Aus Politische Berichte Nr. 1/2018, S. 18, • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

dok: RECHTS AUSSEN --- Rosemarie Steffens, Langen, Hessen --- Nachrichten --- Notizen

01 Studie zur Gewaltkriminalität von Flüchtlingen.

02 Fußballvereine ringen mit rechter Hetze.

03 „Querfront“ – Eine notwendige Abgrenzung der Linken. Rüdiger Lötzer, Berlin

01 Studie zur Gewaltkriminalität von Flüchtlingen. Der Gewaltforscher Christian Pfeiffer, ehem. Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, kommt zur gestiegenen Gewaltkriminalität durch Flüchtlinge zu folgendem Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit, dass Flüchtlinge für Gewalttaten angezeigt werden, sei etwa doppelt so hoch wie bei Menschen aus demselben kulturellen und ethnischen Kreis. Sie beruhe auf der erhöhten Sichtbarkeit der Kriminalität von Flüchtlingen. Kriegsflüchtlinge begingen weniger Straftaten. Körperverletzungen und Tötungsdelikte spielten sich primär innerhalb der Szene ab und hingen mit schlechten Wohnbedingungen (z.B. in Turnhallen) zusammen. Perspektivlosigkeit wegen Zurückweisung (nordafrikanische Geflüchtete) sorgten für Gewalt. Je höher der Frauenanteil desto geringer sei die Gewalt der Männer. Familiennachzug sei kriminologisch betrachtet durchaus ein Weg zur Prävention von Gewalt. Zur Macho-Kultur der Gesellschaften, aus denen die Geflüchteten kommen: „1998 hatten wir in Hannover 41 % türkischstämmige Jugendliche, die kernige Machos waren. 2013 sind es nur noch 10 %. Die Gewaltrate geht von 31 auf 13 % zurück – durch eine Bildungsoffensive.“

FAZ, 4.1.2018.

02 Fußballvereine ringen mit rechter Hetze. Der Umgang mit rechten Parolen ist für Fußball-Bundesligisten zum Alltag geworden. Peter Fischer, Präsident der Eintracht Frankfurt, erklärt in der FAZ: „Es verträgt sich nicht mit unserer Satzung, AfD zu wählen. Es kann niemand bei uns Mitglied sein, der diese Partei wählt, in der es rassistische und Menschen verachtende Tendenzen gibt.“ Dirk Mesch, Sprecher von Bayer Leverkusen: „Natürlich screenen wir derartige Dinge in den sozialen Medien. Müll-Posts werden entfernt. Für fremdenfeindliche, rassistische, homophobe oder andere Posts dieser Art ist bei Bayer 04 kein Platz.“ Auch beim 1. FC Köln wird besonders auf Inhalte geschaut. Ähnlich ist es bei Borussia Mönchengladbach. Im Leitbild des FC Schalke 04 steht: „Von uns Schalkern geht keine Diskriminierung oder Gewalt aus.“ RB Leipzig nimmt wie andere Clubs an Projekten wie „Zeig Rassismus die Rote Karte“ und „Nie wieder!“ teil. Die AfD macht sich im Bundestag für die Aufhebung des Gesetzes gegen Hass und Hetze im Internet stark.

Langener Zeitung, 4.1.18.

03 „Querfront“ – Eine notwendige Abgrenzung der Linken

Rüdiger Lötzer, Berlin

Mitte Dezember versammelte sich ein kleines Häufchen Demonstranten vor dem Karl-Liebknecht-Haus, der Parteizentrale der Linken, in Berlin. Thema: Solidarität mit Ken Jebsen, gegen „Zensur“. Parole auf einem der Transparente, via Facebook verbreitet: „Mielke, Merkel, Lederer – 70 Jahre SED sind genug!“ Unter den Demonstranten: Dieter Dehm, Bundestagsabgeordneter der Linken. Ein Redner: Wolfgang Gehrcke, langjähriger außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Linken, inzwischen nicht mehr im Bundestag. Zu einer Gegenkundgebung hatten u.a. die „Emanzipatorische Linke“ aufgerufen, die Grüne Jugend (Berlin und Bund), die Linksjugend (Solid) und das Forum Demokratischer Sozialismus Berlin.

