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Quelle: Politische Berichte Nr. 9, 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT ⯈ H O M E

Gewerkschaft-Wirtschaft-Diesel

01 IG Metall zum Diesel-Gipfel

02 Diesel Technologie

03 Blick in die Presse

03a Der Diesel-Gipfel kann nur der Anfang sein.

03b Kfz-Gewerbe fordert Hardware-Nachrüstung für ältere Diesel.

03c Kfz-Unternehmer beim Thema E-Mobilität gespalten.

01 IG Metall zum Diesel-Gipfel

„Wichtiger Meilenstein zur Entlastung bei Stickoxiden von Industrie zugesagt, Verbindlichkeit in der Umsetzung steht noch aus“

Berlin – „Wirksame Regelungen zur Reduzierung der Stickoxid-Belastung in Ballungszentren, verbindliche Maßstäbe zur Nachbesserung von Diesel-Fahrzeugen sowie für einen gemeinsamen Fonds sind ein deutlicher Schritt nach vorne. Unbefriedigend ist, dass die getroffenen Verabredungen noch keinen rechtssicheren Rahmen haben. Somit bleiben das Risiko von Fahrverboten, die Sorgen von Besitzern älterer Diesel und auch die Sorgen um negative Folgen für die Beschäftigung bestehen“, hat Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, der für die Gewerkschaft an dem Diesel-Gipfel am Mittwoch in Berlin teilgenommen hat, das Fazit gezogen.

Die – allerdings sehr unterschiedlichen – finanziellen Anreize der Automobilhersteller für den Austausch älterer Fahrzeuge der Normen Euro 1 bis 3, bzw. teilweise bis Euro 4 und die Zusage für einen Fonds für geringeren Schadstoffausstoß in den Städten sind als Einstieg positiv zu bewerten. Dies nicht zuletzt deshalb, da bei der angedachten Förderung von emissionsfreien Stadtbussen oder dem verstärkten Ausbau der Ladeinfrastruktur Schritte in eine emissionsfreie Mobilität gegangen werden.

Entscheidend sind jedoch für alle verabredeten und zukünftigen Maßnahmen verbindliche Regeln, die ihre Umsetzung, Wirksamkeit und Rechtssicherheit festschreiben. „Dazu müssen den angekündigten Expertenrunden deutliche Fortschritte gelingen – und zwar noch vor der Bundestagswahl“, betonte der Gewerkschafter.

Mit Blick auf das jüngste Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts zu Fahrverboten ist nach Auffassung der IG Metall vor allem die Rechtssicherheit entscheidend – das Gericht hatte argumentiert, das Land dürfe sich bei seinen Plänen zur Luftreinhaltung nicht darauf verlassen, dass die Autoindustrie „irgendwie“ handelt.

Die Beteiligung der internationalen Hersteller ist ebenso noch sehr unbefriedigend. Die Maßnahmen zur Nachbesserung müssen aber für alle Hersteller gleichermaßen gelten. Dies wurde in einer Gemeinsamen Erklärung der Betriebsräte der deutschen Automobilindustrie ausdrücklich gefordert.

„Bei der Debatte darf es nicht darum gehen, Umweltaspekte, wirtschaftliche Prosperität oder Arbeitsplätze gegeneinander auszuspielen. Sondern wir brauchen einen Dreiklang aus den besten Umweltstandards, einer wettbewerbsfähigen Autoindustrie an der Weltspitze und vieler attraktiver Arbeitsplätze für die Menschen. Da reicht die vorgelegte Erklärung bei weitem nicht aus“, sagte Zitzelsberger. www.igm.de

Position der IG Metall

… 1. Versachlichung der Debatte: Vor dem Hintergrund der zunehmend unter öffentlichem Druck stattfindenden Debatte um saubere Luft in den Städten setzt sich die IG Metall für eine gleichermaßen sachliche wie faire Diskussion ein. Mit symbolpolitischem Aktionismus, der nicht trennscharf Feinstaub, CO2 und Stickoxide auseinander hält, ist niemandem gedient. Deshalb wenden wir uns auch gegen eine pauschale „Anti-Diesel-Politik“, die keinen Beitrag zur Lösung des Feinstaub- und des CO2-Problems leisten kann.

2. Wir erkennen den erheblichen Handlungsdruck, unter dem insbesondere die hoch verdichteten Ballungszentren stehen, ausdrücklich an. Es ist keine Option, mit dem Verweis auf den Fahrzeugbestand eine regelmäßige Überschreitung der Grenzwerte für Feinstaub zu akzeptieren. Denn dieser ist erwiesenermaßen gesundheitsgefährdend.

3. Als IG Metall müssen wir uns in den Städten und Gemeinden in die Diskussion über die Einhaltung von Luftreinhalte-, Luftqualitäts- und Aktionspläne aktiv einmischen. Denn es gibt offenbar keinen einfachen Königsweg, der sowohl umweltpolitisch wie sozialpolitisch akzeptabel ist. Wir sind gegen pauschale Einfahrverbote, weil diese immer mit einem hohen Maß an sozialer Selektion zusammen fallen. Wir machen uns stark für einen ausgehandelten breiten Methoden-Mix, um die Luftreinhaltungsziele zu erreichen. Wir fordern von den Städten und Gemeinden, Experimentierräume und Übergangsregelungen zu ermöglichen, und Lösungen den Vorzug zu geben, die auf technologische Verbesserungen zielen, anstatt ausschließlich auf die quantitative Reduzierung des Pkw-Verkehrs zu setzen.

