Quelle: Politische Berichte Nr. 10, 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT ⯈ H O M E

Nationalratswahlen in Österreich

Am 15. Oktober wird das Parlament in Österreich neu gewählt. Der Nationalrat hat am 13. Juli die notwendigen Beschlüsse gefasst. Zu dieser kommenden Nationalratswahl werden insgesamt 16 Parteien antreten – ein neuer Rekord. Davon stehen sechs Parteien allerdings nur in einzelnen Bundesländern zur Wahl. Mit zehn Listenplätzen ist der österreichweite Stimmzettel allerdings immer noch von stattlicher Länge. Um bundesweit kandidieren zu können, braucht es 2600 Unterstützungserklärungen von Wahlberechtigten oder drei Unterstützungen von Abgeordneten.

Von den Parteien, die schon im Nationalrat sind, kandidieren die SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und NEOS. Die „Liste Frank“ hat die Unterstützung Frank Stronachs verloren und verschwindet in der Geschichte. Der Grüne Peter Pilz, unzufrieden, dass er bei der Vorwahl nicht an vorderer Stelle gereiht wurde, tritt mit einer eigenen Liste an, und auch Karl Schnell, ein Salzburger FPÖler, der nach Streit mit Parteichef Heinz-Christian Strache aus der FPÖ ausgeschlossen wurde, kandidiert mit einer eigenen Gruppierung – die „Freie Liste Österreich“. Deren Spitzkandidatin Barbara Rosenkranz macht keine Geheimnis aus ihrer Gesinnung: Das NS-Verbotsgesetz hält sie für verfassungswidrig, Zweifel an Gaskammern gehören für sie zur „freien Meinungsäußerung“.

Die KPÖ tritt als „KPÖ Plus“ an, sie versteht sich als Mitmach-Plattform für Menschen, die sich für soziale Gerechtigkeit und gegen den Rechtsruck engagieren wollen. Sie soll eine starke Kraft für Gerechtigkeit, Solidarität, Antifaschismus und Gleichberechtigung sein. Das Ziel ist es, möglichst viele Menschen einzubinden und zum Mitmachen zu bewegen. Außer in Graz und den steirischen Industriestädten hat die KPÖ nicht viele Stimmen zu erwarten. Die Liste „GILT“ des Kabarettisten Roland Düringer („Wir sollten die Anliegen der Parteien nicht mehr ernst nehmen“) und die „Weißen“ vervollständigen den Wahlzettel. Diese „Weißen“ legten unter anderem in ihrem 8-Punkte-Katalog fest: die Macht geht vom Volk aus. Das Volk entscheidet. Eine ehrliche Demokratie, keine Scheindemokratie. Echte und wahrhaftige Vertretung des Staatsvolkes. Bildung statt Brot und Spielen. Für den Nationalrat wird es nicht reichen. Trotz der hehren Ziel.

Nur in Vorarlberg kandidieren die „Männerpartei“, die CPÖ (Christenpartei) und die „Neue Bewegung für die Zukunft“ (NBZ). In Wien und Oberösterreich tritt zusätzlich noch die „Sozialistische Links Partei“ (SLP) an. Ziel ist eine sozialistische Gesellschaft, die demokratisch und nach den Bedürfnissen der Menschen organisiert ist. Einen Alleingang in der Bundeshauptstadt streben die Anti-EU-Partei EUAUS und die ODP „Obdachlose in der Politik“ an.

Insgesamt sind 6.399.054 Österreicher im Oktober zum Urnengang berechtigt. Alle fünf Jahre wird gewählt.

Der Wahlkampf ist geprägt von einer großen Zahl von Fernsehdiskussionen. Den Umfragen zufolge gewinnt die Liste Sebastian Kurz – Die Neue Volkspartei (ÖVP) diese Wahl. Nach dem Rücktritt von Vizekanzler Mitterlehner ist es Kurz gelungen eine Bewegung zu organisieren. Die ÖVP hat sich an die „Hoffnung Kurz“ ausgeliefert. Er verspricht Steuerentlastung, gespart werden soll bei den Sozialleistungen für Asylanten, Zuwanderung soll auf ein Mindestmaß reduziert werden. Dafür sollen Flüchtlingslager in Nordafrika entstehen. Alle politischen Probleme reduzieren sich für ihn auf „die Ausländer“. Diese sollen nur mehr 560 Euro Mindestsicherung erhalten und können zur Arbeit verpflichtet werden. Die Mindestsicherung für alle soll bei 1500 Euro gedeckelt werden.

Für Unternehmen wird die Abschaffung der Körperschaftssteuer auf nicht entnommene Gewinne und eine Senkung der Lohnnebenkosten versprochen. Erbschafts- und Vermögenssteuern werden strikt abgelehnt. Das Strafrecht soll erneut verschärft werden.

Die SPÖ liegt nach den Umfragen gleichauf mit der FPÖ. Sie hat in den letzten Tagen kaum mehr Zeit ihr Programm zu präsentieren, sie muss sich für „dirty campaigning“ (Kurz wurde durch den Kakao gezogen) in Videoclips des israelischen Wahlberaters Silberstein rechtfertigen. Die österreichischen Medien geben diesem Thema reichlich Platz.

Bundeskanzler Christian Kern und die Grünen haben sich vergeblich bemüht, politische Fragen von der Flüchtlingsfrage zu lösen und die Flüchtlingsfrage als internationale Frage zu sehen. Bei den Fernsehdiskussionen haben Strache und Kurz dominiert mit dem Streit, wer von den beiden massiver gegen Ausländer vorgehen wird.

Die NEOS könnten den Einzug ins Parlament schaffen, sie sind am einfachsten als neoliberale Partei zu beschreiben.

Die Grünen sind gespalten durch die Liste Pilz, parteiinterne Streitigkeiten (Grüne Studenten) haben diese Partei zusätzlich geschwächt. Der Einzug ins Parlament ist ungewiss.

Österreich sieht einer spannenden Wahl entgegen.

Augustin Kargl, Steiermark