Aus Politische Berichte Nr. 5/2018, S. 24a • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

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Diskussionspapier: Wie die anderen Fraktionen mit der AfD im Bundestag umgehen sollten

Das Progressive Zentrum* hat im Februar ein Diskussionspapier zum Umgang mit der AfD im Bundestag veröffentlicht (http://www.progressives-zentrum.org/afd). Hier der auf der Internetseite veröffentlichte Auszug aus dem aktualisierten Discussion Paper mit insgesamt fünf Beobachtungen und 15 Empfehlungen:

Keine gemeinsamen Initiativen!

Es wird in den Bundestagsdebatten dazu kommen, dass die AfD Initiativen unterstützt oder in der Diskussion applaudiert. Abgeordnete sollten sich davon nicht durcheinanderbringen lassen. Stattdessen sollten sie klarmachen: Es gibt keine Zusammenarbeit mit der AfD in inhaltlichen Fragen! Anträge sollten nicht durch Alternativanträge aufgewertet werden und nicht jede Initiative sollte durch Resonanz aller anderen Fraktionen im Parlament geadelt werden.

Stellt die AfD in Alltagsfragen und gewährt ihr keine neuen Politikfelder!

Der Bundestagswahlkampf hat es gezeigt und auch die Erfahrungen in den Landesparlamenten legen es nahe: Die diskursive Ausgrenzung der AfD ist gescheitert. Die anderen Fraktionen müssen sich mit den Inhalten und Personen auseinandersetzen, statt die Wählerinnen und Wähler der AfD anzufeinden.

Progressive sind dann erfolgreich, wenn sie gute eigene Antworten geben und so die Nachfrage der Wählerinnen und Wähler nach populistischer Politik klein halten. Eng damit verknüpft ist, dass man der AfD keine neuen Profilierungsfelder einräumen darf.

Auch die Bestrebungen der AfD durch eine kleine Gewerkschaft in den Betrieben Fuß zu fassen, muss beobachtet werden. Damit wollen die Rechtspopulisten ihren Markenkern ergänzen. Seid achtsam! Erledigt die Dinge und kümmert Euch um die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger!

Zeigt mehr Präsenz!

Präsenz vor Ort ist für die etablierten Parteien und ihre Fraktionen ein wesentlicher Bestandteil im Umgang mit dem Rechtspopulismus. Damit das Vertrauen der Bevölkerung durch Präsenz zurückgewonnen werden kann, muss über andere Formen der Wahlkreisarbeit nachgedacht werden. Angelehnt an der Quartiersarbeit sollten dort neue Initiativen ausprobiert werden, wo politische und gesellschaftliche Beteiligung niedrig und die sozioökonomischen Strukturen schwach sind.

Progressive Abgeordnete und Fraktionen sollten ihre lokalen Büros als physische Zeichen gegen die gefühlte Repräsentationslücke begreifen. Wenn sich Bundestagsabgeordnete und ihre Büros wieder als Andockstelle für zivilgesellschaftliches Engagement verstehen und die Bürgerinnen und Bürger vor Ort in gesellschaftliches Zusammenleben einbinden, kann verlorenes Vertrauen durch konkrete Aktion zurückgewonnen werden. Dafür müssen Abgeordnete aber erst einmal wieder in den betroffenen Regionen vertreten sein. Die teilweise erschütternden Wahlergebnisse und die niedrige Zahl von Parteimitgliedern in diesen Regionen zeigen, wie schwer dieser Weg sein wird. Deswegen bedarf es neuer Bündnisse und auch Änderungen der Parteistrukturen.

* Selbstdarstellung: „Das Progressive Zentrum ist ein unabhängiger und gemeinnütziger Berliner Think Tank, der 2007 gegründet wurde. Ziel des Progressiven Zentrums ist es, gemäß dem Dreiklang „Vordenken – Vernetzen – Streiten“ fortschritts- und innovationsorientierte Politikideen in die öffentliche Debatte und auf die politische Agenda zu bringen. Dabei beziehen wir besonders junge, verantwortungsbewusste VordenkerInnen und EntscheidungsträgerInnen aus Deutschland und Europa in progressive Debatten ein. Gemäß unserem Mission Statement wollen wir dazu beitragen, neue Netzwerke progressiver Akteure unterschiedlicher Herkunft zu stiften und eine tatkräftige Politik für den ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Fortschritt mehrheitsfähig zu machen. Vor dem Hintergrund unserer Überzeugungen entwickelt das Progressive Zentrum gemeinsam mit Akteuren aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Nichtregierungsorganisationen in verschiedenen Projekten progressive Ideen und erarbeitet praxisorientierte Handlungsempfehlungen.“

Der Autor des Discussion Paper Fedor Ruhose ist Policy Fellow bei Das Progressive Zentrum und beschäftigt sich dort schwerpunktmäßig mit der Zukunft der Demokratie und Bund-Länder Beziehungen. Hauptberuflich ist Fedor Ruhose Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz. Davor war der Diplom-Volkswirt in unterschiedlichen Funktionen im Leitungsstab der Ministerien für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau sowie für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz tätig.