Aus Politische Berichte Nr. 2/2018, S.4, • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Thema: #saveafrin:

01 Die Türkei greift Afrin an – Erdogan will Rojava nicht dulden.

02 dok: Erklärung der Partei der demokratischen Einheit (PYD) zu den Angriffen auf Afrin

03 dok: PKK-Exekutivratsmitglied Murat Karayilan: Erdoğan und al-Qaida sind in Efrîn gescheitert

04 Deutschland liefert von allen europäischen Ländern die meisten Kriegswaffen an die Türkei. Hier nun einige

05 Welche islamistischen Gruppen kämpfen an der Seite der Türkei in Afrin?

06 dok: Offener Brief von 91 Kulturschaffenden, Künstlern und Wissenschaftlern an die Bundeskanzlerin und den Außenminister vom 2. Februar 2018

01

#saveafrin: Die Türkei greift Afrin an – Erdogan will Rojava nicht dulden

Bericht und Dokumentation: Rudolf Bürgel, Karlsruhe

Seit dem 20. Januar greift die Türkei die Region Afrin an. Mit an ihrer Seite kämpfen Tausende Islamisten, die aus anderen Teilen Syriens vertrieben wurden oder aus türkischen Ausbildungslagern kommen. Aber auch am 23. Tag haben es die Truppen Erdogans nicht geschafft, von der türkisch-syrischen Grenze tiefer als fünf Kilometer vorzustoßen und ihre Verluste sind hoch. Mit pausenlosen Beschuss und Bombardement versucht die Türkei die bis dato völlig intakte Infrastruktur Afrins zu zerstören. Die Ziele sind Krankenhäuser, Schulen, Staudämme, Radio- und TV-Sender und Wohnviertel aber auch archäologische Zeugnisse aus der griechischen und der römischen Periode.

Afrin ist einer der Kantone Rojavas. Alle Versuche von IS, Al-Qaida und auch der Türkei, Afrin zu besetzen, konnten von der YPG (= bewaffnete Einheiten der kurdischen PYD) zurückgewiesen werden. So war Afrin zu einer der wenigen befriedeten Gegenden Syriens geworden. 300 000 Flüchtlinge haben sich dorthin gerettet. Es ist eine sehr stabile Region, die sich selber versorgen kann. Und sie ist – auch durch die Geländestruktur – gut zu verteidigen.

Afrin ist eine beispielhafte Region. Es leben hier Menschen mit unterschiedlichsten ethnischem Hintergrund wie Kurden, Turkmenen, Armenier, Aramäer oder Araber und mit unterschiedlichsten Religionen wie Christen, Alawiten, Jeziden oder Muslime. Für Rojava hatte Afrin die Vorreiterrolle für ein demokratisches Zusammenleben. Die Region ist Ausdruck für das, was die PYD sich für den Aufbau eines demokratischen Syriens vorgenommen hat.

Türkei bekommt grünes Licht

Vor Beginn des Angriffs hat Russland der Türkei grünes Licht für den Angriffskrieg gegeben. Dazu hat es seine Verbindungsoffiziere aus der Region Afrin und Aleppo abgezogen. Ebenso haben sich Nato und USA verhalten. Für den Kampf gegen den IS waren die Kurden der YPG gut genug. Jetzt geht es um die Einflusszonen und die mögliche Neugestaltung Syriens. Da will neben dem Iran die Türkei mitmischen.

Ihr Angriff richtet sich gegen die PYD und ihre bewaffneten Kräfte der YPG. Er richtet sich gegen die Schaffung einer demokratischen Alternative im mittleren Osten. Bis heute hat dieser Überfall Hunderten Zivilisten das Leben gekostet und Tausende haben ihre Häuser verlassen.

