Aus Politische Berichte Nr. 1/2018, S. 12, • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Thema Solidarität gegen die Repression in der Türkei

01 Solidarität mit den Akademikern für den Frieden in der Türkei! Jörg Detjen, Köln

02 Dr. Sharo Garip

03 Was ist „Demokratischer Konföderalismus“? Jörg Detjen, Köln

04 dok: Kommunale Politik - Ulli Jäckel, Hamburg- thema: Solidarität mit Verfolgten aus der Türkei

05 Erdoğan braucht klare Ansage: Hamburg.

06 Nach mutmaßlichem Attentat auf Deniz Naki – Linksfraktion hinterfragt Einschätzung des Senates zu radikalen Erdogan-Anhängern: Bremen.

07 Prozess gegen türkischen Agenten in Hamburg

08 Die Zeit des Wegsehens und des Schweigens gegenüber Menschenrechtsverletzungen muss ein Ende haben! Frankfurt.a.M.

09 Angriffe und Einschüchterungsversuche gegen türkischstämmige Linke: Kassel.

10 AKP-Veranstaltung in Bremerhaven abgesagt

11 Die Linke sagt Generalkonsul ab: Essen.

12 Solidarität mit Gökay Akbulut, Beobachtung sofort beenden! Mannheim.

01

Solidarität mit den Akademikern für den Frieden in der Türkei!

Jörg Detjen, Köln

Am [5]. Dezember begann in Istanbul der erste von mindestens 300 Prozessen gegen die Akademiker für den Frieden. Eine kleine Delegation von drei Kölnerinnen und Kölnern (eine Gewerkschafterin, eine Vertreterin der Studierendenschaft und der Fraktionssprecher der Linken im Kölner Stadtrat) sowie ein Arzt von IPPNW aus Rostock besuchten den Prozess.

Bereits am Tag zuvor gab es eine große Pressekonferenz der Ärztekammer Istanbul und der Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst KESK und der Bildungsgewerkschaft Egitim Sen, die beide dem Europäischen Gewerkschaftsbund angehören, für die Akademikerinnen und Akademiker für den Frieden. Auch die Kölner Delegation hielt ein kurzes Grußwort, ebenso wie Delegationen vom Europäischen Gewerkschaftsbund, Vertreter aus Großbritannien, Frankreich, Spanien, Zypern und Dänemark. Eine Infoveranstaltung (Foto 1) und eine Kulturveranstaltung folgten.

Der Prozesstag selber begann mit einer Kundgebung vor dem Çaglayan Justiz Palast mit ca. 300 Personen, zu der die Kölner ein Transparent mitgebracht hatten (Foto 2). Die internationale Presse war vertreten, darunter auch ARD, ZDF, ORF und der Kölner Sender für die Türkei Arti TV.

Dann folgten 10 Einzelprozesse in einem dicht gedrängten, winzigen Prozesssaal. In den ersten Prozessen wurde eine Art Grundsatzentscheidung vom Gericht verkündet. Sie werden nicht nach dem türkischen Strafgesetzbuch § 301 (Beleidigung des Türkentums) geführt, sondern nach den türkischen Anti-Terror-Gesetzen. Die Anwälte kritisierten diese Entscheidung, forderten Freisprüche und die Zusammenlegung aller Prozesse in ein Verfahren. Diese Prozesse wurden daraufhin auf den 12. April 2018 vertagt. Am zweiten Prozesstag, dem 7.12. mit 30 Anklagen, wurde ähnlich verfahren.

Dieser riesige Schauprozess, zerlegt in Einzelverfahren, wurde neben den oben genannten Prozessbeobachtern auch vom französischen Botschafter, einem Vertreter des Auswärtigen Amtes der BRD und den USA verfolgt. Hohe Haftstrafen will der türkische Staat durchsetzen. Selbstbewusst und entschieden traten die Angeklagten und Anwälte auf. Es wird eine langwierige und schwere Auseinandersetzung geben, die sich über viele Monate hinziehen wird. Internationale Öffentlichkeit ist wichtig und wurde von den Akademikern für den Frieden ausdrücklich begrüßt.

Der Prozess gegen unseren Kölner Akademiker Dr. Sharo Garip steht ebenfalls an. Er begleitete die Kölner Delegation immer wieder, dolmetschte und erklärte. Danke dafür und für die vielen interessanten Gespräche!

