Aus Politische Berichte Nr. 6/2019, S.15 • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Transformation und Weiterbildung

01 dok: Nationale Weiterbildungsstrategie, Erklärung des DGB: Weiterbildung ist die Antwort auf Strukturwandel und Transformation

02 dok: G METALL FÜR #FAIRWANDEL Auf nach Berlin!

03 Blick in die Presse, Thosten Jannoff

Bruno Rocker, Berlin

Mit dem Begriff „Transformation“ wird in der gewerkschaftlichen Diskussion das Zusammenwirken der folgenden drei Entwicklungen beschrieben, die erhebliche Veränderungen bei Produkten und Produktionsprozessen wie auch bei den Beschäftigten selbst bewirken und noch bewirken werden:

• Die Digitalisierung der Produkte (Assistenzsysteme, autonomes Fahren, Apps) sowie die Digitalisierung der Fertigungsprozesse (Einsatz von Datenbrille, Datenhandschuh, Tablet).

• Die weiter fortschreitende Globalisierung mit dem Ausbau sogenannter Wertschöpfungsnetzwerke.

• Die Dekarbonisierung der Wirtschaft und der Haushalte, um den Klimawandel zu stoppen.

Die IG Metall hat erst kürzlich mit dem Abschluss und der Auswertung einer ausführlichen Befragung ihrer Betriebsräte zum Thema Transformation (Transformationsatlas) u.a. die folgenden Ergebnisse vorgestellt:

„In nur 18 % der befragten Betriebe gibt es eine Strategie zur Bewältigung der Herausforderungen, die durch die Transformation entstehen. In weiteren 19 % der Betriebe sind nach Beurteilung der Betriebsräte teilweise Strategien vorhanden. In mehr als der Hälfte der Betriebe fehlen nach Auffassung der Betriebsräte Strategien weitgehend oder gar komplett.“ (…)

„Die Hälfte der Betriebe hat keine systematische Personalplanung und -bedarfsermittlung. Gleiches gilt für die Qualifizierungsbedarfsermittlung, die nur in 45 % der Betriebe systematisch erfolgt. Für eine beschäftigungssichernde Transformation sind die Ermittlung des Personalbedarfs, sowie die Qualifizierung auf sich verändernde oder neue Tätigkeiten von zentraler Bedeutung.“ (…)

„In 95 % der Betriebe sehen Betriebsräte einen signifikanten Anstieg des Qualifizierungsbedarfs.“ (…)

„Die Information der Belegschaft ist eine Grundbedingung für Beteiligung und Mitgestaltung. 72 % der Beschäftigten sind nicht ausreichend über die zukünftigen Änderungen in ihrem Betrieb informiert. Nur 6 % sind gut informiert.“

Die IG Metall fordert, den Wandel mit unterstützenden arbeitsmarktpolitischen Instrumenten zu begleiten. Ein Transformationskurzarbeitsgeld soll die Möglichkeit schaffen, die Beschäftigten im Betrieb zu halten und für neue Aufgaben zu qualifizieren.

Nunmehr hat am 12. Juni dieses Jahres der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mit dem Bundesarbeits- und Bundesbildungsministerium, den Arbeitgebern, Ländern und der Bundesagentur für Arbeit in Berlin die Nationale Weiterbildungsstrategie (NWS) vorgestellt. Ziel ist, die Weiterbildungsprogramme des Bundes und der Länder zu bündeln und weiterzuentwickeln und den Grundstein für eine neue Weiterbildungskultur zu legen.

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dok: Nationale Weiterbildungsstrategie, Erklärung des DGB: Weiterbildung ist die Antwort auf Strukturwandel und Transformation

„Es ist Zeit zu handeln“ … Beschäftigte bei Weiterbildung besser unterstützen

Um die Selbstbestimmtheit im digitalen Wandel der Arbeitswelt zu unterstützen, fordern die Gewerkschaften ein Recht auf Weiterbildung. In der Nationalen Weiterbildungsstrategie ist verankert, Ansprüche auf staatlich geförderte Bildungszeiten zu prüfen. „Rechtsansprüche auf staatlich geförderte Bildungszeiten und weitere strukturpolitische Maßnahmen sind unverzichtbar, denn der technologische Wandel trifft auch Fachkräfte“, so Elke Hannack.

