Aus Politische Berichte Nr. 6/2018, S. 02a • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

US-Import-Sonderzölle – EU klagt bei der WTO

Christoph Cornides, Mannheim

Zum 1. Juni 2018 sind die Sonderzölle der USA auf Importe aus der EU von Stahl (25%) und Aluminium (10%) in Kraft getreten. Diese Importzölle für Stahl und Aluminium gelten auch für Kanada (den größten Stahllieferanten der USA) und Mexiko. Alle drei Länder bzw. Ländergruppen halten diese US-Maßnahme für „rechtswidrig“.

Nach seinem Regierungsantritt hatte Trump den Außenhandel der USA auf „unfaire Handelsbeziehungen“ aus Sicht der USA untersuchen lassen, also auf solche, bei denen produktbezogen die US-Importe größer sind als die Exporte. Zu angedrohten möglichen weiteren Maßnahmen der US-Regierung gehören daher auch Sonderzölle auf Kraftfahrzeug-Importe in die USA.

Das generelle Ziel der Erhebung von Sonderzöllen auf Importe in die USA ist – ganz unabhängig von der begleitenden Rhetorik Trumps – unschwer zu erkennen: Senkung des US-Handelsbilanzdefizits. (s. Grafik) Ob allerdings die Maßnahmen der Sonderzölle auf Importe, also de facto einer protektionistischen Schutzzollpolitik für US-amerikanische Produkte, dazu geeignet sind, ist stark umstritten und zu bezweifeln. Der US-amerikanische Markt ist der größte Binnenmarkt der Welt. Zwischen den Restriktionen von Importen und einer relevanten Steigerung der Produktion und des Absatzes im Land und auf dem Weltmarkt von US-amerikanischen Produkten gibt es keinen unmittelbar zwingenden Zusammenhang.

Darüber hinaus wirft die Trump-Regierung der EU vor, eigene Handelshindernisse aufzubauen, z.B. in Sachen Datenschutz gegen Facebook und Google. Als offizielle, eher abenteuerliche Begründung für die Sonderzölle aber bemüht die US-Regierung die „nationale Sicherheit“. Mit deren Bedrohung kann der Präsident Sondermaßnahmen wie diese Sonderzölle anordnen. Zugleich verfolgt die US-Regierung ihren Kurs des „Bilateralismus“ auch auf diesem Feld, um die Position von kooperierenden Handelskontrahenten zu schwächen.

Die EU will gegen die US-Sonderzölle zweierlei Maßnahmen ergreifen. Zum einen die Durchsetzung von „Vergeltungszöllen“. Die sollen auf Produkte wie Whiskey, Erdnussbutter, Motorräder, Jeans aber auch auf US-amerikanische Stahlerzeugnisse wie Schiffe und Boote erhoben werden.

Zum anderen will die EU vor der Welthandelsorganisation (WTO) klagen und gleichzeitig gegen die Verletzung von Urheberrechten durch China Klage erheben. Die WTO (World Trade Organization) mit Sitz in Genf, wurde 1995 gegründet. Sie löste das 1947 eingerichtete Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen „Gatt“ (General Agreement on Tariffs and Trade) ab. Ein wesentlicher Grund für diese Ablösung war, dass der internationale Handel zunehmend auch Dienstleistungen und geistige Eigentumsrechte (Patente, Marken) umfasste.

Von derzeit 192 Ländern gehören 142 der WTO an. Ihre wirtschaftliche Reichweite ist bedeutend. Schon im November 1999 erreichte sie mit ihren damals 135 Mitgliedern 90 Prozent des Welthandels, inzwischen gehört auch China zur WTO. Die WTO hat verschiedene gemeinsame Institutionen und verbindende Vertragswerke. Sie schafft kein unmittelbar geltendes Recht in den Mitgliedstaaten, aber sie fördert die Entstehung von multilateralen Abkommen und überwacht das bestehende Vertragswerk zwischen den Staaten. Die WTO befasst sich neben den sog. „tarifären“ Handelsbeschränkungen (Zölle) auch mit den „nicht-tarifären“ Handelsbeschränkungen (z.B. umweltrechtlichen, gesundheitlichen, hygienischen Vorschriften). Deutschland bewegt sich also auf dünnem Eis mit der Beteiligung an der EU-Klage gegen US-amerikanische Zollpolitik, nachdem die deutsche Automobilindustrie „nicht-tarifäre“ US-Normen unterlaufen und mit krimineller Energie auch mittels Betrug fortgesetzt Handelsüberschüsse eingefahren hat.

Die gegenwärtigen europäischen und internationalen Ungleichgewichte von Produktion, Produktivität, Waren- und Dienstleistungsverkehr, Kapital- und Finanztransfers führen auch zu politisch-rechtlichen Ausgleichsanforderungen. Dass die EU mit der Klage bei der WTO gemeinsame internationale Institutionen gegen einseitige Maßnahmen der Trump-Administration zur Klärung anruft, liegt nahe, beinhaltet aber auch die Bereitschaft zu neuen Vereinbarungen von Seiten der EU. Dabei werden die permanenten deutschen Handelsüberschüsse mit Sicherheit kaum außer Betracht bleiben.

Quellenhinweise: FAZ, Handelsblatt, Zeit 05/2018; Studie Ifo-Institut, „Konsequenzen einer protektionistischen Handelspolitik der USA“.

Abb. (PDF).: US-Handelsilanzsaldo