Skandalöse Verwicklung der Bundesregierung

Eigentlich müsste das schon reichen, um für die Rettung Afrins und Rojavas einzutreten. Aber es wird geradezu skandalös, wenn die Bundesregierung, die Bundeskanzlerin und besonders der frühere Wirtschaftsminister und heutige provisorische Außenminister Gabriel und seine Amtskollegin von der Leyen aus dem Verteidigungsministerium nicht einmal Anstalten machen, den Einsatz deutscher Waffen, Leopard-Panzer, Daimler-Lkws und Unimogs, Handfeuerwaffen, Raketensysteme, Munition usw. zu verurteilen und zu unterbinden. Erdogans Generalstab hat bekanntgegeben, dass der türkische Angriff mit AWACS-Aufklärungsflügen der Nato unterstützt wird. Das bedeutet, dass die in Konya zu diesem Zweck stationierte Bundeswehr auch direkte Hilfe bei diesem Angriffskrieg leistet. Auf der Bundespressekonferenz haben die Regierungssprecher des Verteidigungsministeriums und der Bundeskanzlerin nicht einmal den Angriff auf Afrin als völkerrechtswidrig gebrandmarkt. Im Januar 2017 hatte Innenminister de Maizière das PKK-Verbot von 1993 auf die syrische PYD und YPG ausgeweitet. Das Zeigen ihrer Flaggen zur Bekundung der Solidarität mit Rojava und Afrin ist in Deutschland unter Strafe gestellt. Kein Protest von kurdischer und linker türkischer Seite geht ohne heftigste Auseinandersetzung mit der Polizei um diese Symbole über die Bühne. Oder Demonstrationen wie der große Protest gegen den Überfall auf Afrin in Köln mit über 20 000 Menschen wird von der Polizei gleich ganz gestoppt und aufgelöst.

Die Bundesregierung ist mit ihrer Politik der Rüstungsexporte an die Türkei und der stillschweigenden Unterstützung des Angriffskrieges auf Afrin schon längst zum Komplizen Erdogans geworden.

Solidarität in Deutschland

So ist es wenigstens erfreulich, dass die Linke sich im Bundestag und auf Kundgebungen und Demonstrationen gegen den türkischen Angriff stellt und Solidarität mit Rojava bekundet. Auch der offene Brief von Kulturschaffenden aus Deutschland an die Bundesregierung, die Kampagne von der Aktion Aufschrei gegen die Waffenlieferungen, von medico gegen die Panzermodernisierung sind Zeichen. Es ist höchste Zeit für ein Ende jeglicher militärischer Kooperation mit der Türkei und für den Stopp der Waffenlieferungen. Der Angriffskrieg gegen Afrin muss geächtet werden. #saveafrin

Informationen über die Lage in Syrien und die Angriffe der Türkei auf Afrin und Rojava können unter folgenden Internetdiensten aus erster Hand erhalten werden:

www.civaka-azad.org Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V., Berlin auch auf twitter und facebook

www.anfdeutsch.com/ Kurdische Nachrichtenagentur ANF und Firatnews, auch auf twitter

https://twitter.com/ICafrinresist Informationen auf Englisch aus der Region Afrin

Kampagne medico international gegen den Panzerdeal mit der Türkei: https://www.medico.de/kampagnen/kein-panzerdeal/

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dok: Erklärung der Partei der demokratischen Einheit (PYD) zu den Angriffen auf Afrin

Am 1. Februar 2018 gab der Parteirat der PYD vor dem Parteigebäude in der Stadt Qamişlo eine Erklärung zu den Angriffen des türkischen Staates auf den nordsyrischen Kanton Afrin ab. Im Folgenden veröffentlichen wir den vom PYD-Sprecher Ciwan Mistefa vorgetragenen Aufruf an die internationale Gemeinschaft:

„Seit circa zwei Wochen hält der Widerstand der Epoche an. Die YPG, YPJ und SDF leisten gemeinsam mit der Gesellschaft Widerstand. Die türkische Besatzerarmee und die 25 000 Al-Qaida-, Al-Nusra- und IS-Terroristen greifen Zivilisten an und benutzen modernste militärische Technologie, Napalm- und Streubomben, deren Nutzung verboten ist.

Die Besatzer greifen gezielt Moscheen, Kirchen, Gesundheitszentren, Schulen und Infrastruktur an. Bisher sind mehrere hundert Zivilisten, darunter überwiegend Kinder und Frauen, gefallen oder wurden verletzt. Ferner sind die meisten Opfer Flüchtlinge, die aus anderen Gebieten Syriens nach Afrin kamen. … Ferner will sie den IS in der Region wiederbeleben und eine ethnische Säuberung durchführen. Der türkische Staat und der IS agieren nach gleicher Gesinnung und nutzen die gleichen Methoden. Der IS hat Palmyra zerstört, die türkischen Besatzer zerstören historische Orte wie Huri, Seman und Ayn-Dara.

