Aus Politische Berichte Nr. 8-9/2018, S.20 InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

vorgestellt: welttrends – aussenpolitisches journal – Forschungsinstitut

01 http://welttrends.de

02 WeltTrends – Das außenpolitische Journal

03 WeltTrends gründet Forschungsinstitut

Nachdruck Weltrends Bücherschau

04 Komlosy, Andrea (2018): Grenzen. Räumliche und soziale Trennlinien im Zeitenverlauf

05 Engelhardt, Marc (2018): Weltgemeinschaft am Abgrund. Warum wir eine starke UNO brauchen

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http://welttrends.de

D ie „Welttrends“ arbeiten an der Schnittstelle von wissenschaftlicher Anlayse und politischer Willensbildung . Hier werden Beiträge versammelt, die von Fachleuten für das interessierte Öfentlichkeit verfasst wurden. Unter http://welttrends.de sind die Angebote des Verlags bzw. der Zeitschrift und des Instituts zugänglich. – Die Politischen Berichte danken für die Genehmigung zum Nachdruck der Bücherschau, aus Welttrends 142, August 2018.

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WeltTrends – Das außenpolitische Journal

Seit 1993 diskutiert WeltTrends als eine deutschsprachige Zeitschrift für internationale Politik globale Entwicklungen und Herausforderungen der deutschen Außenpolitik im 21. Jahrhundert. Das Journal WeltTrends erscheint seit 2015 im monatlichen Rhythmus. Jede Ausgabe (ca. 75 Seiten) ist einem Schwerpunktthema gewidmet. Hinzu kommen Analysen, Länderstudien, Interviews und Buchbesprechungen. Zu den Themen gehören Machtverschiebungen in den internationalen Beziehungen, Klimapolitik, Abrüstung, die Europäische Union, die Rolle Chinas sowie Entwicklungen regionaler Politik (Naher Osten, Asien, Südamerika, Afrika). WeltTrends ist politisch unabhängig, finanziell eigenständig und wird von führenden sozialwissenschaftlichen Literaturdiensten weltweit indexiert.

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WeltTrends gründet Forschungsinstitut

Der WeltTrends e.V. hat ein Forschungsinstitut gegründet. Das „Institut für Internationale Politik“ ist eine parteipolitisch unabhängige wissenschaftliche Einrichtung. Forschungsschwerpunkte sind die Friedens- und Sicherheitspolitik, Weltwirtschaft und Integration, Globalisierung und Nachhaltigkeit sowie politische Entwicklungen in der Europäischen Union und in einzelnen Staaten, insbesondere in der deutschen Außenpolitik. Neben dem Beitrag zur Wissenschaftsentwicklung auf dem Feld der internationalen Beziehungen will das Institut publizistisch zur politischen Bildung und Willensbildung beitragen.

Das „Institut für Internationale Politik“ versteht sich als intellektuelle und logistische Heimstatt für Wissenschaftler*innen, die Forschungsprojekte und Publikationen auf den oben genannten Feldern der internationalen Beziehungen planen und umsetzen wollen. Hierfür stellt das Institut seine wissenschaftlichen Kompetenzen, seine organisatorische Infrastruktur und seine nationalen und internationalen Netzwerke zur Verfügung.Dem Vorstand des Instituts gehören an Dr. habil. Erhard Crome, Prof. Dr. Raimund Krämer und Prof. Dr. Lutz Kleinwächter.

Wissenschaftler*innen, die sich für eine Mitarbeit im Institut für Internationale Politik interessieren, wenden sich bitte an den Vorstandssprecher des Instituts, Herrn Dr. Crome: crome.institut@welttrends.de. Potsdam, 12. April 2018

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nachdruck weltrends Bücherschau

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Komlosy, Andrea (2018): Grenzen. Räumliche und soziale Trennlinien im Zeitenverlauf

Promedia, Wien, 247, Seiten, 19,90 Euro.

Die Wiener Historikerin Andrea Komlosy setzt den Konzepten sowohl der Aufhebung aller als auch der neuen Betonung der nationalen Grenzen eine kurze geschichtliche Übersicht seit dem Übergang zum Ackerbau entgegen. Sie gliedert das Thema in die Kapitel Territorialität, Typologie und Grenzregime.

Im ersten Kapitel geht sie chronologisch vor – von der Eingebundenheit altsteinzeitlicher Menschen in die Natur zur lokalen Grenze zwischen Natur und kultiviertem Raum in und um Siedlungen seit dem Neolithikum, über die mittelalterliche Zersplitterung von Herrschaftsrechten bis zum neuzeitlichen Flächenstaat, der mit der Herstellung kolonialstaatlicher Sonderräume einherging. Letztere wurden, etwa 1791 in Frankreich, auch verfassungsmäßig festgelegt

(S. 142). Der „nationalstaatlichen Territorialität“ mit Zentrum und Peripherie ist ein eigener Abschnitt gewidmet, ebenso der „Durchlöcherung“ des modernen Staats durch die globale Ökonomie und der Frage nach der „Wiederkehr des Staates“ im Kontext der Kritik der Globalisierung.

Das interessanteste Kapitel handelt von der Typologie der Grenzen. Komlosy entwickelt ein Panoptikum „elementarer Grenzen“: von der sozialen und religiösen Überhöhung der Differenz zwischen Mann und Frau zu einer Grenze der Arbeitsteilung im Patriarchalismus der Bronzezeit bis zu „wirtschaftlichen und sozialen Grenzen“ der Gegenwart – skizziert am Anstieg der Ungleichheit zwischen und der Abnahme der Ungleichheit innerhalb von Staaten seit 1820. Im dritten Abschnitt behandelt sie Militärgrenzen vom Limes Romanus bis zur Frontier in den USA. Der sechste Abschnitt dieses Kapitels skizziert „Phantomgrenzen“, die sie als „Nachwirken ehemaliger imperialer oder kolonialer Prägung“ in neuer Staatlichkeit definiert und an Galiziens Rolle in der jüngsten Vergangenheit verdeutlicht. Auch der (siebte) Abschnitt des Kapitels über „kulturelle Grenzen“ gewinnt in der Diskussion der Rolle von Konfessionen und Religionen aus Wiener Nähe zu Osteuropa.

