Quelle: Politische Berichte Nr. 8, 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT ⯈ H O M E

Kommunale Politik

In der vorigen Ausgabe haben wir zum Thema Siedlungsentwicklung aus der Perspektive der Bürgerbeteiligung dokumentiert. Diesmal wählen wir die Sicht der beteiligten Verwaltungsebenen in Gemeinden und der Landes- und Bundespolitik. Der zuständige Bauminister aus Sachsen-Anhalt sagt: „Stadtentwicklung ist keine Aufgabe, die Verwaltungen allein bewältigen können.“ Diese Ansicht scheint inzwischen durch, auch wenn es in der Praxis noch oft knirscht. Als Problem scheint auf, ob die verschiedenen zuständigen Verwaltungsebenen eher miteinander kooperieren oder aber, vor allem wenn es um die Finanzen geht, sich gegenseitig blockieren. Alfred Küstler

Zusammenspiel von Zivilgesellschaft, Kommunen, Landes- und Bundespolitik bei …

01 Stadtentwicklung, Stadtplanung …

02 „10 Jahre Leipzig-Charta – für eine nachhaltige europäische Stadt“

03 Deutscher Städtetag verabschiedet „Nürnberger Erklärung“:

04 … und Wohnungsbau

05 Bündnis für Wohnen und Bauen muss fortgesetzt werden.

06 Städtetag zur Bilanz Wohnungsbau-Offensive.

07 Landkreistag gegen Änderung des Grundgesetzes für sozialen Wohnungsbau.

08 Berichte aus der Praxis

09 Deutscher Bauherrenpreis 2018

10 Planungspraxis deutscher Städte

11 Beteiligungsverfahren bei umweltrelevanten Vorhaben:

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01 Stadtentwicklung, Stadtplanung …

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02 „10 Jahre Leipzig-Charta – für eine nachhaltige europäische Stadt“ – so der Titel des 11. Bundeskongresses Nationale Stadtentwicklungspolitik, der vom 12. bis 14. Juni 2017 in Hamburg stattfand. Die Leipzig-Charta bildet das zentrale Dokument zur integrierten Stadtentwicklung in Europa. Die Verabschiedung der Charta vor zehn Jahren war gleichzeitig der Start der Initiative für eine Nationale Stadtentwicklungspolitik. Bundesbauministerin Barbara Hendricks eröffnete den Kongress, der gemeinsam vom Bundesbauministerium mit der Bauministerkonferenz der Länder, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund veranstaltet wurde.

Barbara Hendricks, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: „Städte werden voller, bunter, auch älter. Die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger entwickelt sich weiter. Handel, Gewerbe und auch der Lieferverkehr verändern sich. Angesichts dieser Entwicklungen brauchen wir weiterhin eine nachhaltige Stadtentwicklung und eine schlagkräftige Städtebauförderung: In dieser Legislaturperiode hat der Bund dafür 3,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Gemeinsam setzen Bund, Land und Kommunen sich dafür ein, unsere Städte und Gemeinden noch attraktiver zu machen, die Lebensqualität zu erhalten und den sozialen Zusammenhalt in den Quartieren zu sichern. Wir haben daher Anfang des Jahres einen Prozess gestartet, um bis zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 die Leipzig-Charta weiterzuentwickeln.“

Thomas Webel, Minister für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt und Vorsitzender der Bauministerkonferenz: „Wir müssen auch in Zukunft versuchen, funktionierende Kooperationen zwischen Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft zu schaffen, um heutige und künftige Herausforderungen stemmen zu können. Denn Stadtentwicklung ist keine Aufgabe, die Verwaltungen allein bewältigen können. Uns kommt es vor allem darauf an, auch strukturschwache Regionen oder Orte mit in den Blick zu nehmen und die ganze regionale Vielfalt Deutschlands als Stärke zu berücksichtigen.“

Stefan Schostok, Präsidiumsmitglied des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover: „Wir wollen allen Bürgerinnen und Bürgern gute Chancen für eine lebenswerte Zukunft bieten. Der integrierte Ansatz einer nachhaltigen Stadtentwicklung hilft dabei, den Zusammenhalt in unseren Städten zu fördern und Teilhabe zu ermöglichen, um den Menschen eine gemeinsame Heimat zu sein.“

