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Quelle: Politische Berichte Nr. 9, 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT ⯈ H O M E

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01 AfD-Programm: Arbeit und Wirtschaft der Nation für die „nationalen Interessen“ Deutschlands

02 In Kürze

02a Paritätischer Wohlfahrtsverband kritisiert AfD-Asylkonzept als menschenverachtend und absurd

02b Google & Co. gehen gegen rassistische Seiten im Netz vor.

02c Gauland verließ in Offenbach die Bühne unter Protest.

01 AfD-Programm: Arbeit und Wirtschaft der Nation für die „nationalen Interessen“ Deutschlands

Trotz sozialdemagogischer Propaganda, dass „die Wirtschaft“ „dem Menschen“ zu dienen habe – was und wer das auch immer sei – , hat die AfD in Punkt 10.1. ihres Grundsatzprogramms ihr marktradikales Wirtschaftsleitbild wie folgt definiert: „Durch marktwirtschaftlichen Wettbewerb ergeben sich die besten ökonomischen Ergebnisse. Das unsubventionierte Angebot, von dem sich die Marktteilnehmer den größten Vorteil versprechen, setzt sich dauerhaft durch. Deshalb gilt für die AfD: Je mehr Wettbewerb und je geringer die Staatsquote, desto besser für alle. Denn Wettbewerb schafft die Freiheit, sich zu entfalten und selbst zu bestimmen, privates Eigentum an Gütern und Produktionsmitteln erwerben zu können, eigenverantwortlich Verträge zum eigenen Vorteil und zum allgemeinen Wohl zu schließen, zwischen verschiedenen Anbietern, Produkten, Dienstleistungen oder Arbeitsplätzen wählen zu können, ertragsbringende Chancen zu nutzen, aber auch ein mögliches Scheitern selbst zu verantworten.“ Also, Entfesselung „der Wirtschaft“ von staatlicher Bevormundung. Die soziale Ungleichheit wird zementiert und weiter verschärft durch die Behauptung der „Gleichheit“ aller Wirtschaftssubjekte, ob Konzern oder Privatperson.

Die AfD fordert eine Steuerreform, die unter dem Motto „Entlastung für Alle“ vor allem die Steuern auf wirtschaftliche Tätigkeit und Eigentum senkt. Die Erbschaftsteuer soll abgeschafft, die Gewerbesteuer überprüft werden. Die AfD will eine Steuer- und Abgabenbremse im Grundgesetz, um die „staatliche Macht über den Bürger“ zu begrenzen. Der Tarif für die Einkommensteuer soll zu einem Stufentarif geändert werden, der durch Indizierung festzuschreiben sei. Konkrete Zahlen liefert die AfD dazu nicht. Der Staat soll „verschlankt“, der „Staatsverbrauch“, also die Transferleistungen, gesenkt werden. Teile der Sozialversicherung sollen privatisiert werden.

Für die AfD sind EU und Euro äußere Fesseln der nationalen deutschen Wirtschaftsinteressen. Ohne den Schimmer eines tatsächlichen Beleges, mit Polemik gegen die Eliten in Deutschland und „in Brüssel“, die gegen deutsche Interessen arbeiten würden, behauptet die AfD: „Die weitere Mitgliedschaft in der Eurozone ist für Deutschland unbezahlbar. Deshalb muss Deutschland die Transferunion aufkündigen und den Euroraum verlassen.“ (wie alle folgenden Zitate: Wahlprogramm Kurzfassung).

Einen besonderen Abschnitt widmet die AfD der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Sie fordert: „Beendigung der Enteignungspolitik der EZB gegen Sparer und Rentner. Die EZB zerstört mit einer Währungspolitik der unwirtschaftlichen Zinsen (Nullzinspolitik) alle kapitalgedeckten Alterssicherungssysteme von Betriebsrenten, über staatlich geförderte Rentensysteme, private Lebensversicherungen bis zu privaten Sparvermögen. Alle Maßnahmen der EZB zur Manipulation des freien Kapitalmarkts müssen eingestellt werden.“ Damit lehnt sich die AfD an gängige rechte Kritiken der EZB an, statt sich um die Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung zu kümmern.

