Aus Politische Berichte Nr. 5/2018, S. 14 • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Die Linksfraktion macht in den Stadtteilen „Mut gegen Armut“

Miriam Craß, Hamburg*

Eigentlich geht es Hamburg doch gut: die Wirtschaft wächst, die Steuern sprudeln. Aber trotzdem – die soziale Spaltung in der Stadt wird immer größer. Von Armut betroffen sind vor allem Erwerbslose, Alleinerziehende und Migrant_innen. Mehr noch: Jedes vierte Kind wächst in Hamburg in Armut auf und fast 17 Prozent der Rentner_innen gelten als arm. Weil die Rente nicht reicht, müssen viele von ihnen weiter arbeiten: Seit 2003 ist die Zahl der Senior_innen mit Minijob um 67 Prozent gestiegen. Und: Armut verteilt sich in Hamburg regional sehr unterschiedlich. Neben Stadtteilen mit einem sehr hohen Durchschnittseinkommen gibt es solche, in denen sich Armut, Sozialhilfebezug und schlechte Wohnverhältnisse konzentrieren. So müssen in Nienstedten nur etwa 0,5 Prozent der Kinder von Mindestsicherung leben und in Blankenese 0,7 Prozent – in Billstedt ist diese Quote etwa 63-mal so hoch.

Die Viertel, in denen arme Hamburger_innen leben, sind auch die am stärksten lärm- und schadstoffbelasteten mit weniger Infrastruktur und einer schlechteren Gesundheitsversorgung. Zum Beispiel kümmert sich in Othmarschen ein_e Kinderärzt_in um 995 Kinder, in Jenfeld dagegen um 4.937 – fünfmal so viel. Im Stadtteil Eimsbüttel gibt es 36 Frauenärzt_innen, in Steilshoop gar keine.

Um mit Betroffenen, Engagierten und Initiativen über diese Missstände zu diskutieren, geht die Fraktion Die Linke seit letztem Herbst mit ihrer Veranstaltungsreihe „Mut gegen Armut“ in die Stadtteile. Dabei zeigt sich: Es gibt viel zu bereden! Seit November letzten Jahres haben mehrere hundert Hamburger_innen zehn Veranstaltungen der Reihe besucht und die unterschiedlichen Aspekte und Auswirkungen von Armut in Hamburg diskutiert: Wie zeigt sich Armut von Kindern und Jugendlichen in Steilshoop? Wie wohnt es sich in Eidelstedt? Wie gelingt gute Integration in Eppendorf? Wo ist der politische Handlungsbedarf besonders groß? Welche Konzepte zur Bekämpfung von Altersarmut gibt es? Wie gelingt eine gute Gesundheitsversorgung in allen Stadtteilen?

Unter dem Motto „Soziale Infrastruktur – was brauchen wir im Stadtteil“ lud die Linksfraktion zum Beispiel Anwohner_innen und Vertreter_innen sozialer Einrichtungen in Billstedt ein. Statt Spielhallen und Shisha-Bars braucht es Angebote für Kinder und Jugendliche, Übungsräume sowie freie Räume für Meinungsaustausch und Mitgestaltung, so der Tenor des Publikums. Jugendliche müssen weit fahren oder treffen sich im Billstedt-Center, weil es an Angeboten fehlt. Hier gilt aber: Wer nicht konsumiert, muss gehen. Zwar habe es keine direkten finanziellen Kürzungen gegeben, so die Podiumsgäste, aber die finanzielle Ausstattung der Einrichtungen sei an die laufenden Kosten in den letzten zwanzig Jahren nicht angepasst worden. Konkret bedeutet dies dann doch Personalmangel in den Einrichtungen und weniger Geld für Honorare. So haben die meisten Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit weniger als zwei Vollzeitstellen, viele sogar weniger als eine.

Zum Ende der Veranstaltungsreihe kehrt die Fraktion am 23. Mai zu einem Fachtag zurück ins Rathaus, um die Ergebnisse zusammenzuführen. Ziel ist es, Eckpunkte für ein Armutsbekämpfungsprogramm für Hamburg zu formulieren.

Mehr Informationen dazu unter www.linksfraktion-hamburg.de/event/mut-gegen-armut-politische-perspektiven-fuer-ein-sozialeres-hamburg-fachtag/

* Dieser Artikel ist mit freundlicher Genehmigung entnommen aus dem BürgerInnenbrief der Abgeordneten Heike Sudmann und Christiane Schneider. http://www.linksfraktion-hamburg.de/?s=B%C3%BCrgerInnenbrief

Abb. (PDF): Veranstaltungsfotos