Roland Schäfer, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister der Stadt Bergkamen: „Demographischer Wandel, Zuwanderung, Bereitstellung preisgünstigen Wohnraums, Sicherheit, neue Mobilitäts- und Verkehrskonzepte oder Digitalisierung sind nur einige Themen, für die aus kommunaler Sicht Lösungen gefunden werden müssen. Die Nationale Stadtentwicklungspolitik bietet den geeigneten Rahmen für den Austausch. Wichtig ist, dass sie als eine Gemeinschaftsinitiative von Bund, Ländern und Kommunen verstanden wird. Die Städtebauförderung als wichtiger Baustein der Nationalen Stadtentwicklungspolitik ist zudem ein unverzichtbarer Eckpfeiler der Stadtentwicklung und muss dauerhaft gesichert und gestärkt werden.“

Mehr Informationen zum Kongress und den Zielen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik unter: www.nationale-stadtentwicklungspolitik.de.

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03 Deutscher Städtetag verabschiedet „Nürnberger Erklärung“: Die Städte in Deutschland haben ihren Willen und ihre Bereitschaft betont, sich den aktuellen Herausforderungen von Zu- und Abwanderung, Investitionsbedarfen, Finanzschwäche, Demografie, Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu stellen und geeignete Lösungen zu entwickeln. Sie stehen als Partner von Bund und Ländern bereit, die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu sichern. Partnerschaftliches Miteinander bedeute aber auch, als Partner respektiert und vor schleichender Überlastung geschützt zu werden. Das hat der Deutsche Städtetag zum Abschluss seiner Hauptversammlung in Nürnberg unter dem Motto „Heimat. Zukunft. Stadt“ in einer „Nürnberger Erklärung“ deutlich gemacht.

Die wieder gewählte Präsidentin des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse aus Ludwigshafen, sagte: „Bund und Länder wissen, dass ohne starke Städte kein Staat zu machen ist. Sie müssen den Rahmen schaffen, damit die kommunale Selbstverwaltung kraftvoll und lebendig sein kann. Dazu gehört eine Finanzausstattung, die den breiten kommunalen Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger gerecht wird und auch notwendige Investitionen gewährleistet. Für politische Stabilität im Innern Deutschlands sind zukunftsfähige Städte elementar.“ Lohse bezeichnete kommunale Investitionen als eine Grundlage unseres Wohlstandes. Es sei nicht hinnehmbar, wenn die Städte trotz der sehr guten wirtschaftlichen Lage nicht ausreichend in den Erhalt der Infrastruktur investieren können. Für struktur- und finanzschwache Städte forderte sie gezielte Unterstützung von Bund und Ländern auch beim Abbau von Altschulden.

Der wiedergewählte Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly aus Nürnberg sagte mit Blick auf die Herausforderungen, die sich aus verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit und der Alterung der Gesellschaft ergeben: „Öffentlich geförderte Beschäftigung hilft Menschen, die auch in wirtschaftlich guten Zeiten objektiv keinen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Viele Menschen werden außerdem künftig stärker Unterstützung brauchen, um ihren Alltag auch in zunehmendem Alter zu bewältigen. Auch hierauf muss die Sozialpolitik Antworten geben.“ Eine große Aufgabe wird weiter die Integration der zugewanderten Menschen sein.

Der Oberbürgermeister der Stadt Münster, Markus Lewe, der ab 1. Januar 2018 Präsident des Deutschen Städtetages sein wird, sagte: „Wir müssen jetzt die Weichen stellen für moderne Mobilität und eine umweltverträgliche Fortbewegung. Der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) ist und bleibt der Grundpfeiler einer nachhaltigen Verkehrspolitik. E-Mobilität, Carsharing, autonomes Fahren oder das Fahrrad sind dabei keine Gegenspieler. Sie müssen verknüpft werden, auch das Auto wird weiter eine Rolle spielen. In wachsenden Städten mit begrenztem Platzangebot wie zum Beispiel Münster sind alternative Verkehrsmittel und moderne Verkehrssysteme existentiell.“ http://www.staedtetag.de/presse/mitteilungen/082155/index.html