Worin diese Politik der entfesselten deutschen Nationalwirtschaft aber münden soll sagt die AfD in Ihrem Wahlprogramm auch: Euro abschaffen, DM einführen. „Deutschland muss auch in einem plötzlichen währungspolitischen Krisenfall handlungsfähig sein. Wir wollen für die Wiedereinführung einer neuen nationalen Währung („Deutsche Mark“) rechtzeitige Vorkehrungen treffen. Das im Ausland gelagerte Gold der Bundesbank muss als temporäre Deckungsoption vollständig und umgehend nach Deutschland überführt werden.“

Dass sich die AfD um das tatsächliche Funktionieren des gegenwärtigen europäischen und internationalen Zahlungsverkehrs keine Gedanken macht, zeigt die folgende Forderung: „Bis zum Verlassen des Euroraums sind ab sofort die unbesicherten Forderungen der Deutschen Bundesbank gegenüber anderen nationalen Notenbanken der Eurozone bzw. der EZB (sog. Targetsalden) abzuschmelzen oder mit validen Sicherheiten zu unterlegen…“ (Wahlprogramm, Kurzfassung) Zu gut deutsch: die laufenden wechselseitigen Salden des laufenden Zahlungsverkehrs sollen „eingefroren“ und gesenkt werden. Das geht ja wohl kaum ohne „Einfrieren“ des zwischenstaatlichen Handels und Geldverkehrs. Und das soll dann die „deutsche Wirtschaft“ fördern?

In der Sicht der AfD ist natürlich auch die EU ein Hindernis für nationale deutsche Wirtschaft und „Souveränität“. Folgerichtig fordert sie deshalb: „Sollte die gemeinsame Rückbesinnung auf ein „Europa der Vaterländer“ mit den derzeitigen Partnern in der EU nicht möglich sein, muss Deutschland nach dem Vorbild Großbritanniens aus der EU austreten.“

Antworten auf tatsächliche Probleme von Gesellschaft und Wirtschaft: keine. Christoph Cornides, Mannheim

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02 In Kürze

02a Paritätischer Wohlfahrtsverband kritisiert AfD-Asylkonzept als menschenverachtend und absurd. www.verbaende.com, 2.8.17. – „Die Forderung nach Abschaffung des individuellen Asylrechts stellt einen neuerlichen kalkulierten Tabubruch dar, wie er für die AfD typisch ist, …“, so U. Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. Die asylpolitischen Vorschläge der AfD seien menschenverachtend, teils absurd, jedenfalls Gift für gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Der Paritätische wendet sich ausdrücklich gegen eine Politik der Internierungslager und Auslagerung des Flüchtlingsschutzes vor Europas Grenzen. Globale Probleme wie das der Flüchtlinge erfordern humanes Handeln der ganzen EU und keine militaristische Kleinstaaterei“, so Schneider. Das individuelle Asylrecht sei unantastbar und in jedem Falle zu erhalten.

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02b Google & Co. gehen gegen rassistische Seiten im Netz vor. FAZ-Wirtschaft, So., 20.8.17. Nach den gewaltsamen Zusammenstößen weißer Rassisten in Charlottesville in Virginia lösten Internet- und Technikunternehmen aus dem Silicon Valley ihre Geschäftsbeziehungen mit Rechtsextremen. Die Internetseite „Daily Stormer“, der „Tägliche Stürmer“, verschwand ins „dunkle Internet“, nachdem Internetregisterführer wie GoDaddy und Google ihr kündigten. Die Zensur durch Internetunternehmen verstößt im Kern gegen das Prinzip der Netzneutralität, das im Silicon Valley gerne hochgehalten wird. Doch es sind Unternehmen, die ihr gutes Recht wahrnehmen, nicht mit jedem Geschäfte zu machen. Apple Pay und Paypal verweigern rechtsextremen Anbietern ihre Finanzdienste, Spotify entfernt Musik von „Hassgruppen“.Der Verlust der vermutlich wenigen weißen Rassisten als Kundschaft wird die Bilanz nur minimal treffen. Die Wette ist, dass dies den Unternehmen letztlich mehr Kunden zuführt, die ähnlich wie das Management denken. Von Patrick Welter (stark gekürzt und redaktionell bearbeitet von R.St.).

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02c Gauland verließ in Offenbach die Bühne unter Protest. Am 12.8. war AfD-Spitzenmann Gauland in Offenbach a.M. und die Offenbacher OB-Kandidatin Christin Thüne im Stadthof angekündigt. Das Bündnis Bunt gegen Braun, Die Linke, VVN-BdA, DGB, SPD, Jusos u.a. hatte zur Gegenkundgebung aufgerufen, die Caritas organisierte den gemeinsamen Auftritt von mehreren Chören. Über 300 Gegendemonstranten sangen und pfiffen Gauland von der Tribüne, die AfD beendete die Veranstaltung, die nur eine halbe Stunde gedauert hatte, um 18.30 Uhr. Rosemarie Steffens, Langen (Hessen)