Quelle: Politische Berichte Nr. 3, März 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT

01 Proteste gegen die Ehrung der lettischen Waffen-SS sollen sich auf europäische Städte ausweiten

S. 17, Nationalismus

01 Proteste gegen die Ehrung der lettischen Waffen-SS sollen sich auf europäische Städte ausweiten

02 Köln: Große Demonstration gegen den AfD-Parteitag

03 Nationale und internationale Kritik an Höckes Dresdner Rede

01 Proteste gegen die Ehrung der lettischen Waffen-SS sollen sich auf europäische Städte ausweiten

Am 16. März 2017, dem „Tag der Legionäre“ werden in der lettischen Hauptstadt Riga – wie jedes Jahr seit 1991 – mit einem Gottesdienst, einem Ehrenmarsch und einer großen Kundgebung am Freiheitsdenkmal die Veteranen der lettischen Einheiten der Waffen-SS geehrt. Man gedenkt aber auch der so genannten faschistischen „Donnerkreuzler“, der lettischen „Heimwehren“ und der berüchtigten „Sicherheitstruppen“ unter der Führung des Polizeichefs von Riga, Victor Arajs, die verantwortlich waren für die Ermordung von 50 000 Juden.

Lettland gehört mit Estland, Litauen, der Ukraine und Bulgarien zu den osteuropäischen Staaten in denen Einheiten der Waffen-SS und andere mit den Nazis kollaborierende antisemitische Todesschwadronen als nationale Idole gefeiert werden. Dies geschieht mit staatlicher Duldung und teilweise offener Unterstützung durch Behörden.

Die sowjetische Republik Lettland kollaborierte 1941 im Zuge der deutschen Besatzung mit den Deutschen gegen Sowjetrussland. Die Regierung bildete auch lettische SS-Einheiten, die aber Teil der deutschen Waffen-SS waren.

Der mit bis zu 2000 Teilnehmenden jährliche Aufmarsch geschieht mit teilweise offener Unterstützung durch Behörden. Der Rigaer „Ehrenmarsch“ ist eine unerhörte Provokation für die Angehörigen der Opfer, vor allem für jüdische und russischsprachige Minderheiten im Land, gegenüber der Russischen Föderation und damit eine Gefahr für den Frieden in Europa.

Auch rechtsextreme Organisationen, wie die Partei „Die Rechte“ im Jahr 2014, reisen zu dieser großen Kundgebung zwecks Freundschaftsbezeugung nach Riga.

Schon 2014 hatte eine Delegation der VVN-BdA und der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) mit Lettischen Antifaschistischen Organisationen sowie eine Vertretung des Simon-Wiesenthal-Centers in Jerusalem gegen den Aufmarsch am „Tag der Legionäre“ protestiert. Die aus Deutschland, Ungarn und Israel zu der antifaschistischen Kundgebung Angereisten wurden misstrauisch überwacht. 2016 wurden fünf Mitglieder der Delegation der VVN-BdA von der lettischen Grenzpolizei aufgefordert, das Land zu verlassen und, als dies nicht freiwillig geschah, per Bus „aufgrund eines Beschlusses der verantwortlichen Sicherheitsbehörden“ zurück geschickt.

Einige Antifaschisten aus Deutschland erreichten jedoch Riga und nahmen an der kleinen Gegendemonstration, bei der u.a. Namen von ermordeten Jüdinnen und Juden verlesen wurden, teil.

Auch dieses Jahr rufen VVN-BdA und die Mitgliedsverbände der FIR auf, nach Riga zu reisen und am 16. März an der antifaschistischen Kundgebung teilzunehmen. Gleichzeitig soll der Protest sich nun ausweiten: Am 15. März soll in Rom, Brüssel, Budapest und Athen vor lettischen Botschaften und Konsulaten gegen die Verherrlichung von NS-Kollaborateuren und Massenmördern protestiert und Freiheit für Lettlands Antifaschistischen gefordert werden.

Aufrufe zu Mahnwachen vor der lettischen Botschaft und den Honorarkonsulaten gibt es in Berlin, Bremen, Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf. Rosemarie Steffens, Langen (Hessen)

Quellen: Thomas Willms, Keine Ehrung der lettischen Waffen-SS/Internationale Protestkundgebungen, 17.02.17 (www.VVN-BdA.de) und M. Tervooren, SS-Gedenken in Riga (antifa Mai/Juni 2016, S. 9).

Abb: Berlin, 15.3.2016, vor der Botschaft Lettlands, Cornelia Kerth am Mikrofon bei der antifaschistischen Kungebung. Siehe PDF

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02 Köln: Große Demonstration gegen den AfD-Parteitag

Am 22./23. April findet der Bundesparteitag der AfD im Kölner Maritim Hotel statt. Während der gesamten Karnevalszeit war das Thema in der Stadtgesellschaft. Die Buchung der AfD wurde von der Maritim-Konzernleitung erst verteidigt. Nachdem die AfD ein Ausschlussverfahren gegen Höcke einleitete, wurde dieser vom Maritim zur unerwünschten Person erklärt. Nachdem die Antifa-Gruppen der Hotelleitung nachwiesen, dass sie in den letzten Jahren mehrfach an die AfD vermietet hatte, erklärte sie, dass in Zukunft nicht mehr an die AfD vermietet werde. – Das große Bündnis „Köln stellt sich quer“ bereitet mit vielen örtlichen Kräften eine große Gegendemonstration ab 12 Uhr auf dem Heumarkt vor. Dabei auch Arsch huh, der CSD und das Festkomitee Kölner Karneval. Motto der Musikdemo „Tanz die AfD! Gemeinsam für Weltoffenheit, Toleranz und Solidarität“. Vermutlich werden 30 000 Teilnehmer kommen. – Das Bündnis Köln gegen Rechts mobilisiert dagegen bundesweit und will blockieren.

– Jörg Detjen, Köln

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03 Nationale und internationale Kritik an Höckes Dresdner Rede

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster: „Das Berliner Holocaust-Denkmal als ‚Denkmal der Schande‘ zu bezeichnen, ist völlig inakzeptabel“. Damit trete der Thüringer AfD-Vorsitzende das Andenken an die sechs Millionen ermordeten Juden mit Füßen und relativiere das schwerste und in diesem Ausmaß einzigartige Menschheitsverbrechen der Geschichte. – Der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, forderte von Höcke eine Entschuldigung. Es sei eine Schande, „dass unter uns Menschen sind, die falsche Konsequenzen aus der deutschen Geschichte ziehen wollen“. – Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland: Das Erinnern an den Holocaust sei „wesentlich für das europäische Einvernehmen, dass dies nie wieder geschehen darf“, sagte der Norweger. Unsere gemeinsame Erinnerungskultur in Frage zu stellen, sei „skandalös und gefährlich“. – Die katholische Deutsche Bischofskonferenz, Bischof Ulrich Neymeyr: „Das Holocaust-Denkmal ist, christlich gesprochen, ein Mahnmal der Umkehr.“ Die Erinnerung an die Shoah und die historische Auseinandersetzung mit ihren Ursachen und Folgen gehörten „unverzichtbar zur politischen Kultur Deutschlands“.

Quelle: www.mdr.de. – Rosemarie Steffens, Langen (Hessen)

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