Quelle: Politische Berichte Nr. 10, 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT ⯈ H O M E

Rechtsextreme: „Trump bringt unser Amerika zurück“

Für Samstag, den 12.8.2017 war in Charlottesville/Virginia für einen Aufmarsch der Vereinigten US-amerikanischen Rechtsextremen mobilisiert worden. Hierüber kam es zu der bislang größten Demonstration von Nazis, die die Vereinigten Staaten bislang erlebt haben. Weil sich diverse Gruppen von Gegendemonstranten in den Weg stellten, fuhr ein junger Nazi seinen PKW mit hohem Tempo in die blockierende Menschenansammlung. Hierbei wurde eine Gegendemonstrantin getötet und weitere Gegendemonstranten mehr oder minder schwer verletzt.

US-Präsident Trump hat dazu dreimal Stellung bezogen. Im Resultat ging es ihm um zweierlei. Erstens um eine Gleichsetzung der Gegendemonstranten mit den aufmarschierten Nazis, was die Frage der Gewaltanwendung anbetraf. Zweitens ging es ihm um das Motiv der aufmarschierten Vereinigten Rechtsextremen, das er am Interesse der Bewahrung historischer Denkmäler glaubte festmachen zu können. Im Konkreten handelte es sich hierbei um das Monument für einen Südstaatengeneral im Stadtpark von Charlottesville.

Die Zeitschrift „Forbes“ (17.8.2017: Immigrants, not statues, motivated Charlottesville march organizer) hat dazu einige Recherchen betrieben. Wie sie mitteilt, wurde der rechte Aufmarsch („Unite the Right“) vom ortsansässigen Jason Kessler organisiert. Kessler war bzw. ist regional vor allem als erklärter Feind jeglicher Art von Einwanderung bekannt. „Forbes“ weist hier ausdrücklich hin auf einen Bericht der „New York Times“, demzufolge Kessler sich durch seine öffentliche Mobilisierung gegen die Pläne, Charlottesville zu einer Schutzzonen-Kommune zu erklären, bekannt gemacht habe.

„Forbes“ teilt Folgendes näher zu seiner Person mit: „Kesslers Motive für die Begrenzung der Einwanderung sind klar. Die weiße Bevölkerung wird sehr schnell zur Minderheit in den Vereinigten Staaten und in Europa. Die Politik, welche die weiße Bevölkerung durch Masseneinwanderung ersetzt, zeitigt ihre Resultate. Die Regierungen des Westens führen einen Feldzug der allmählichen Auslöschung gegen ihre ureigenste Bevölkerung durch. Das ist Völkermord an Weißen.“

Wirkungszusammenhänge

„Forbes“ berichtet – abgestützt auf andere Medien – abschließend, dass aus den Reihen der aufmarschierten Nazis vor allem folgende Parolen bzw. Sprechchöre gerufen wurden: „Build the wall!“ (Baut die Mauer!) – „Jews will not replace us!“ (Juden werden uns nicht ersetzen!) – „One people, one nation, end immigration!“ (Ein Volk, eine Nation, Schluss mit Einwanderung!)

Die Interviews, welche das „Wall Street Journal“ mit einigen Teilnehmern des Aufmarsches führen konnte, geben hier den Blick frei auf nicht sofort ersichtliche Wirkungszusammenhänge. Das staatlicherseits unbehinderte Zustandekommen dieses Treffens der Vereinigten Rechtsextremen lasse – so die Befragten – ein erneuertes Verständnis für die dringliche Notwendigkeit erkennen, dass ihre Stimme gehört werde müsse. Die angesprochenen Teilnehmer des Aufmarsches stellten fest, dass nun endlich eine Regierung im Amt sei, welche bereit sei, ihre Ansicht zur Kenntnis zu nehmen – nämlich, dass die Immigration zum Untergang des Landes beitrage.

David Duke, der frühere Großmeister des Ku-Klux-Klan, war hierzu in seiner Bewertung des Samstag-Aufmarsches von extremen Rechten und Neonazis in Charlottesville ganz unzweideutig: Für ihn bedeutet das die Erfüllung der Vision von Präsident Donald Trump für Amerika.