Der Parteirat der PYD begrüßt den ‚Widerstand der Epoche‘ in Afrin. … Wir verurteilen das Schweigen der internationalen Gemeinschaft gegenüber der Barbarei der türkischen Armee und die mit ihnen verbündeten Terroristen. Das andauernde Schweigen der internationalen Gemeinschaft kommt dem Zustimmen der Massaker gleich. Andernfalls wäre das skrupellose Morden der türkischen Armee nicht denkbar.

Wir rufen alle Parteien und Kräften in Kurdistan, Syrien und der Welt auf, den Widerstand in Afrin zu unterstützen. Der Widerstand von Afrin ist der Widerstand der Völker Kurdistans und Syriens. Die demokratische Lösung durch eine demokratische Föderation lassen die faschistischen Mächte wie den türkischen Staat aufschrecken. Aber jetzt ist die Zeit des demokratischen Wandels, in dem alle demokratischen Kreise gewinnen werden. Wir rufen alle Kreise dazu auf, den Widerstand von Afrin zu unterstützen und unseren Gefallenen gerecht zu werden. Der Sieg wird dem Widerstand der Epoche in Afrin sein.“

Quelle: www.civaka-azad.org

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dok: PKK-Exekutivratsmitglied Murat Karayilan: Erdoğan und al-Qaida sind in Efrîn gescheitert

In einem Interview mit ANF erklärte Murat Karayilan, dass die Kräfte Erdoğans und seine al-Qaida-Verbündeten in Efrîn vollkommen gescheitert seien. Karayilan kritisierte darüber hinaus Russland und das syrische Regime, dem türkischen Invasionsversuch zugestimmt zu haben. „Der Angriff auf Efrîn durch den türkischen Kolonialstaat findet im Zusammenhang mit den Astana-Treffen und der aktiven Zustimmung Russlands statt. Wir haben verstanden, dass der Türkei diese Erlaubnis als Gegenleistung für einen Teil von Idlib und ökonomischen Vorteilen gewährt worden ist“, so Karayilan.

Laut Karayilan billigte die von den USA geführte internationale Koalition den Angriff der Türkei auf Efrîn, entgegen der Ablehnung einiger ihrer Mitglieder. Karayilan forderte die internationalen Mächte und insbesondere Russland dazu auf, eine Linie zwischen sich und dem türkischen Kolonialismus und seiner Völkermordpolitik zu ziehen.

Hier einige Auszüge aus Karayilans Interview:

„Tatsache ist, dass sie laut Erdoğans Erklärung geplant hatten, die Invasion von Efrîn innerhalb einer Woche abzuschließen. Diese Pläne sind vollständig gescheitert. Die türkische Armee und die al-Qaida-Kräfte konnten keinerlei Gewinne machen, obwohl die Operation schon 19 Tage andauert. Ihr weitester Einmarsch reicht gerade mal fünf Kilometer [ins Territorium von Efrîn]. Am Burseya Berg kamen sie 150 Meter weit. Und danach behaupten sie: ‚Wir betreten Efrîn, es ist nicht mehr weit‘. Aber das ist nicht wahr.“

„Die Verluste der al-Qaida-Banden liegen bei 350, die türkische Armee hat etwa 200 Soldaten verloren [Stand 19. Tag der Operation]. … Die Verluste der YPG liegen bei unter hundert Kämpfer*innen.“

Quelle: ANF, 10.2.2018, https://anfdeutsch.com/kurdistan/murat-karayilan-erdogan-und-al-qaida-sind-in-efrin-gescheitert-2287

Abb. (nur im PDF): HDP-Kongress am 11. Februar in Ankara: Zehntausend Menschen in und Tausende vor der Halle skandieren „Es lebe der Widerstand in Afrin“. An dem Kongress nehmen auch die linken Europaparlamentarierinnen Gabi Zimmer und Martina Michels teil.

Abb. (nur im PDF): Karte afrin

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Deutschland liefert von allen europäischen Ländern die meisten Kriegswaffen an die Türkei.

