Quelle: Politische Berichte Nr. 10, 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT ⯈ H O M E

Frankreich: Proteste gegen Verordnungen zum Arbeitsgesetz

Nach offiziellen Angaben haben sich an den Protestaktionen am 12. September, zu denen die Gewerkschaft CGT aufgerufen hatte, 220 000 Menschen beteiligt. Die CGT zählte mehr als 500 000. Am 21. September protestierten erneut mehrere Zehntausend. Die Gewerkschaften CFDT, FO und andere, die nicht aufgerufen hatten, haben ihre Kritikpunkte an den Verordnungen der Regierung formuliert. Dem Aufruf von Mélenchon und „La France insoumise“ zum Protesttag gegen „sozialen Staatsstreich“ folgten am 23. September ebenfalls mehrere Zehntausend. Weitere Proteste der Gewerkschaften sind angekündigt.

Die Parteien auf der Rechten unterstützen teilweise die Maßnahmen Macrons. Der Front National wird derzeit kaum im politischen Feld wahrgenommen. Das gilt auch für die Sozialistische Partei. Mélenchon versucht sich in dieser Situation als Führer der Opposition in der Nationalversammlung aufzubauen. – Am 30. September sind die Verordnungen zur Reform des Arbeitsgesetzes in Kraft getreten und mit Macrons deutlicher Mehrheit in der Nationalversammlung gilt die Ratifizierung als so gut wie sicher.

Dämpfer bei Senatswahl

Allerdings hat Macrons Regierungspartei bei den Wahlen zum Senat, die im September stattfanden, einen Dämpfer erhalten: Die Republikaner schnitten mit 59 Sitzen am besten ab, gefolgt von den Sozialisten (32) und der Zentrumspartei (21). Bei den Wahlen zum Senat wird alle drei Jahre die Hälfte der 348 Sitze neu besetzt. Macrons Republique en Marche verfügt danach im Senat über insgesamt lediglich 29 Sitze, die Republikaner haben allein 138 Sitze. „Das Wahlkollegium bestand dabei aus 76.359 Mandatsträgern aus der Nationalversammlung und den Gebietskörperschaften“. „Alle drei Jahre wird die Hälfte des Senats erneuert. Dieses System, das nur langsame Machtverschiebungen erlaubt, verhindert große Umbrüche und sorgt somit für eine größere Kontinuität. Die Wahlversammlung besteht dabei aus den Abgeordneten, den Regionalräten, den Departementsräten und den Delegierten der Gemeinderäte, die 95% der Wahlversammlung stellen.“ (1)

Streik im Transportgewerbe abgewendet

Am 4. Oktober wurde für die Beschäftigten des Transportgewerbes eine Vereinbarung zwischen Gewerkschafts- und Unternehmerverbänden unter Einbeziehung der Regierung abgeschlossen. Damit könnte ein Streik im Transportgewerbe abgewendet sein. Die Verordnungen der Regierung hätten es den Unternehmen ermöglicht, bisher durch Tarifverträge gesicherte Zuschüsse auf Unternehmensebene infrage zu stellen. Dabei geht es um Zulagen für Mahlzeiten oder Ruhezeiten: „Sie (die Zuschüsse) werden ohne Belege auf die Lohnzettel geschrieben. Für einen Lkw-Fahrer, der fünf Tage hintereinander fährt, kann das bis zu 1 000 Euro pro Monat bedeuten“, so Jérôme Vérité, Generalsekretär des Verkehrsverbandes GCT. (2) Mit der geschlossenen Vereinbarung ist der Erhalt der Zuschüsse gesichert.

Wirtschaftliche Lage

Die Verordnungen zielen vor allem darauf, mittleren und kleinen Unternehmen günstigere Voraussetzungen zu schaffen, insbesondere den Anteil kleiner Unternehmen am Export zu steigern. In Frankreich sind es vor allem die großen Unternehmen, die exportieren und mit 110 000 deutlich weniger als z.B. in Deutschland (hier sind es dreimal soviel). Hinzu kommt, dass sich die französische Wirtschaft weiter leicht erholt. Das Volumen des Außenhandels ist gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 5,6 % gestiegen. 2017 wird ein Wirtschaftswachstum von circa 1,5 Prozent erwartet, die Zahl der geschaffenen Stellen stieg schon 2016 auf rund 200 000.

Matthias Paykowski, Karlsruhe

Quellen: (1) https://de.ambafrance.org. (2) http://www.lci.fr. Div. Tagespresse.