Aus Politische Berichte Nr. 6/2018, S. 03a • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Brexit: Es gibt kaum Bereiche, die nicht betroffen sind

Eva Detscher, Karlsruhe

Bringt es Theresa May oder bringt sie es nicht? Theresa May könne den Brexit nicht durchführen, Micheal Gove solle neuer Premierminister werden – so Crispin Odey, ein Hedge-Fonds-Manager, der den Tories vor den letzten Wahlen 50000 britische Pfund gespendet hatte. Die Regierung müsste weit kühner in den Verhandlungen mit der EU auftreten und solle sich ein Beispiel an der neuen populistischen Regierung in Italien nehmen. Er fordert die britische Regierung zum Bruch der EU-Verträge auf wie z.B. durch Abschluss von eigenen Handelsverträgen. Immer wieder flammt die Debatte um die Partei- und Regierungsführung auf – wenn sich jetzt ein Spender, der übrigens auch für UKIP gespendet hatte – in einem Interview mit der britischen Wochenzeitung „Observer“ (3. Juni 2018) derart aufplustert, kommt das aber gar nicht gut an. Gove selbst – er war als Hardliner für den Brexit von Theresa May auf die Hinterbänke verwiesen, inzwischen aber wieder als Umweltminister nach vorne geholt worden – lässt über „nahestehende Quellen“ hingegen verlauten, dass es lebenswichtig sei, hinter der Premierministerin zu stehen, um den 17,4 Millionen Menschen, die für den Brexit gestimmt haben, den Austritt aus der EU auch zu liefern.

Was wird aus der irischen Insel? Die neueste Idee kommt von David Davis, dem britischen Verhandlungsführer: Nordirland soll einen speziellen Status als eine EU-und-UK-gemeinsame Handelszone erhalten. Ein 10-Meilen-Puffer-Gebiet (man könnte auch sagen: Grenzstreifen) solle davon ausgenommen sein. Kein Mensch versteht das. Aber offensichtlich hat jetzt auch das britische Parlament akzeptiert, dass allein technologische Lösungen eine harte irische Grenze nicht verhindern können.

Europaweite Zusammenarbeit in der Verbrechensbekämpfung: Das sollte eines der am leichtesten zu lösenden Problemfelder sein – und jetzt kommt das Galileo-Satelliten-Projekt in die Quere: da kann Großbritannien nicht einfach weiter dabei sein, wenn es nicht mehr zur EU gehört. Die Rechten hetzen auf Frankreich, weil dort Einwände formuliert wurden.

Wissenschaft: Der „Guardian“ hatte angeblich Einblick in ein EU-Dokument „Horizon 2020“, wonach Staaten mit assoziiertem Status großzügigerer Zugang gewährt werden soll als GB. Der „Telegraph“ macht Stimmung gegen „Brüssel“: GB wird mehr zahlen müssen, um überhaupt an Horizon beteiligt zu sein, und wird dabei von einer großen Anzahl der Programme ausgeschlossen werden.

EU / Europa: Mentaler und faktischer Raum für die Lebensgestaltung: Seit dem Brexit-Referendum haben viele Briten, die über die EU verteilt leben und arbeiten, andere Staatsbürgerschaften in Staaten der EU beantragt – darauf wies u.a. der luxemburgische Premierminister hin. Das sei eine Abstimmung mit den Füßen für die faktische Zusammengehörigkeit, die zum Bestandteil des Denkens, Planen und Handelns auch britischer Bürger geworden sei. Replik von britischer Seite: „Wir haben das Votum zu respektieren.“ – Dass dies keine Antwort ist, weiß Davis selbst – wie GB und die EU aus dem gegenwärtigen Dilemma rauskommen, ist nach wie vor völlig offen.

Nächster EU-UK-Brexit-Gipfel ist jedenfalls noch im Juni.