Hier nun einige Daten: Von den Bundesregierungen wurden in dem Zeitraum von 2001 bis 2015 Exportgenehmigungen für Waffensysteme im Wert von 2.162.923.945 Euro an die Türkei erteilt. Das geht aus den von CAAT ausgewerteten Exportberichten hervor. Aufgeschlüsselt sind folgende Rüstungsgüter geliefert worden (Werte gerundet in Euro):

Fahrzeuge, Panzer: 796 Mio. • Kriegsschiffe: 316 Mio. • Verschiedene Systeme: 291 Mio. • Elektr. Geräte: 123 Mio. • Sprengkörper: 121 Mio. • Feuerleiteinrichtung: 115 Mio. • Munition: 78 Mio. • Schutzgeräte: 52 Mio. • Produktionsgeräte: 50 Mio. • Simulatoren: 38 Mio. • Technologie: 37 Mio. • Kleinwaffen: 28 Mio. • Fluggeräte: 26 Mio. • Bildausrüstung: 23 Mio. • Leichte Waffen, Artillerie: 21 Mio. • Chemische Stoffe: 17 Mio. • Software: 14 Mio. • Unfertige Erzeugnisse: 12 Mio. • Diverse Ausrüstung: 4 Mio. • Sprengstoffe: 193 Tsd.

Das in Bonn ansässige Institut BICC schreibt in seinem Rüstungsexportinfo, dass 2016 aus Deutschland für 83,9 Millionen Euro Triebwerke und Teile für Panzer, Kampfhubschrauber, Flugzeuge und Drohnen sowie Logistiksysteme geliefert wurden. 2017 wurden in den ersten vier Monaten von der Bundesregierung Genehmigungen für Rüstungsgüterlieferungen an die Türkei im Wert von 22 Millionen Euro erteilt. In Lizenzproduktion werden in der Türkei von Heckler&Koch G3, MG3, MP5 und HK33 produziert, U-Boote von den Howaldtswerken gebaut, Munition gefertigt sowie Leopard- und US-Panzer umgerüstet. Rheinmetall baut an einer Panzerfabrik bei Istanbul, die den Altay-Panzer fertigen soll. Die Motoren kommen von MTU aus Friedrichshafen, die 120mm Kanonen sind baugleich mit denen des Leopard-2-Panzers. Daimler-Lkws und -Tieflader sowie Unimogs gehören zur Standardausrüstung der türkischen Armee.

Zwischen dem 31. Juli 2017 und dem 15. Januar 2018 wurden Waffenausfuhren in die Türkei im Wert von insgesamt knapp 14 Millionen Euro genehmigt – darunter vor allem Material für militärisches Fluggerät in Höhe von 3,8 Millionen Euro sowie Landfahrzeuge im Wert von fast drei Millionen Euro, aber auch Kleinwaffen und Munition aus der Kategorie Bomben, Raketen und Flugkörper. Das geht aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf Anfrage der Linksfraktion hervor.

Die türkische Armee verfügt über 2.492 schwere Panzer, darunter 325 Leopard 2 und 397 Leopard 1. Von den 920 M60-Panzern stammt ebenfalls ein Großteil aus den Beständen der Bundeswehr, die mit MTU-Motoren, neuen Kanonen und Panzerungsverstärkung von Rheinmetall umgerüstet wurden. Weitere 2 000 Panzer sind eingelagert.

Die türkische Armee setzt sich als zweitgrößte Nato-Armee zusammen aus: 260.200 Soldaten im Heer, 45.600 bei der Marine, 50 000 bei der Luftwaffe. In Reserve befinden sich 378.700 Soldaten. Die Jandarma verfügt über 152.100 Angehörige und die Küstenwache über 4.700. Alles zusammen befinden sich 512 000 im aktiven Dienst von Armee und Paramilitärs. Diese sind im Wesentlichen mit deutschen Handfeuerwaffen ausgerüstet.

Quellen: http://www.aufschrei-waffenhandel.de/Tuerkei.219.0.html; https://www.caat.org.uk/resources/export-licences-eu/licence.de.html?source=Germany&destination=Turkey; http://ruestungsexport.info/uploads/laender/tuerkei.pdf

Abb. (nur im PDF): Panzer

05

Welche islamistischen Gruppen kämpfen an der Seite der Türkei in Afrin?

An der Seite der Türkei sind 25 000 IS- und Al-Qaida-Mitglieder am Angriff auf Afrin beteiligt. Das „Information Center of Afrin Resistance“ hat eine Übersicht der verschiedenen Al-Qaida-Gruppen zusammengestellt.