4. Die Automobilindustrie muss ihren Anteil zu besserem Klima- und Umweltschutz sowohl im Bereich Neuwagen als auch durch attraktive Nachrüstungsangebote leisten. Alle Neumodelle sind ab 2018 mit Speicherkat oder SCR-Technologie auszustatten. Es müssen alle Möglichkeiten geprüft werden, inwieweit der Fahrzeugbestand ebenfalls mit neuen Technologien um- oder nachgerüstet werden kann. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer der Fahrzeuge von bis zu 20 Jahren würde es ansonsten bis zum Jahr 2035 dauern, um die gesamte Flotte zumindest auf das Niveau von Euro-6 zu heben.

5. Besser als pauschale, unkonditionierte Einfahrverbote wäre aus Sicht der IG Metall die Einführung einer blauen Plakette für Euro-6-Fahrzeuge. Damit würde zugleich ein Impuls zur schnelleren Erneuerung der Fahrzeugflotte gesetzt. Für Euro-5-Fahrzeuge könnten so zudem trennscharfe Übergangsregelungen und -zeiten getroffen werden, ggf. kombiniert mit Nachrüstungslösungen der Kfz-Industrie.

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02 Diesel Technologie

Die außerordentliche Anwendungsbreite – stationäre Kraftanlagen, Eisenbahnwesen, Schiffsantriebe, Nutzfahrzeugbau – ergab sich aus dem hohen Wirkungsgrad, den diese Technologie vor allem als stetiger Leistungslieferant seit einem Jahrhundert bietet. Technische Entwicklungen der letzten Jahrzehnte machten den Diesel dynamischer und interessanter für PKWs. Die Hochtemperaturverbrennung im Diesel spart Treibstoff, verdirbt aber durch Ausstoß von NO / NOx ein öffentliches Gut, die Luft. Das Gift muss an der Quelle abgefangen werden. Das ist technisch schwierig, kostet Energie, ist aber unumgänglich. mf

Abb.: PDF

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03 Blick in die Presse

03a Der Diesel-Gipfel kann nur der Anfang sein. Pressemitteilung des Bundesverbandes freier KFZ-Händler (BVfK) e.V. – Fr., 4.8.17. Der BVfK e.V. begrüßt das Ergebnis des Dieselgipfels als Schritt in die richtige Richtung, dem allerdings noch weitere Maßnahmen zur besseren Abgasreinigung folgen müssen. Die freien Händler leiden aufgrund ihrer Flexibilität und Unabhängigkeit weniger unter Auswirkungen des Dieselskandals, beklagen aber dennoch Umsatzverluste und längere Standzeiten. Dieser Situation versucht der Handel durch niedrige Verkaufspreise zu begegnen, die entsprechend um 5 bis 20 Prozent nachgegeben haben.

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03b Kfz-Gewerbe fordert Hardware-Nachrüstung für ältere Diesel. Pressemitteilung des Zentralverbandes deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Fr.,18.8.17 – Die Entwicklung schadstoffreduzierender Hardware-Lösungen insbesondere für Euro 5-Diesel fordert der ZDK. „Wenn Hersteller ihrer Verantwortung als Verursacher der Diesel-Krise gerecht werden wollen, sollten sie sich schleunigst um die Entwicklung wirksamer Nachrüstlösungen kümmern“, so ZDK-Präsident J. Karpinski. Wer sich trotz Krise im Glanz hoher Quartalsgewinne präsentiere, müsse alles tun, um Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen und Fahrverbote nachhaltig vermeiden zu helfen. Funktionsfähige Hardware-Lösungen seien zwar aufwändiger als die angekündigten Software-Updates, aber viel wirksamer und durchaus machbar. Die Kosten für Entwicklung und Umrüstung könnten auf keinen Fall von Händlern oder gar Diesel-Fahrern getragen werden. Sinnvoll könne eine staatliche Umrüstprämie sein.

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03c Kfz-Unternehmer beim Thema E-Mobilität gespalten. Mi., 23.8.17. – Nur jeder zweite Kfz-Unternehmer sieht die Zukunft in der reinen Elektromobilität. Dagegen werten 50% der Teilnehmer der Studie „Kfz-Gewerbe 2020plus“ den Elektromotor als eine Übergangstechnologie für andere Motorarten. Die Landschaft der Antriebstechniken für Autos wird sich stark ändern. Prognostiziert wird ein stetiger Zuwachs vor allem von Hybriden und Elektrofahrzeugen. Viele Betriebe stellen sich darauf ein, indem sie eigene Elektro-Ladestationen betreiben und sich als Fachbetrieb für Hybrid- und Elektroautos zertifizieren lassen. Insbesondere freie Werkstätten (ca. 80%) sehen das klassische Werkstattgeschäft aufgrund der Elektroautomobile im Wandel, auch weil diese wartungsärmer sind.

Zusammenstellung: Rosemarie Steffens, Langen (Hessen)