Die Kölner Delegation besuchte ebenfalls am 6.12. eine Solidaritäts-Kundgebung der HDP vor dem Istanbuler Justizpalast anlässlich des in Ankara stattfindenden Prozesses gegen die Co-Vorsitzende Figen Yüksekdag. Jörg Detjen, Fraktionssprecher der Ratsfraktion, überbrachte Grüße und forderte die Freilassung aller politischen Gefangenen.

* * *

Mitte Dezember entschied sich der Kölner Akademiker Dr. Sharo Garip, nachdem er erfahren hatte, dass sein Prozess im April 2018 stattfinden würde, in die Offensive zu gehen. Seine Anwältin wandte sich an das Gericht und forderte einen kurzfristigen Prozesstermin. Inzwischen gab es auch wieder Gespräche zwischen Berlin und Istanbul und die Freilassung von Mesale Tolu.

Am 19. Dezember war dann überraschend der erste Prozesstermin von Sharo Garip. Das Gericht hob sein Ausreisverbot auf. Sharo Garip erklärte im Gericht:

„In der Türkei haben seit hundert Jahren weder die Justiz noch die politische Macht dafür sorgen können, dass die freie Meinungsäußerung nicht mehr als Straftat betrachtet wird, so wie es sein müsste. Diese Verbote behindern nicht nur die Demokratisierung, sondern bilden insgesamt ein echtes Hindernis dafür, dass sich die Gesellschaft weiterentwickeln kann.“

Inzwischen gab es zumindest in NRW ein großes öffentliches Echo zu dem Prozess. Der Fall wurde zum Beispiel im Kölner Stadtanzeiger dreimal auf der Titelseite behandelt und dreimal im Politikteil.

Ein erster Ausreiseversuch vor Weihnachten schlug fehl, die bürokratischen Hindernisse konnten aber schnell aus dem Weg geräumt werden. Am 27. Dezember klappte die Auseise und eine Kölner Delegation empfing Sharo Garip am Flughafen (Foto 3).

Ein Fazit haben die beteiligten Akteure aus der Freilassung von Sharo Garip gezogen: Poltische und kulturelle Besuche in der Türkei sind wichtig. Wir dürfen die demokratischen Kräfte in der Türkei und in Kurdistan nicht alleine lassen.

Abb. (PDF): 1: Pressekonferenz der Ärztekammer in Istanbul

Abb. (PDF): 2: Vor dem Istanbuler Justizpalast

Abb. (PDF): 3: Empfang am Kölner Flughafen

02

Dr. Sharo Garip:

„Die Instrumentalisierung der Justiz ist nur eine Methode, diese Leute zu drangsalieren. Eine andere, auch sehr effektive Weise ist die massenhafte Entlassung missliebiger Personen aus ihren Berufen. Diese stehen von heute auf morgen plötzlich auf der Straße, zum Beispiel Prof. Dr. İbrahim Kaboğlu, ein prominenter Rechtswissenschaftler, der in Istanbul unterrichtete. Er lebt jetzt in Paris und lehrt von dort aus, über Skype. Eine Schande, was diesen Menschen widerfährt! Wie kann die EU solche Menschen im Stich lassen? Es ist doch schlimm, wenn die Menschen allgegenwärtige Angst vor Zukunftslosigkeit und Einkommensverlust haben, wenn sie befürchten müssen zu verhungern, weil sie keine Arbeit mehr finden und jeder Perspektive beraubt werden. Nach dem Militärputsch 1980 hatten wir massenhaft Folter, heute haben wir diese Form struktureller Gewalt.“

„Intellektuellen und Kreativen wird der „Boden heiß gemacht, man engt sie ein, behindert sie in ihrer Arbeit und macht ihnen Schwierigkeiten, wo immer es geht. Einige sind weggezogen, etwa nach Kadıköy, weil sie keine Freiräume mehr haben. Und genau das ist die perfide Strategie der AKP: Sie vernichtet die Lebensräume der kritischen Personen. Ich weiß von vielen Freunden, Professoren, Medizinern, Lehrern, dass sie mit der ständigen Angst vor Vernichtung ihres vertrauten Lebensumfelds leben. Wenn sie nicht vor Gericht stehen oder bereits entlassen wurden, verbannt man sie in die Provinz. Sie verlieren ihre vertraute Stellung, ihr soziales Umfeld, ihr Lebensraum wird kleiner. Auf diese Weise wird die Opposition isoliert, werden ihre Netzwerke geschwächt. Dem Regime ist praktisch jedes Mittel zur Unterdrückung und Mundtotmachung recht. Per Dekret werden ständig neue Listen mit Namen für Entlassungen oder Versetzungen herausgegeben. Die Bedrohungen und Einschüchterungen sind allgegenwärtig. Das war für mich sehr schmerzhaft zu erleben. Und auch hier muss ich wieder fragen: Wo bleibt die Solidarität der EU? Eine hervorragende Medizinprofessorin hat mir gesagt: Sharo, Ihr Europäer lasst uns allein mit denen. Das hat mir regelrecht wehgetan! Wie kann man all diese Menschen, die für demokratische und freiheitliche Werte einstehen, alleine lassen? Ich hatte fast ein schlechtes Gewissen, als ich die Türkei verließ; ich war mir unsicher, ob ich meine Freunde dort überhaupt zurücklassen sollte. Aber sie ermutigten mich zu gehen, damit ich sie von Deutschland aus unterstützen kann und den Menschen hier, in der EU, die Augen öffne!“

