechte mit Füßen

Der Fruchtgigant Fyffes ist der führende Bananenimporteur in Europa und gehört zu den größten globalen Vermarktern von Ananas und Wintermelonen. Beschäftigte von Tochtergesellschaften von Fyffes – Anexco in Costa Rica (Ananas) und Suragroh in Honduras (Melonen) – berichten von schweren und systematischen Verletzungen grundlegender Arbeitnehmerrechte, darunter Missachtung der Vereinigungsfreiheit mit Bedrohung, Schikanen und Entlassung von Gewerkschaftsmitgliedern, Blockierung von Kollektivverhandlungsprozessen, Nichtzahlung von Mindestlöhnen und Sozialversicherungsbeiträgen, Exposition von Arbeitern und Arbeiterinnen gegenüber gefährlichen Agrochemikalien und Entlassung von schwangeren Arbeiterinnen. In Honduras sind die überwiegend weiblichen Saisonarbeitskräfte besonders anfällig für Rechteverletzungen.

Nach monatelangen vergeblichen Versuchen, Fyffes auf diese Probleme anzusprechen, schloss sich die IUL (Internationale Union der Lebensmittel-, Landwirtschafts-, Hotel-, Restaurant-, Café- und Genußmittelarbeiter-Gewerkschaften) am 23. Januar einer internationalen Solidaritätsmission nach Honduras an, um entlassene Arbeiter/innen zu treffen, und sie hat zusammen mit zivilgesellschaftlichen Organisationen an Fyffes, dessen Übernahme durch den japanischen Mischkonzern Sumitomo kurz bevorsteht, die Aufforderung gerichtet, dafür zu sorgen, dass die Arbeitnehmerrechte in seinen Lieferketten durchweg anerkannt und eingehalten werden. In Honduras, wo gegen Fyffes in der Vergangenheit Geldbußen wegen Missachtung von Zahlungsvorschriften verhängt worden sind, behauptet der Konzern jetzt, dem Gesetz Genüge zu tun. Außerdem hat sich Fyffes Schlupflöcher im honduranischen Recht zunutze gemacht, um die Gewerkschaft deregistrieren zu lassen mit der Begründung, dass ihre gewählten Funktionäre befristet und nicht fest angestellte Kräfte sind – in einem Wirtschaftszweig, der sich auf Massen von Zeitarbeitskräften stützt. Quelle: iuf@iuf.org, 25.1.2017

Zusammenstellung: Edith Bergmann, Hannover

www.linkekritik.de