Aus Politische Berichte Nr. 2/2018, S. 2, • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Wahlkalender und Regierungsbildung

Martin Fochler, München

Bereits am 6. Mai werden in Schleswig-Holstein Kreistage, Stadtvertretungen, Gemeindevertretungen gewählt. Am 14. Oktober dann in Bayern Landtag und Bezirkstage, am 28. Oktober der Landtag in Hessen, im Frühjahr 2019 die Bürgerschaft in Bremen und am 26. Mai das Europäische Parlament und die Gemeinderäte in Baden-Württemberg. Bei all diesen Wahlen wird die Entwicklung der AfD die zentrale Frage sein. Die Formierung fremdenfeindlicher und autoritärer Potentiale zur operierenden Organisationen droht auch bei den Betriebsratswahlen zwischen dem 1. März und dem 31. Mai 2018.

Die Merkel-CDU will diese Herausforderung durch gutes Regieren und das Versprechen von Stabilität bewältigen. Diese Strategie ermöglich die Zusammenarbeit mit der SPD. Beide Parteien sind damit aber nicht zufrieden. In der CDU murrt der Wirtschaftsflügel. In der SPD fürchtet man die Erosion der Grundsätze. Einzig die CSU ist rundum zufrieden. Wie dies?

Die CSU kann die Handhabung der ihr zufallenden Ministerien so definieren, dass sie zur Landespolitik passt. Entscheidend dafür ist die neue politische Ausformulierung des Heimatgefühls. Die Formel hat zwei sehr unterschiedliche Komponenten.

Die hiermit angesprochene Gefühlswelt erlaubt viele Übergänge und Brückenbindungen zu identitären Potentialen. Mit dem bayerischen Integrationsgesetz, das die Durchsetzung einer Leitkultur als Staatsaufgabe festschreibt, wird im breiten Publikum nationalistische Überheblichkeit gefördert. Auf diesem Wege trägt die CSU zur Verbreiterung der Stimmung bei, aus der die AfD entstand. Ob das zu Rückstrom von AfD-Wählern in Richtung CSU oder zu einer Abwanderung von CSU-Wählern in Richtung AfD führt, ist völlig offen.

Bei der von der CSU neu formulierte Heimat-Strategie geht es aber auch um Verwaltungshandeln, um Stabilisierung von Existenzen im ländlichen Raum. Der Zugang zur Datentechnik, die verkehrliche Anbindung, die gezielte Platzierung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge und, nicht zuletzt, die Verpflanzung von Behörden, wissenschaftlichen Einrichtungen und Bildungsanstalten sollen ein Umfeld schaffen, in dem sich Unternehmen niederlassen und entwickeln können. Komplementär dazu soll die Förderung von Familienleben im eigenen Heim wirken.

Diese modernisierende Heimatpolitik ist auf die Voraussetzung voller Kassen gebaut, mit dem staatlich angefeuerten Kulturkampf um Leitkultur etc. ist sie über die Haushaltsgestaltung gekoppelt, wenn es nämlich darum geht, für wen oder was Geld da ist und für wen oder was nicht.

Kommt es zur Regierungsbildung auf Basis des Koalitionsvertrags wird sich innerhalb der Regierung ein zähes Ringen um Minima des solidarischen Zusammenlebens von Menschen verschiedenen kulturellen Hintergrunds abspielen. In dieser Konstellation kann die SPD sich bewähren, und diese Aufgabe kann der Partei niemand abnehmen.

In einer CDU/CSU-Minderheitsregierung dagegen kämen die menschenrechtlich-christlich orientierten Unionsteile weit ins Hintertreffen. Die Erarbeitung der Gesetzesinitiativen würde durchgehend rechtslastig. So kommt es auf die SPD an.

In der Regierung kann sie etwas erreichen und präzise zeigen, dass und in welchen Punkten eine Linksverschiebung der öffentlichen Meinung nottut. Das würde auch die Bündnisse, die sich in Kommunen und Ländern links von der Mitte platziert haben, stärken und am Ende sogar den bayerischen Wahlkampf befruchten.