Abb. (PDF): Dr. Sharo Garip

03

Was ist „Demokratischer Konföderalismus“?

Jörg Detjen, Köln

Die kleine Broschüre vom PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan „Demokratischer Konföderalismus“, die erstmals 2012 in deutscher Sprache erschien, ist ein ganz zentraler Beitrag für die Entwicklung der HDP und eine gemeinsame linke Politik in der Türkei.

Öcalan hat mit dieser Schrift die Fokussierung auf die kurdische Frage anders und neu aufgeworfen. Nur deshalb war es möglich, dass die Kurdische Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Syrien zusammen mit den USA den IS besiegen konnten und in Rojava eine Art kommunale Selbstverwaltung aufbauen konnte. Das sind erste praktische Ergebnisse. Die Schrift selber ist aber noch weitreichender, weil sie jede Form von „Nationalstaaten“ und insbesondere einen kurdischen Nationalstaat kritisiert:

„Der Nationalstaat brauchte die Bourgeoise und die Macht des Kapitals, um die auf Stammesstruktur und Erbrecht beruhende Feudalordnung und ihre Ideologie durch eine neue nationale Ideologie zu ersetzen …

Aus diesem Grunde ist für mich (Öcalan, j.d.) die Gründung eines kurdischen Nationalstaates keine Option …

Die Lösung der kurdischen Frage muss dabei in einem Ansatz zu finden sein, der die kapitalistische Moderne schwächt oder zurückdrängt …

Darüber hinaus krankt der gesamte Mittlere Osten an einem Demokratiedefizit. Dank der geostrategischen Lage des kurdischen Siedlungsgebietes versprechen erfolgreiche kurdische demokratische Projekte, die Demokratisierung des Mittleren Ostens im Allgemeinen zu beschleunigen. Wir wollen dieses demokratische Projekt Demokratischen Konföderalismus nennen.“

Frieden und Demokratie muss im Mittelpunkt stehen und nicht die Errichtung eines Nationalstaates, sondern:

„Kommunalismus wäre eine Alternative zum Kapitalismus. Unter demokratischen Nationen, die nicht um Machtmonopole kämpfen, kann er in einer Region, die bisher nur das Feld blutiger Kriege und Völkermorde gewesen ist, den Frieden bringen.“

Öcalan schreibt auch, dass der Demokratische Konföderalismus eine Alternative für die Armenier sein könnte. Und weiter:

„In Bezug auf gesellschaftliche Zusammengehörigkeit haben Grenzen ihre frühere Bedeutung verloren. Ungeachtet geografischer Grenzen ermöglichen heute moderne Kommunikationsmittel eine virtuelle Einheit zwischen Individuen und Gemeinschaften, wo immer sie sich auch befinden.“

Der Vorsitzende der HPD Selahattin Demirtaş nimmt indirekt Bezug auf diese Thesen im Interview der Bildzeitung vom 30.12.:

„Und es sollte ein Modell der kommunalen Verwaltung ins Leben gerufen werden, damit sich die Bürger tatkräftig an der Verwaltung beteiligen können. Während all das verwirklicht wird, sollte dafür gesorgt werden, dass über Verhandlungen die PKK und Herr Öcalan an dem Prozess beteiligt werden, und dass das Gewaltproblem endgültig gelöst wird. Um das alles zu verwirklichen, sind eine enorme politische Willenskraft und eine wirksame Unterstützung der Öffentlichkeit notwendig.“

In den Gesprächen mit den Vertretern der HDP in Istanbul war ich überrascht über deren politische Bandbreite und innere Ruhe. Frieden und Demokratie und insbesondere die Solidarität mit den Akademikern für den Frieden begreifen sie als eine große Chance ein noch breiteres Bündnis in der Gesellschaft zu entwickeln. Dabei ist für die HDP sehr wichtig, sich nicht provozieren zu lassen. Ein Bürgerkrieg zu verhindern ist auch deren Ziel.

