Quelle: Politische Berichte Nr. 5, Mai 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT H O M E

Bundeswehr: Armee im Einsatz

Nachdem die Verteidigungsministerin die Kommandeure der Bundeswehr nach Berlin einbestellt hatte, ordnete der Generalinspekteur an, sämtliche Unterkünfte nach Wehrmacht- und Nazi-Kultgegenständen zu durchsuchen. Die Bundeswehr muss dazu das Halbdunkel ihrer Kasernenwelt, in dem sich durchgreifende Kontrolle und gezieltes Wegsehen überkreuzen, ausleuchten. Gestern war es noch kunstvolle Menschenführung, auch einmal wegzusehen, heute sieht das stark nach Vernachlässigung von Vorgesetztenpflichten aus. Die Verteidigungsministerin hat sich den Konflikt nicht ausgesucht. Oberleutnant Franco A. hat Todeslisten zusammengestellt, Munition, die Rede ist von 1000 Schuss, entwendet und auch Granatzünder auf die Seite gebracht. Dies geschah im Geheimen, war wohl kaum ohne Mitwisser. Seine völkische, rassistische Gesinnung hat A. nicht verhehlt, nicht in dienstlich angefertigten Schriften und nicht in seinem Kasernenleben, wo sich an Waffen und Wänden Nazi-Gekritzel und Kultgegenstände zur Ehrung von Hitlers Wehrmacht vorfanden; Zeichen eines Milieus der Verherrlichung von Gewalt. Nun gehört es zum Beruf des Soldaten, auf Befehl „der Politik“ Gewalt zu üben. In dieser Formel ist die Stelle des legitimen Befehlsgebers variabel. A. hat sich durch politische Stimmungen und Strömungen ermächtigt und durch Traditionen bestärkt gefühlt. Die Ächtung jener Traditionen durch den aktuellen Befehlshaber wird nicht ausreichen. Im geltenden Eid wird den Soldatinnen und Soldaten „das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes“ als legitimierender Einsatzgrund genannt. Schon ein kleiner Einschub wie „die Menschenrechte zu wahren“ würde vieles ändern, freilich auch die Verfügbarkeit der Armee im Interventionskrieg. Martin Fochler