Aus Politische Berichte Nr. 5/2018, S. 02b • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Europäische Arbeitsbehörde kommt!

Stephen Schindler, Brüssel

Die neue Behörde erhält den Status einer dezentralen EU-Agentur und fügt sich in die Bestrebungen von Kommissionspräsident Junker ein, die das Ziel verfolgen, der EU eine soziale Fassade zu verpassen, aber derzeit ist noch völlig unklar, was sich hinter dieser Fassade verbirgt. Was bisher auf dem Tisch liegt, ist ein Vorschlag, der Bestehendes unter einem Dach vereint und ein Fundament für Neues legen soll. Die drei Aufgabenbereiche der Behörde sind 1. Information zu grenzüberschreitender Mobilität für Beschäftigte und Unternehmen, 2. Verbesserung der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs zwischen den zuständigen Behörden in den Mitgliedsstaaten sowie die Förderung und Unterstützung bei z.B. Kapazitätsaufbau, gemeinsamen Kontrollen und strategischer Risikoanalyse etc. 3. Schlichtung bei Streitfällen zwischen Mitgliedsstaaten.

Zu diesem Zweck sollen der Behörde beispielsweise das EURES-Arbeitsvermittlungsportal die Europäische Plattform gegen Schwarzarbeit, und die administrative Kommission zur Koordinierung sozialer Sicherungssysteme unterstellt werden. Anhand dessen lässt sich erahnen, dass es künftig Debatten über die Prioritäten der neuen Behörde geben wird. Gewerkschaften befürchten bereits, dass die erhoffte Bekämpfung von grenzüberschreitender Ausbeutung von Beschäftigten entweder nur symbolisch in Angriff genommen werden könnte oder ganz ausbleibt.

Grund dafür ist unter anderem, dass die vorgesehene Möglichkeit zur Vermittlung und Schlichtung zwischen Mitgliedsstaaten durch die Behörde in Fällen von beispielsweise grenzüberschreitender Ausbeutung oder Sozialbetrugs nur dann möglich sein wird, wenn sich beide Mitgliedstaaten im Voraus dazu bereit erklärt haben. Davon wäre kaum Fortschritt zu erwarten, da es bereits jetzt bilaterale Zusammenarbeit zwischen willigen Mitgliedsstaaten gibt. Diejenigen, die sich derzeit weigern, würden ihre Einstellung wohl kaum ändern.

Kritik gibt es auch an der Ankündigung, das EURES-Portal einzugliedern, da der Behörde womöglich die Rolle zukommen könnte, die Werbetrommel für grenzüberschreitende Mobilität zu schlagen, anstatt Ausbeutung und Sozialdumping zu bekämpfen. Potenzielle Gegner strengerer Kontrollen könnten sich diesen Aspekt zunutze machen, um den Schwerpunkt der Behörde von den ernsten Themen abzulenken. Außerdem beschränkt sich die Behörde auf die Bereitstellung von Informationen für Beschäftigte, ohne ihnen jedoch eine direkte Anlaufstelle zu geben, an die sie sich im Fall von unrechtmäßiger Behandlung wenden könnten. Forderungen von Gewerkschaften, eine zentrale Hotline für Whistleblower einzurichten, fanden damit keine Beachtung. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Kommissionsvorschlag ein Schritt in die richtige Richtung ist, falls das Europäische Parlament und der Rat der EU sich dazu durchringen können, das Potential des Vorschlags voll auszuschöpfen.