In Istanbul gibt es ein Bündnis für Demokratie, wo alle Kräfte die beim Verfassungsreferendum mit „Nein“ gestimmt haben vertreten sind. Eine unmittelbare Zusammenarbeit mit der ziemlich rechten sozialdemokratischen Partei CHP gibt es nicht.

Auf die Frage einer Zusammenarbeit von HDP und CHP antwortete Selahattin Demirtaş im Juli dieses Jahres klug und zielgerichtet:

„Die CHP und HDP haben gegenseitige Kritikpunkte. Aber in dieser Zeit muss die Kritik zurückgestellt werden … Vor allem müssen wir konsequent sein und gemeinsam den Kampf um Demokratie stärken, ohne der Resignation einen Platz zu bieten.“ (Cumhuriyet, 12.9.2017, nach „Der neue Sultan“)

Die deutsche Linke sollte ihre Berührungsängste gegenüber der PKK zurückstellen und genau hinsehen, was gesagt und getan wird. Die deutsche Linke sollte sich für den gesamten, breiten Protest in der Türkei und Kurdistan interessieren und ihn unterstützen. Ich glaube, da ist die türkische Linke inzwischen weiter als wir denken. Auf jeden Fall sind die Akademiker für den Frieden eine breite, vielfältige, intellektuelle und selbstbewusste Bewegung.

Quelle: Abdullah Öcala, Demokratischer Konföderalismus, Mesopotanien-Verlag, Neuss. Oder:

www.freeocalan.org/wp-content/uploads/2012/09/Abdullah-%C3%96calan-Demokratischer-Konf%C3%B6deralismus.pdf

04

dok: Kommunale Politik - Ulli Jäckel, Hamburg. thema: Solidarität mit Verfolgten aus der Türkei.

03

Erdoğan braucht klare Ansage: Der Hamburger Europaabgeordnete Fabio De Masi (Die Linke.) kommentierte am 24. August 2017 die kurzfristige Verhaftung des ehemaligen U21-Fußball Nationalspielers und FC St. Pauli Profis, Deniz Naki, wegen vermeintlicher Beleidigung des türkischen Präsidenten. De Masi war gemeinsam mit dem früheren Hamburger Bundestagsabgeordneten und Rechtsprofessor Norman Paech Beobachter bei Nakis Prozess wegen vermeintlicher Terrorpropaganda im April diesen Jahres: „Deniz zeigt Haltung und Mut auch jenseits des Fußballplatzes. Erdoğan etabliert ein Regime der Angst. Die Bundesregierung muss daher jetzt klare Kante in Richtung Ankara zeigen. Alle Optionen müssen auf den Tisch – einschließlich des Einfrierens aller Vorbeitrittshilfen. Die Verhandlungen über eine Zollunion der Türkei mit der EU sind einzustellen. Die Bundesregierung hat sich mit dem EU-Türkei-Deal, der Rüstungskooperation mit der Türkei und dem unwürdigen Fernbleiben der Kanzlerin bei der Armenien-Abstimmung des Bundestages in eine unerträgliche Abhängigkeit von Erdoğan gebracht. Erdoğan darf nicht länger Türsteher der EU spielen und muss notfalls auch persönlich mit Sanktionen belegt werden.“