„Wir sind dazu bestimmt, unser Land zurück zu holen. Unter diesem Gesichtswinkel nannte er den Aufmarsch der Vereinten Rechten einen Wendepunkt. Wir werden das Versprechen von Donald Trump erfüllen. Das ist es, woran wir glauben. Das ist es, warum wir Donald Trump gewählt haben – weil er gesagt hat, er werde unser Land zurückholen.“ [1]

Es finden sich Beiträge in den US-Medien, welche dem ehemaligen Sicherheitsberater von Präsident Trump, Steve Bannon, hier eine gewisse Rolle unterstellen. Aber objektiv betrachtet, brauchte es keinen Steve Bannon in dessen allernächstem Umfeld. Denn, wie schon ein Beitrag in „The Daily Beast“ vom 9.5.2017 richtig schreibt: „Before Bannon, there was Buchanan“ – Bevor Bannon kam, war Buchanan schon am Wirken.

Das US-Magazin „The American Conservative“ hat im Jahr 2011 einen Beitrag von Patrick J. Buchanan veröffentlicht; darin kommt der Autor unter anderem zu folgender Beurteilung:

„Sind wir [heute] noch ‚ein vereintes Volk‘? Das Amerika, in dem wir aufgewachsen sind, befindet sich in Desintegration, es bricht auseinander entlang der Risse, die sich aufgetan haben hinsichtlich Politik, Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit, Kultur und Glauben. Um 2042 wird hier der Anteil der schwarzen Bevölkerung 66 Millionen betragen und derjenige des Hispanoanteils 135 Millionen, letzterer konzentriert in den Bundesstaaten entlang der Grenze zu Mexiko. Was hält uns dann zusammen? Wir werden aus allen Rassen, Kulturen, Volksstämmen der Erde zusammengesetzt sein – ein multirassisches, multikulturelles, multiethnisches, vielsprachiges Mischgericht einer Nation, die nie zuvor existiert hat. Nie mehr werden wir alle dieselbe Sprache sprechen.“ [2]

Die Drohkulisse der „Überfremdung“, die dieser konservative Befund zur Entwicklung bzw. zur aktuellen Verfasstheit der US-Gesellschaft hier mit Bedacht entworfen hat, zielt auf „Gegenwehr“. Buchanan hat denn auch tatsächlich, wie im Juli 2011 bekannt wurde, einigen Feststellungen im Manifest des Oslo-Attentäters Anders Breivik ausdrücklich zugestimmt.[3]

Was hier mit diesem kurzen Hinweis verdeutlicht werden soll, das ist die Schreibtisch-Mittäterschaft im Kontext der gleichgesinnten Bluttaten auf der Straße. Der junge Nazi, der in Charlottesville mit seinem Pkw ganz absichtlich eine Gegendemonstrantin getötet hat, mag dadurch politisch besser eingeordnet werden können. Diese Tat wurzelt in Wahrheit in den dumpfsten Nischen der US-amerikanischen Republikanischen Partei. Dort, wo Pat Buchanan ideologisch zu Hause ist.

Hunno Hochberger, Bohmte

Abb.(PDF): Marianne Rubin, 89 Jahre alt, auf dem Time Square in New York bei der Solidaritätskundgebung für Charlottesville. „Ich bin einst den Nazis entkommen, ihr werdet mich jetzt nicht besiegen.“

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[1] Vox Media – „Why we voted for Donald Trump“, David Duke explains the white supremacist Charlottesville protests; updated by Libby Nelson@libbyanelson Aug 12, 2017, 3:16 pm EDT

[2] The American Conservative – http://www.theamericanconservative.com – Is America Disintegrating? – Posted by Patrick J. Buchanan on October 20, 2011 – In Culture, Ideas, Immigration – Copyright 2011 Creators.com; CBS News/January 24, 2012

[3] http://www.splcenter.org/blog/2011/07/28/patbuchanan-says-oslo-shooters-viewsmay-be-right/

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