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04 … und Wohnungsbau

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05 Bündnis für Wohnen und Bauen muss fortgesetzt werden. Im Rahmen eines Spitzengesprächs mit Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks hat das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen am 17.7.2017 seinen Bericht zum Umsetzungsstand der Wohnungsbau-Offensive in Deutschland vorgestellt. Unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände haben die Bündnispartner in den vergangenen zwei Jahren wichtige Impulse gesetzt, damit dringend benötigte Wohnungen – insbesondere im bezahlbaren Segment – errichtet werden können. Im März 2016 hatte das Bundeskabinett die Wohnungsbau-Offensive beschlossen. Diese umfasst ein Zehn-Punkte-Programm. Zu diesem zählen u.a. die verbesserte Bereitstellung von Bauland sowie die verbilligte Abgabe von Grundstücken durch den Bund oder die Stärkung der sozialen Wohnraumförderung. Im Rahmen einer Innovationspartnerschaft entwickelt das Bündnis zudem innovative und wirtschaftliche Ansätze für eine technologieoffene Minderung von Treibhausgasen, damit das gemeinsame Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050 erreicht und gleichzeitig ausreichend und bedarfsgerechter Wohnraum geschaffen werden kann. Der Bund hat zudem die Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau auf mehr als 1,5 Milliarden Euro pro Jahr verdreifacht. Ein weiterer Erfolg der Bündnisarbeit ist die Schaffung der neuen Baugebietskategorie Urbanes Gebiet. Städte und Gemeinden erhalten damit neue Möglichkeiten, um in Stadtlagen Wohnungen im bezahlbaren Segment zu schaffen und gleichzeitig eine Nutzungsmischung von Wohnen und Gewerbe zu realisieren. Eine aktuelle BBSR-Studie zeigt, dass sich in Deutschland zudem bereits etwa 90 lokale Bündnisse zum Wohnen gegründet haben. Die freiwilligen Vereinbarungen von Kommunen, Wohnungswirtschaft, Eigentümern und weiteren Partnern helfen vielerorts, den Wohnungsbau zu stärken Der DStGB spricht sich daher für eine Fortsetzung der Bündnis-Arbeit auch in der neuen Legislaturperiode aus. https://www.dstgb.de

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06 Städtetag zur Bilanz Wohnungsbau-Offensive. Statement von Dr. Ulrich Maly, Vizepräsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg: „Der Deutsche Städtetag begrüßt die durch die Umsetzung der Wohnungsbau-Offensive des Bundes erzielten Fortschritte – die Spirale der steigenden Mieten in den nachgefragten Städten konnte allerdings kurzfristig nicht gestoppt werden. Die Zahlen der Baufertigstellungen und Baugenehmigungen sind zwar im Laufe des vergangenen Jahres deutlich gestiegen: Unter den knapp 280 000 neuen Wohnungen in 2016 waren – auch dank zusätzlicher Bundesmittel – allein rund 25 000 Sozialwohnungen. Diese Zahl reicht aber bei weitem nicht aus. Die Bilanz der Wohnungsbau-Offensive fällt somit gemischt aus: Zahlreiche Prozesse zur Intensivierung des Wohnungsbaus sind angestoßen worden: Neue Ideen zur Bauland-Mobilisierung und Förderung der Innenentwicklung, flexiblere Stellplatzregelungen, serielles Bauen und eine reflektierte Auseinandersetzung mit Standards aus den Bereichen Energie, Umwelt und Technik. Es bleibt aber nach wie vor viel zu tun, um die angespannten Wohnungsmärkte der Ballungsgebiete spürbar zu entlasten: Die verbilligte Abgabe von bundeseigenen Grundstücken an Kommunen für sozialen Wohnungsbau muss praktikabler gestaltet und auch für eine zweckgebundene Weiterveräußerung an private Investoren geöffnet werden. Eine Investitionszulage des Bundes für den Bau preisgünstiger Mietwohnungen, ggfs. ergänzt um eine steuerliche Sonderabschreibung ist geboten, um das mittlere Preissegment wirksamer bedienen zu können.“ http://www.staedtetag.de/presse/statements/082673/index.html