http://www.die-linke-hamburg.de

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Nach mutmaßlichem Attentat auf Deniz Naki – Linksfraktion hinterfragt Einschätzung des Senates zu radikalen Erdogan-Anhängern: Bremen. Cindi Tuncel, Abgeordneter der Linksfraktion, hat heute eine umfangreiche Anfrage an den Senat gerichtet, um über die kriminellen Strukturen und die Gefährdungslage informiert zu werden: „Unter der Führung der AKP wird in Deutschland ein militantes Netzwerk von Rockern, organisierter Kriminalität, Rechtsradikalen, Islamisten, regimetreuen Geistlichen und Geheimdienst-Spitzeln aufgebaut. Abhörprotokolle des baden-württembergischen Landeskriminalamtes belegen, dass die Osmanen Germania im direkten Kontakt zum AKP-Abgeordneten Külünk aus Ankara stehen und gewalttätige Einschüchterungsaktionen geplant oder bereits Angriffe mit Handgranaten verübt haben. Der AKP-Abgeordnete soll seine Anhänger dabei zum Kauf von Kriegswaffen aufgefordert und entsprechendes Geld übergeben haben. Zu dieser Struktur gehört offensichtlich auch der Erdogan-Wahlverein UETD, der in Bremen offensiv agitiert. Obwohl sich dieser Verein oberflächlich gemäßigt gibt, unterhalten sie polizeibekannte Kontakte zu Gewalttätern und Geheimdienstmitarbeitern. Der AKP-Abgeordnete Külünk war 2016 auch in Bremen Ehrengast der UETD. Wenig später traten die Osmanen Germania in Bremen zum ersten Mal in Erscheinung. Meiner Meinung nach darf ein radikaler Erdogan-Funktionär, der zum Kauf von Maschinenpistolen in Deutschland anleitet, nie und nimmer unbehelligt hier auftreten.“ In Bremen forschte außerdem ein Spitzel des türkischen Geheimdienstes (MIT) in den vergangenen Jahren das persönliche Umfeld eines kurdischen Oppositionellen aus. Dem Spion werden Mordpläne vorgeworfen, die Staatsschutzkammer des Landgerichts Hamburg verurteilte ihn letztlich wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit. Derselbe Geheimdienst hat im Jahr 2013 in Paris drei kurdische Politiker*innen kaltblütig hinrichten lassen. Tuncel: „Wir erwarten deshalb von den Sicherheitsbehörden, dass gewalttätige Erdogan-Anhänger als politisch-motivierte Straftäter eingestuft und entsprechend behandelt werden. Militante Erdogan-Unterstützer sind nicht weniger gefährlich als andere gewalttätige Islamisten. Dass die Polizei Bremen erste Treffen der ‚Osmanen Germania‘ mit einem Großeinsatz unterbunden hat, ist deshalb absolut richtig. Die Gefahr, die gerade auch in Bremen von Erdogans Netzwerk für Leib und Leben oppositioneller Türkeistämmiger und Kurd*innen ausgeht ist real. Alle demokratischen Parteien, sowie islamische Verbände und die Zivilgesellschaft müssen klare Kante gegen UETD und andere AKP-Vereinigungen zeigen. Wer Oppositionelle einschüchtert, Straftaten und Verbrechen begeht, von Deutschland aus die Einführung der Todesstrafe fordert und den Aufbau einer Diktatur handfest unterstützt, kann und darf kein Dialogpartner sein.“

http://www.dielinke-bremen.de

07

Prozess gegen türkischen Agenten in Hamburg: Zum Beginn des Prozesses gegen den türkischen Staatsangehörigen Mehmet Fatih S. wegen geheimdienstlicher Agentenaktivität für den türkischen Geheimdienst vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts erklärte Cansu Özdemir, Vorsitzende der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Wir hoffen, dass der Prozess deutlich macht, dass die Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes in Deutschland nicht geduldet werden.“ Es darf nicht weiter hingenommen werden, dass türkische Agenten in Deutschland Oppositionelle verfolgen, einschüchtern oder sogar deren Ermordung planen. Wir erwarten eine umfassende Aufklärung aller Tatvorwürfe. Der Fall Mehmet Fatih S. ist kein Einzelfall: Am 4. Juli informierten die Vorsitzenden der Fraktion Die Linke über die mit größter Wahrscheinlichkeit geheimdienstlichen Tätigkeiten eines weiteren türkischen Staatsbürgers in Hamburg. „Auch diesen Fall haben wir den Hamburger Sicherheitsbehörden gemeldet und mit Dokumenten belegt“, so Özdemir. „Doch bis heute befindet sich Mustafa K. auf freiem Fuß.“