Die Sultan Murat Brigade, deren Mitglieder überwiegend Turkmenen sind, ist die am stärksten vertretene Gruppe in den von der Türkei besetzten Gebieten Syriens. Sie bekommen direkte Unterstützung vom türkischen Geheimdienst. Im letzten Jahr erreichte die Gesamtzahl der Gruppenmitglieder ca. zweitausend. Sie besitzen leichte, mittlere und schwere Waffen sowie amerikanische Taw-Waffen (modernes Panzerabwehrsystem). Die Gruppe wurde vom türkischen Staat zudem mit zahlreichen Panzern ausgerüstet.

Die Uleiman Shah Brigade: Unter der Führung des Gruppenführers Abu Emsha setzt sich diese Gruppe aus 300 Mitgliedern zusammen, die größtenteils aus Hama stammen. Bilder ihrer Angriffe auf Efrin zeigen, dass sie leichte und mittlere Waffen benutzen und offen Al-Qaida-Symbole tragen.

Obwohl das Fatih-Sultan-Mehmet-Bataillon überwiegend aus Turkmenen besteht, gehören ihm auch türkische Mitglieder an. Während diese Gruppe früher in den östlichen Bezirken von Aleppo stationiert war, zogen sich ihre Mitglieder schließlich in die zum Teil von der Türkei kontrollierten Shahba-Region zurück. Die Gruppe, die auch an der Besatzungsoperation „Euphrates Shield“ in Nordsyrien teilnahm, besteht aus ca. 300 Mitgliedern.

Die Samarqand Brigade besteht aus fast 300 turkmenischen Mitgliedern, die hauptsächlich aus den ländlichen Gebieten von Aleppo kommen und über keinen festen Stützpunkt verfügen. In den letzten Monaten wurden die Mitglieder der El-Efad- und Samarqand-Gruppen von Ankara kontinuierlich ausgebildet. Sie erhalten 300 US-$ pro Monat und erhalten all ihre Befehle direkt vom türkischen Staat.

Ahrar Al-Sharqiya umfasst hauptsächlich Mitglieder des Al Shihatata-Stammes, die aus der ostsyrischen Region Dêra Zor nach al-Bab gewandert sind. Die 700 Mitglieder umfassende Gruppe aus al-Bab ist bekannt für ihren Drogenkonsum. Alle ihre Mitglieder wurden von der Türkei ausgebildet.

Nach vielen internen Konflikten besteht Faylaq al-Sham heute aus einem Bataillon von 500 Mitgliedern, das derzeit in der nordsyrischen Stadt Ezaz stationiert

23 Kräfte: Die Gruppe besteht aus 300 Mitgliedern Sie wird derzeit an der Şex Isa-Front gegen die Syrian Democratic Forces (SDF) eingesetzt. Unter Einbeziehung vieler ausländischer Mitglieder hält die Gruppe ihre monatlichen Treffen in Mari ab. Sie erhält direkte Unterstützung vom türkischen Staat

Sigor Al-Cebel: Nachdem sie von Jabhat Al-Nusra aus Idlib vertrieben wurde, zog diese Gruppe später weiter in den ländlichen Norden von Aleppo. Sie besteht aus 1.900 Mitgliedern, darunter viele Ausländer. Unterstützt wird die Gruppe durch den türkischen Staat. Ausgebildet wurden ihre Mitglieder von Katar. Die Gruppe ist im Besitz von Taw-Waffen (modernes Panzerabwehrsystem). Ihre Treffen finden in der türkischen Stadt Kilis statt.

Al Mistefa-Regimente: Mit 500 Mitgliedern hält diese Gruppe all ihre Treffen in der Türkei ab und wird logistisch vom türkischen Staat unterstützt.

Jabhat al Shamiyah: Die Gruppe besteht aus 1 000 Mitgliedern verschiedener dschihadistischer Gruppen und steht in direktem Kontakt mit dem türkischen Geheimdienst.

Jabhat al-Nusra (Hay‘at Tahrir al-Sham): Die Gruppe, bekannt als der syrische Flügel von Al-Qaida, wurde Ende 2011 gegründet und ist hauptsächlich in den Gebieten der sogenannten ‚Freien Syrischen Armee‘ (FSA) tätig. Die Gruppe setzt derzeit ihre militärische und politische Zusammenarbeit mit der Türkei im Rahmen der Angriffe auf Afrin fort.

Neben den oben genannten Gruppen gibt es auch einige weniger bedeutende Gruppen, die nur gelegentlich in der Presse erwähnt werden, wie z.B. Siqor Al-Sham, Al-Nikbe, Al-Wekkas Weqas, Em Munteser Billah, Al-Shamal und die „Neunte Spezialeinheit“.