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07 Landkreistag gegen Änderung des Grundgesetzes für sozialen Wohnungsbau. Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Hans-Günter Henneke sagte: „Wir sollten das Rad der Föderalismusreform nicht wieder zurückdrehen, wonach seit 2006 die Länder die alleinige Verantwortung für die soziale Wohnraumförderung tragen. Deren in letzter Zeit intensivierte Anstrengungen beim Wohnungsbau tragen erste Früchte. Das Letzte, was wir daher in einer solchen Situation brauchen, ist ein Hü und Hott bei den dahinterliegenden rechtlichen und politischen Strukturen, schon gar nicht in Gestalt einer Doppelverantwortlichkeit von Ländern und Bund. Sollten die Länder dauerhaft finanziell mit dieser ihrer Aufgabe überfordert sein, sieht das Grundgesetz eine Anpassung der Umsatzsteuerverteilung zwischen Bund und Ländern vor.“ Unbestreitbar ist, dass es in vielen großen Städten, aber auch in wachsenden Landkreisen weiteren Wohnungsbaus bedarf. „Es ist Sache der Länder, an dieser Stelle die Entwicklung zu befördern und ihre Verantwortung kraftvoll auszufüllen. Gleichfalls ist und war es hilfreich, dass der Bund den Ländern über eine Erhöhung der Kompensationsmittel hilft, ihrer Aufgabe der sozialen Wohnraumförderung wirksamer als bisher nachzukommen. Diese Mittel waren und sind aber seit den Absprachen im Rahmen der Föderalismusreform bis 2019 befristet“, verdeutlichte Henneke. Diese klaren Strukturen dürften nun nicht durch ein Zurückdrehen der Verantwortlichkeiten im Sinne einer Zuständigkeit des Bundes für dieses Themenfeld konterkariert werden nur, weil der Bund derzeit hohe Überschüsse erziele und gern über die Hintertür diesen Bereich mitgestalten würde. http://www.landkreistag.de

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08 Berichte aus der Praxis

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09 Deutscher Bauherrenpreis 2018 – Die Nominierten stehen fest: Berlin. Der Deutsche Bauherrenpreis 2018 zeichnet hervorragende Wohnungsbauprojekte aus, die am Spannungsfeld von hoher Qualität und tragbaren Kosten ansetzen und dabei die besondere Rolle des Bauherrn hervorheben. „Die Vorhaben sind hervorragende Beispiele für das breite Spektrum des innovativen Wohnungsbaus in Deutschland, vom Beitrag zur Stadtreparatur über die Erneuerung des Bestandes bis hin zu ganzen neuen Wohnquartieren“, so die Einschätzung des Juryvorsitzenden. Die nominierten Projekte für den Deutschen Bauherrenpreis 2018 können eingesehen werden unter http://www.staedtetag.de/presse/mitteilungen/082765/index.html

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10 Planungspraxis deutscher Städte – Neue Materialien zur Planungskultur: Broschüre mit Dokumentation von 55 Projekten aus 34 Städten. Innovative Zielsetzungen und Vorgehensweisen in der Stadtentwicklung, der Stadtplanung und in Fachplanungen setzen sich durch, wenn Kommunalpolitik und ihre Verwaltung unter günstigen Bedingungen Mut und Tatkraft zum eigenen Experiment aufbringen. Die Publikation „Planungspraxis deutscher Städte – Neue Materialien zur Planungskultur“ dokumentiert solche Projekte, welche jenseits des Alltagsgeschäfts verwirklicht wurden. Als Pdf-Datei zum Download unter: http://www.staedtetag.de/publikationen/materialien/077620/index.html

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11 Beteiligungsverfahren bei umweltrelevanten Vorhaben: Das Difu analysierte im Auftrag des Umweltbundesamtes die Beteiligung der Öffentlichkeit in 20 Verfahren zur Planung und Zulassung umweltrelevanter Vorhaben. Dabei hat es untersucht, wie informelle und formelle Beteiligung verzahnt wurden, welches Rollenverständnis die unterschiedlichen Akteure hatten und welche Ansätze zu einer inklusiven Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und (Umwelt-)verbänden genutzt wurden. https://difu.de/publikationen/2017/beteiligungsverfahren-bei-umweltrelevanten-vorhaben.html

Zusammenstellung: Ulli Jäckel