http://www.die-linke-hamburg.de, 7.9. 2017

08

08 Die Zeit des Wegsehens und des Schweigens gegenüber Menschenrechtsverletzungen muss ein Ende haben! Frankfurt.a.M. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 17. November 2016, zum Tagesordnungspunkt 9.2: Solidaritätserklärung mit den Abgeordneten der HDP, den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie den Journalistinnen und Journalisten in der Türkei, sagte die Stadtverordnete Merve Ayyildiz, Linke. Schön und gut, dass die Koalition auf unsere Resolution mit einer eigenen reagiert hat, um einen Vorwand für eine Ablehnung zu haben. Schön und gut, dass Sie selbst die FDP mitnehmen können. Nichtsdestotrotz bleibt Ihre Resolution unklar. Wer ist denn Ihrer unendlichen Weisheit nach unrechtmäßig und wer rechtmäßig verhaftet worden? Wie immer sind Ihre Resolutionen unangekündigt, werden erst kurz vor der Plenarsitzung eingereicht und bleiben diffus formuliert. Dennoch, nicht bloß die Delegationsreise und die Städtepartnerschaft mit Eskişehir sollten der Bezug Frankfurts zur Türkei sein, um auf Solidaritätsbekundung rückzuschließen, sondern vor allem die Tatsache, dass viele Frankfurterinnen und Frankfurter türkische oder kurdische Wurzeln haben und die anhaltende Verhaftungswelle ein weiterer Schlag gegen die demokratischen Kräfte in der Türkei ist. (…)Was derzeit in dem Land geschieht, ist ein Aushöhlungsprozess der dort noch fälschlicherweise als Demokratie bezeichneten Strukturen. Nach dem sechsstündigen Putschversuch des Militärs wurde nun ein passender Vorwand gefunden, um unter dem Tarnmantel eines Ausnahmezustandes, der kontinuierlich verlängert wird, Erdogans Präsidialdiktatur zu forcieren. Vor diesem Hintergrund sägt er weiter an den Säulen der Demokratie und baut sein autoritäres Regime weiter aus. Die Türkei ist fern jeder Rechtsstaatlichkeit. Tagtäglich steigt die Anzahl der Repressionen, Kommunen werden unter Zwangsverwaltung gestellt. Heute kamen gleich vier weitere dazu, sodass die Gesamtzahl auf 30 Gemeinden gestiegen ist. Akademikerinnen und Akademiker, Beamte aus etlichen Bereichen werden zu Zehntausenden suspendiert und sind ebenfalls der Strafverfolgung ausgesetzt. (…)Daher ist es notwendig, dass sich demokratische Kräfte aus aller Welt solidarisch mit denen in der Türkei erklären, um ein klares Zeichen im Namen der Menschenrechte zu setzen. (…)Gleichwohl gilt es, die Waffengeschäfte mit der Türkei einzustellen und sich nicht eine goldene deutsche Nase am Aufbau der türkischen Diktatur zu verdienen. Nicht bloß auf Bundesebene, nicht bloß auf Landesebene, sondern gerade als Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sollten wir unserer Verantwortung gerecht werden und den demokratischen Kräften in der Türkei unsere Solidarität aussprechen. Ob es der Schriftsteller, die Journalistin, die Lehrerin, der Beamte, die Vorsitzenden der HDP, die demonstrierenden Jugendlichen oder protestierende Gewerkschaften sind, sie sind nicht allein. Wir werden dieser verheerenden Entwicklung in der Türkei nicht tatenlos zusehen. Can Dündar, der Chefredakteur der ältesten türkischen Zeitung Cumhuriyet, wurde wegen des Berichtens über die Waffenlieferung zwischen Ankara und dem IS verhaftet. Um den Kern unserer Verantwortung in seinen Worten zu nennen: „Besorgt sein hilft uns nicht.“

http://www.dielinke-im-roemer.de

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Angriffe und Einschüchterungsversuche gegen türkischstämmige Linke: Kassel. Die Kasseler Linke verurteilt den Angriff auf den stellvertretenden Ortsvorsteher in Nord-Holland, Ali Timtik, am vergangenen Samstag. Herr Timtik wurde verbal und körperlich äußerst aggressiv bedroht. Nach der Kundgebung der Linken mit Katja Kipping am vergangenen Samstag, wurde der stellvertretende Ortsvorsteher in Nord-Holland Ali Timtik von türkischen Passanten mit nationalistischer und islamistischer Gesinnung angegriffen. Der Anlass des Angriffs war die Nähe Timtiks zur Erdogan-kritischen Partei HDP, der Schwesterpartei der Linken in der Türkei. Die Täter beschimpften den linken Kommunalpolitiker als „PKK-Terroristen“ und „linken Vaterlandsverräter“. Als sie handgreiflich werden wollten, ging ein Passant dazwischen. Dieser wurde daraufhin ebenfalls bedroht. „Diese Aktion zeigt wieder wie gefährlich dieses politische Lager der Islamisten und türkischen Nationalisten in Kassel ist. Mit bedrohlichen Sätzen wie: „Wir wissen wer Du bist und was deine Ziele sind!“ zeigen sie, dass nicht nur Einzelpersonen hinter diesen Drohungen stecken, so Ali Timtik. „Daran zeigt sich einmal mehr, wie gefährlich es ist die türkischen Rechten im Kampf um Wählerstimmen zu hofieren, wie Herr Hilgen und Herr Geselle dies im Vorfeld der letzten Wahlen getan haben, und ihnen damit das Gefühl zu geben ihre nationalistische Politik sei akzeptierter Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens“, kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Kasseler Linken, Lutz Getzschmann. Einschüchterungsversuche, verbale und körperliche Attacken gegen säkulare, progressive und linke politische Aktivisten mit türkischem Migrationshintergrund hätten in der letzten Zeit auch in Kassel zugenommen. Diesen reaktionären nationalistischen und islamistischen Kreisen müsse klar signalisiert werden, dass ihre Versuche, gegen oppositionelle und kritische Stimmen vorzugehen, nicht toleriert werden, so Getzschmann weiter. Sowohl Ali Timtik als auch der zu seiner Hilfe gekommene Passant erstatteten Anzeige bei der Polizei.