Alle oben genannten Gruppen verwenden Al-Qaida-Symbole auf ihren Fahnen und werden vom türkischen Staat in Syrien derzeit im Krieg gegen Afrin eingesetzt.

Quelle: civaka-azad.org

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dok: Offener Brief von 91 Kulturschaffenden, Künstlern und Wissenschaftlern an die Bundeskanzlerin und den Außenminister vom 2. Februar 2018

Sehr geehrte Frau Dr. Merkel, sehr geehrter Herr Gabriel,

wir, Kulturschaffende, Wissenschaftler_innen, Künstler_innen fordern Sie dazu auf, eindeutig Stellung zu beziehen.

Seit dem 20. Januar beschießt die türkische Armee den Kanton Afrin. Dabei kommen auch Leopard-2-Panzer zum Einsatz. Die bei den militärischen Operationen als Vorhut eingesetzten irregulären Kämpfer stammen aus djihadistischen Kampfverbänden.

Der Kanton Afrin ist einer der drei Kantone der Demokratischen Föderation Nordsyrien, in der der Versuch unternommen wird, unter Kriegsbedingungen eine demokratische Gesellschaft aufzubauen, die auf einem ethnischen, religiösen und politischen Pluralismus mit kompromissloser Geschlechtergerechtigkeit beruht. Wir sind uns bewusst, dass dieser Versuch nicht ohne Widersprüche von statten geht. Dennoch: Den zivilgesellschaftlichen Aufbruch, der sich in den kurdischen Gebieten ereignet, können wir nur unterstützen – es ist der einzige Demokratieversuch, der in der Region stattfindet. Wir dürfen nicht wegsehen und schweigen, wenn die anderen lokalen Regime diese hoffnungsgebende Entwicklung zu vernichten versuchen – vor allem dann nicht, wenn es sich um die Türkei handelt, unseren Nato-Partner, den Deutschland mit Kriegsgerät beliefert.

Insbesondere im Kanton Afrin halten sich zudem mehrere hunderttausend Flüchtlinge auf, die dort einen sicheren Hafen vor den Grauen des syrischen Bürgerkrieges gefunden haben. „Fluchtursachen bekämpfen“ würde bedeuten, sich dafür einzusetzen, dass diese sicheren Häfen sicher bleiben. Stattdessen sind die Menschen dort jetzt wieder kriegerischer Gewalt ausgesetzt. Ob dabei deutsche Militärtechnologie zum Einsatz kommt oder andere, wird den Menschen, die der Gewalt und dem Sterben ausgesetzt sind, egal sein. Ihnen sollte es nicht gleichgültig sein.

Uns ist bewusst, dass das deutsch-türkische Verhältnis seit geraumer Zeit auf einem Tiefpunkt angekommen ist. Gleichzeitig wissen wir, dass die deutsche Regierung im Versuch, die Flucht von Menschen aus den arabischen Krisenregionen nach Deutschland einzudämmen, auf die Türkei gesetzt hat und weiterhin setzt. Es ist ganz offensichtlich, dass Recep Tayyip Erdogan und seine Regierung das als Freibrief verstehen, ihre politischen Gegner zu entrechten, Minderheiten im Land zu unterdrücken – und nun auch offen einen Krieg gegen die Kurden in Syrien zu führen. Falls Sie der Ansicht sind, dass die so genannten europäischen Werte, die deutsche Politiker_innen gerne im Mund führen, glaubwürdig sein sollen, wenn Sie meinen, dass Demokratie, Völkerrecht und Menschenrechte mehr als Floskeln in Sonntagsreden sind, dann müssen die EU und Deutschland mit allen Mitteln dafür kämpfen, dass die türkische Regierung ihren Angriff in Syrien sofort einstellt.

Sehr geehrte Frau Merkel, sehr geehrter Herr Gabriel, machen Sie dazu Ihren Einfluss geltend. Handeln Sie entsprechend der außenpolitischen Verantwortung, die die EU und Deutschland in der aktuellen Lage haben.

Prof. Dr. Evelyn Anuß, Professorin für Theaterwissenschaft, Freie Universität Berlin und 90 weitere.

http://www.offener-brief-afrin.de/

Abb. (nur im PDF): Demonstration Stoppt Erdogan