Was war geschehen? Wochen vorher war bekannt geworden, dass Blogger der „Neue Rheinische Zeitung online“ und andere Ken Jebsen, einem früheren RBB-Moderator, der auf YouTube wilde Verschwörungstheorien verbreitet, im Berliner Kino Babylon einen „Karlspreis“ verleihen wolle. Das Kino wird vom Berliner Senat gefördert. Der linke Kultursenator von Berlin, Klaus Lederer, äußerte darauf am 14. November auf Facebook sein Unbehagen über die Veranstaltung: „Wie ich heute erfahren habe, soll im Dezember im Kino Babylon die Verleihung eines Preises für „engagierte Literatur und Publizistik“ an Ken Jebsen stattfinden. Der Preisträger und mehrere an dieser Veranstaltung Beteiligte sind in der Vergangenheit durch offenen, abgründigen Israelhass, die Verbreitung typisch antisemitischer Denkmuster und kruder Verschwörungstheorien in Erscheinung getreten. So die Band „Die Bandbreite“, die mit ihren vor Rechtsesoterik triefenden Texten bis tief in rechtsradikale Milieus wirkt, dort auch aufgetreten ist und sich des Beifalls von NPD bis Jürgen Elsässer versichern konnte. Ich bin entsetzt, dass ein Kulturort in Berlin diesem Jahrmarkt der Verschwörungsgläubigen und Aluhüte eine Bühne bietet. Vom Geschäftsführer des Kinos Babylon würde ich mir angesichts dessen die Courage wünschen, zu sagen: Als Plattform für diesen Wahnsinn stehen wir nicht zur Verfügung.“ Der Geschäftsführer des Kinos versuchte darauf, den Veranstaltern den Vertrag zu kündigen, scheiterte aber vor Gericht.

Ein veritabler Shitstorm in den sozialen Medien war die Folge von Klaus Lederers Intervention. Dieter Dehm, Wolfgang Gehrcke und Christiane Leymann, Sprecherin der Frauen-Arbeitsgemeinschaft der Linken, empörten sich über „Zensur“. Andrej Hunko, Bundestagsabgeordneter der Linken, meinte gar an den Moskauer Schauprozess 1937 gegen Karl Radek erinnern zu müssen, für den der „Querfront“-Vorwurf das Todesurteil bedeutet habe (was laut Wikipedia nicht ganz korrekt ist, aber das nur am Rande). Am 3. Dezember bekräftigte der Parteivorstand der Linken darauf einen Beschluss gegen die Querfront vom 25./26. Mai 2014 und ergänzte: „Die Linke wird mit diesen Kräften grundsätzlich nicht zusammenarbeiten.“ Gleichzeitig solidarisierte sich der PV mit Klaus Lederer. Er erwarte, „dass Mitglieder der Linken diese Kundgebung nicht unterstützen und sich daran nicht beteiligen.“ „Der Beschluss erging mit 18-Ja-Stimmen, sieben Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen. Zweitens richtete sich der Beschluss – soweit er die ‚Querfront-Strategen‘ betraf – gegen etwas, von dem die Linken-Ikone Oskar Lafontaine behauptet, es handele sich um eine Phantasmagorie, um eine Fiktion, um eine ‚Erfindung‘ von Geheimdiensten (CIA? Mossad?)“, berichtete etwas boshaft, aber leider zutreffend die Berliner Zeitung in einer Kritik an Dieter Dehm & Co. (12.12.2017)

Schon einmal hatte sich die Linke mit Ken Jebsen und seinen Fans befasst. Bei den umstrittenen „Mahnwachen für den Frieden“ im Zusammenhang mit der Krise in der Ukraine war Ken Jebsen (der Name ist Pseudonym) 2014 und 2015 neben dem Rechtspopulisten Jürgen Elsässer und dem Zinskritiker Andreas Popp als einer der Hauptredner aufgetreten, Dieter Dehm hatte Gesangsdarbietungen geboten. Wegen der dort beobachteten antiamerikanischen, antisemitischen, rechtsextremen und verschwörungstheoretischen Tendenzen hatte sich die Linke darauf in dem schon genannten Parteivorstandsbeschluss von Mai 2014 von den „Mahnwachen“ abgegrenzt. In dem Beschluss hieß es: „Die Linke distanziert sich unmissverständlich von Aktivitäten von Rechtspopulisten, Nationalisten, Verschwörungstheoretikern und Antisemiten, die die Sorge vor Krieg und Eskalation zum Anlass nehmen, … Querfront-Strategien salonfähig zu machen.“ Bis Mai 2015 trennte sich auch die Friedensbewegung von den Mahnwachen. Einige Nachfolgeinitiativen treten seit 2015 unter Namen wie „Patriotische Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes“ („Pegada“) oder „Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas“ („EnDgAmE“) auf. Dazu gehören Leute wie Klaus Hartmann vom Deutschen Freidenkerverband und Leute der Kölner Arbeiterfotografie. Letztere gehörten nun zum Kreis der „Preisverleiher“ für Ken Jebsen.

Was nun? Halina Wawzyniak, ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linken, schlägt in der „Zeit“ vom 6. Dezember 2017 vor: „Die Partei muss das Problem mit der Querfront demokratisch lösen, nicht administrativ. … Letztlich müssen die Mitglieder entscheiden. Sie können Personen, die der Querfront nahestehen, entweder weiterhin in Ämter und Mandate heben – oder ihnen eine klare Absage erteilen. Im Juni 2018 wird ein neuer Parteivorstand gewählt. Es wird ein Glaubwürdigkeitstest.“ Dem stimmt der Verfasser zu.

Abb. (PDF): Faksimile Parteivorstandsbeschloss

Abb. (PDF): Klaus Lederer