https://kasseler-linke.de/

10

10 AKP-Veranstaltung in Bremerhaven abgesagt: Die sog. UETD (Union Europäisch-Türkischer Demokraten), eine Vorfeldorganisation der türkischen Regierungspartei AKP, hat die Abgeordnete Sama Kırcı aus Ankara für eine Veranstaltung nach Bremerhaven eingeladen. Die UETD lädt regelmäßig AKP-Abgeordnete ein, in Bremen u.a. am 3. Oktober und 20. November 2016. Die UETD ist eine straff organisierte Vereinigung, die offensichtlich über Finanzmittel und Kontakte zu Politik und Wirtschaft verfügt. Sie bezeichnet sich im Wahlkampf für die Präsidialdiktatur Erdogans selbst als „AKP Bremen“. Cindi Tuncel, friedenspolitischer Sprecher der Bürgerschaftsfraktion Die Linke, kommentiert: „Die UETD wurde auch von einigen deutschen Politikern lange genug hofiert. Gerade in Bremen brauchen wir endlich eine klare Haltung zur AKP/UETD. Dazu gehört der überparteiliche Konsens, keinerlei Beeinflussung demokratischer Parteien durch die AKP/UETD zuzulassen. Regelmäßige Auftritte von Bürgerschaftsabgeordneten als Ehrengäste bei der AKP/UETD sind indiskutabel, Wahlkampfhilfe durch die AKP/UETD ebenso. Ich werbe dafür, dass die Bürgerschaft ein klares und gemeinsames Bekenntnis abgibt zum ‚Hayir! – Nein zur Präsidialdiktatur‘: Wenn der Parlamentarismus in der Türkei kurz vor der vollständigen Abschaffung steht, ist ein entsprechend klares Signal der Bürgerschaft nicht zu viel verlangt.“ Die UETD muss ferner auf Verbindungen zum türkischen Geheimdienst und den Attachées in den türkischen Konsulaten geprüft werden – gleiches gilt für Verbindungen zum Amt für religiöse Angelegenheiten (Diyanet) und den angeschlossenen Moscheen und Dachverbänden. Diyanet entsendet Imame nach Deutschland, gegen die die Bundesanwaltschaft wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit ermittelt. Das für Spionageabwehr zuständige Bundesamt für Verfassungsschutz geht von bis zu 6000 haupt- und ehrenamtlichen Spitzeln des türkischen Geheimdienstes MIT in Deutschland aus. Diese sind auch in Bremen aktiv, wie an der Verhaftung eines MIT-Agenten wegen Mordversuchs an einem kurdischen Politiker deutlich wurde. Die Nachricht sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Tuncel: „Hasspredigten der AKP/UETD für Diktatur und Todesstrafe sind hier vollkommen fehl am Platz – erst recht, solange die komplette Parteiführung und tausende Politiker*innen der HDP in der Türkei aus Prinzip inhaftiert sind. Wenn der Journalist Deniz Yücel und tausende weitere als politische Gefangene in Isolationshaft gehalten werden, braucht es hier eine erkennbar pro-demokratische Haltung: In diesem Sinne fordere ich die Absage der Veranstaltung in Bremerhaven als notwendige Ad-hoc-Maßnahme…“

