Quelle: Politische Berichte Nr. 6-7, Juni/Juli 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT ⯈ H O M E

IS geschlagen?

In diesen Tagen bricht die territoriale Herrschaft des IS zusammen. Das Kalifat bildete sich aus der Trümmerlandschaft, die nach der Intervention der Westmächte in den Irak verblieben war. Armeeteile konnten auf Waffenlager zugreifen, sich mit Teilen der Ölwirtschaft verbinden, deren Anlagen absichern, Außenwirtschaftsbeziehungen herstellen und das Geld einnehmen, das braucht, wer Söldner anwirbt. Das Regime beanspruchte Herrschaft über das religiöse Leben, anders als die islamische Tradition gebietet, nicht zur Duldung, sondern zur Ausrottung von Minderheiten aller Art. Der IS sicherte sein Ölgeschäft durch Vernichtungskrieg. Die Selbstverteidigungskräfte, die in der Region entstanden, bedurften der Lieferung von modernen, vor allem panzerbrechenden Waffen, und sie bedurften der Unterstützung aus der Luft, die auf mittlere Frist das Ölgeschäft des IS unmöglich machte. Das Ende der Regimefinanzierung durch Ölverkauf löste Absetzbewegungen aus. Wo es vormals um Zehntausende ging, werden die IS-Banden jetzt nur noch nach Hunderten gezählt. Menschen, verzweifelt und an das Begehen von Grausamkeiten gewöhnt, bleiben übrig und bringen sich und andere in strategisch sinnlosen Aktionen um. In verschiedenen Weltgegenden gibt es Versuche, das Modell der ausbeuterischen Besatzung zu implementieren, nahe liegt Libyen. Ein wirksames Gegenmittel wäre eine internationale Konvention, die den Handel mit solchen Regimes bzw. auf solche Weise geraubten Gütern verbietet. Hat die politische Welt die Möglichkeit, solche Normen gegenüber großen Geschäftsinteressen durchzusetzen? Die Verbrecher selbst können getroffen werden, wenn man es ihnen unmöglich macht, die Beute in legales Vermögen zu verwandeln. Ihre legalen Geschäftspartner, deren Nachfrage das Geschäftsmodell des ausbeutenden Terrorismus trägt, sind schwerer zu fassen, die Ächtung derartiger Geschäftsbeziehungen ist begonnen – Stichwort „Blutdiamanten“ – aber erst punktuell. Martin Fochler, München.

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