Im dritten Kapitel gibt die Autorin einen Überblick über Politiken der Grenze – Entscheidungen zu Waren und Kapitalverkehr, zu Zollstätten und Akzisemauern, zu Freihandelsnetzen und Messeprivilegien. Der Übergang zu Außenzöllen zog sich über Jahrhunderte hin. England war eines der ersten Beispiele; aus dem habsburgischen System der gemeinsamen Außenzölle blieb Ungarn bis ins 19. Jahrhundert ausgeschlossen. Die Kontroverse zwischen „geschlossenem Handelstaat“ und Freihandel bestimmte das 19. und 20. Jahrhundert. Auch in den Auseinandersetzungen um die Politiken des Personenverkehrs ging es hin und her – zwischen Pässen für wenige Wohlhabende und solchen für jeden Bürger; zwischen Verbot und Förderung der Auswanderung, zwischen freiwilliger Arbeitsmigration und Zwangsarbeitersystemen. Die Schaffung eines gemeinsamen Binnenreiseraums in der EU mit dem Schengener Abkommen führte zu neuen Differenzierungen. Einerseits traten EU-Mitglieder nicht bei, andererseits jedoch Nicht-EU-Mitglieder (Island und Norwegen). Außerdem wurden die mit der Osterweiterung hinzugekommenen Staaten nicht Mitglieder „von Schengen“. Die EU hat also keine gemeinsame Grenze für den Personenverkehr. Mit der deutschen und österreichischen „Willkommenskultur“ in der Flüchtlingsfrage 2013 und dem Rollback ab 2015 wurde die Bedeutung der Schengener Grenzen ein weiteres Mal infrage gestellt.

Es gelingt Komlosy zu verdeutlichen, wie vielfältig „Grenzen“ waren und sind. Sie argumentiert gegen eine Mythologisierung — „Imagine, theres no borders“ bleibt eine Utopie, und weder Schließungen noch Öffnungen lösen per se irgendwelche Probleme. Grenzen sind vielmehr Instrumente für soziale, wirtschaftliche, religiöse oder auch machtgetriebene Politik. Die Übersicht erleichtert die Diskussion über diese Instrumente und über die politischen Ziele, auf die man aus ihrem Einsatz schließen kann. Komlosy plädiert dafür, „den Menschen, den sozialen Bewegungen und den Regierungen im globalen Süden den Gebrauch der Grenze im eigenen Interesse zu gestatten“ (S. 233). Keinesfalls, so darf man im Sinn von Minima Moralia ergänzen, darf nur der Norden Grenzen in seinem Interesse benutzen.

Hans-Heinrich Nolte, Barsinghausen

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Engelhardt, Marc (2018): Weltgemeinschaft am Abgrund. Warum wir eine starke UNO brauchen

Ch. Links Verlag, Berlin, 272 Seiten, 18 Euro.

Journalist Marc Engelhardt hat jahrelang über die UNO berichtet und nun ein kenntnisreiches, gut recherchiertes Buch über sie geschrieben. Sie befindet sich – er zitiert Generalsekretär Antonio Guterres – in schwerster Krise und ist zugleich nötiger denn je. Konzeptionelle Schwäche ist seine Gleichsetzung von UNO und „liberaler Weltordnung“ — ein Euphemismus für westliche Vorherrschaft. China, Russland, Indien und anderen Staaten wirft Engelhardt vor, auf „Staatssouveränität“ zu bestehen. Der Verweis auf Außenminister Gabriels UNO-Rede 2017, der mehr Vertrauen zwischen USA, Russland und China anmahnte, hilft nicht: Die Atomkrieg verhindernde Rolle der UNO im Kalten Krieg beruhte auf dem Friedensgebot und dem Einmischungsverbot, bei entgegengesetzten Vorstellungen von geistigen Werten. US-Präsident Trump wird von Engelhardt verurteilt, er sei Nationalist und habe „den Austritt der USA aus dem Wertesystem erklärt, das sie seit dem Zweiten Weltkrieg angeführt haben“. Dass die USA infolge jahrzehntelanger globaler Interventionspolitik imperial überdehnt sind, entgeht dem Autor.

Die faktenreiche Darstellung der UNO lohnt dennoch die Lektüre. Engelhardt beschreibt UN-Hilfsorganisationen, die trotz Unterfinanzierung Großes für Flüchtlinge leisten, und zugleich Schwierigkeiten mit UN-Blauhelmen, deren Soldaten zuweilen die Zivilbevölkerung im Stich lassen und Kinder sexuell missbrauchen, ohne dafür — selbst in Frankreich – bestraft zu werden. Die Probleme eines UNO-Sicherheitsrates, den die Ständigen Mitglieder je nach Eigeninteresse blockieren, werden ebenso dargestellt, wie das Zustandekommen des Abkommens zum Verbot der Atomwaffen, an dem sich Deutschland in falscher Solidarität mit den USA nicht beteiligt. Das Buch ist zugleich Plädoyer für die Universalität der Menschenrechte und dafür, dass Digitalisierung und künstliche Intelligenz die Arbeit von Diplomaten auch im 21. Jahrhundert nicht ersetzen.

Erhard Crome, Berlin

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