http://www.dielinke-bremerhaven.de, 17.3.2017

11

Die Linke sagt Generalkonsul ab: Essen. Auch Die Linke Essen wird nicht am Empfang der türkischen Botschaft anlässlich des Nationalfeiertages am 30. Oktober teilnehmen. Denn angesichts der aktuellen Entwicklungen steht der 94. Jahrestag der türkischen Republik unter einem schlechten Stern. „Unter Präsident Erdogan entwickelt sich die Türkei immer mehr zu einer Präsidialdiktatur in der bürgerliche Grundrechte außer Kraft gesetzt werden“, so Sonja Neuhaus, Sprecherin des Kreisverbandes Die Linke. „Die Meinungs- und Pressefreiheit wird abgeschafft, willkürliche Verhaftungen sind an der Tagesordnung, die Opposition wird unterdrückt und in den kurdischen Gebieten werden ganze Ortschaften blutig dem Erdboden gleichgemacht.“ Die Linke fordert deshalb einen Kurswechsel der neuen Bundesregierung in ihrer Türkeipolitik. Waffenlieferungen an Erdogan müssen gestoppt, deutsche Soldaten aus der Türkei abgezogen und EU-Hilfszahlungen eingefroren werden.

„Wir begrüßen es, dass der Leiter der Alten Synagoge, Uri Kaufmann die Debatte um den Boykott des Empfanges angestoßen hat, dem sich auch weitere Personen des öffentlichen Lebens angeschlossen haben“, so die Fraktionsvorsitzende Gabriele Giesecke. „Es ist unerträglich, dass neben den anderen üblen Entwicklungen in der Türkei, jetzt auch noch die jüdische Gemeinde dort unter Druck gerät. Wir erteilen allen antisemitischen Tendenzen und der Einschränkung der Religionsfreiheit eine klare Absage. Das Recht auf freie Religionsausübung muss in allen Ländern für alle Religionen gewährleistet werden.“

https://www.linksfraktion-essen.de, 13.10. 2017

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Solidarität mit Gökay Akbulut, Beobachtung sofort beenden! Mannheim. Der Kreisverband Mannheim fordert den Verfassungsschutz auf, die Beobachtung von Gökay Akbulut, MdB aus Mannheim, unverzüglich zu beenden und erklärt seine uneingeschränkte Solidarität mit Gökay! In einem Artikel im Wochenmagazin Focus wurde berichtet, dass unsere Bundestagsabgeordnete für Die Linke aus Mannheim seit einigen Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Der Kreisvorstand der Partei Die Linke. Mannheim weist die vom Verfassungsschutz erhobenen Vorwürfe entschieden zurück und fordert den Verfassungsschutz und den Bundesnachrichtendienst auf, die Beobachtung sofort einzustellen und sämtliche über sie gesammelten Daten, z.B. im Geheimdienstsystem NADIS, ihr umgehend zur Verfügung zu stellen und sie anschließend zu vernichten. Nicht nur sind die im Artikel geäußerten Vorwürfe unwahr, sondern sie kriminalisieren eine seit vielen Jahren engagierte Bürgerin, Stadträtin und Abgeordnete für Die Linke.

Gökay Akbulut hat im Jahr 2012 das im Artikel angesprochenen kurdische Kulturfest nicht organisiert und verantwortet, sondern sie war dort als Dolmetscherin für Selahattin Demirtas, den mittlerweile inhaftierten Co-Vorsitzenden der kurdischen Partei HDP und sie war als Vermittlerin zwischen der Stadt Mannheim und den Veranstaltern auf dem Kulturfest zuständig. Sie hat bei Ausschreitungen im Zuge des Kulturfestes versucht, die angespannte Situation zu beruhigen. Sie hat im Nachgang mehrfach Ausschreitungen während der Veranstaltung bedauert und gleichzeitig – zu Recht – die Vorgehensweise der Polizeikräfte in Bezug auf das Fahnenverbot von kurdischen Organisationen kritisiert. Gökay Akbulut wird aufgrund Ihres Engagements für die Kurdinnen und Kurden von türkischen Nationalisten und Geheimdiensten seit Jahren bedroht und kriminalisiert.

Die Äußerung des Mannheimer Polizeidirektors Dieter Schäfer, Gökay stehe „nicht auf dem Boden unserer Verfassung“ weisen wir entschieden zurück und fordern Herrn Schäfer auf, diese Äußerung zurück zu nehmen und sich bei Gökay Akbulut zu entschuldigen.

http://www.dielinke-ma.de