Leichterer Zugang, besonders für Geringqualifizierte

Bislang gilt in der Weiterbildung viel zu oft „Wer hat, dem wird gegeben“. Das heißt: Wer schon gut qualifiziert ist, hat besseren Zugang zu Weiterbildung. Wer sie wegen geringer oder nicht formal belegter Qualifikation dringend bräuchte, hat es ungleich schwerer. „Geringqualifizierte sollen sich künftig auf einen Anspruch auf Weiterbildung verlassen können, denn die Förderung der Nachqualifizierung mit dem Ziel eines Berufsabschlusses soll nicht mehr nur Kann-, sondern eine Pflichtleistung der Arbeitsagenturen und Jobcenter werden“, erläutert Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied, die Verhandlungsergebnisse. „Um auch geringqualifizierte Kolleginnen und Kollegen besser anzusprechen und für Weiterbildung zu gewinnen, wollen wir Betriebsräte und Vertrauensleute vor Ort zu betrieblichen Mentorinnen und Mentoren ausbilden“, so die Gewerkschafterin weiter. Darüber hinaus hätten die Gewerkschaften sich mit Erfolg für eine bessere Weiterbildungsunterstützung für Hartz-IV-Empfängerinnen und Empfänger eingesetzt: „Auch sie brauchen Perspektiven, um wieder in Arbeit zu kommen.“

Transformations-Kurzarbeitergeld wird geprüft

Die Gewerkschaften haben sich darüber hinaus für ein so genanntes „Transformations-Kurzarbeitergeld“ eingesetzt. Die Idee dahinter: Die im Wandel begründeten Umbauprozesse in den Betrieben können mit Produktionseinbrüchen einhergehen. Um in solchen Fällen Arbeitsplätze zu erhalten und die Beschäftigten gleichzeitig für künftige berufliche Anforderungen zu qualifizieren, soll das bewährte Instrument der Kurzarbeit inklusive Kurzarbeitergeld mit Weiterbildung für die betroffenen Beschäftigten verknüpft werden. In der Nationalen Weiterbildungsstrategie ist vereinbart, dass die Umsetzung dieses Konzepts geprüft wird.

Gute Arbeit – auch für die Lehrenden

Nicht zuletzt brauchen auch diejenigen, die motiviert und erfolgreich Wissen und Können weitergeben sollen, gute Arbeitsbedingungen und gute Entlohnung. Deshalb hat sich der DGB wir uns dafür stark gemacht, dass mit der Nationalen Weiterbildungsstrategie auch die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Beschäftigten in der Weiterbildungsbranche selbst stärker in den Fokus genommen werden.

https://www.dgb.de/themen/++co++d2dd4cde-8ced-11e9-89c0-52540088cada

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IG METALL FÜR #FAIRWANDEL Auf nach Berlin!

Am 29. Juni fahren wir zur Großdemonstration nach Berlin. Unser Ziel: Regierung und Unternehmen endlich zum Handeln bewegen. Damit der anstehende Umbau der Industrie gelingt – sozial, ökologisch und demokratisch.

Alles im Umbruch. Die deutsche Industrie steht vor einem entscheidenden Jahrzehnt: Schaffen wir die digitale und ökologische Wende oder fahren wir vor die Wand? Bauen wir die Produkte der Zukunft oder bauen wir Arbeitsplätze ab?

Fest steht: Die Uhr tickt. Digitalisierung und Klimaschutz krempeln alles um. Es geht um unsere Arbeitsplätze. Es geht um die Zukunft unserer Kinder!

Wir handeln. Wir wollen, dass der Wandel gelingt. Ökologie und Soziales dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die IG Metall ist in den Betrieben längst aktiv. Nun müssen Arbeitsgeber und Politiker endlich liefern. Dafür demonstrieren wir in Berlin: Zu Tausenden und für jeden sichtbar!

Wir fordern. Durchstarten bei der Mobilitäts- und Energiewende: Endlich massive Investitionen in Zukunftsprodukte, in Qualifizierung, in Ladestationen für E-Autos, in Stromnetze und öffentlichen Nahverkehr.

Zukunft der Beschäftigung am Industriestandort Deutschland: Die Beschäftigung in allen Branchen muss nachhaltig gesichert werden. Wir fordern: Mehr Mitbestimmung und Beteiligung bei den anstehenden Veränderungen.

Sicherheit am Arbeitsmarkt: Millionen Menschen fragen sich: Wo bleibe ich, wenn sich alles verändert? Wir wollen die Transformation solidarisch gestalten – mit allen. Deshalb fordern wir verlässliche soziale Absicherung in jedem Lebensalter. Dieses grundlegende Versprechen muss der Sozialstaat halten.

https://www.igmetall.de/fairwandel

Abb. (nur im PDF): Aufkleber der IGM

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dok: Blick in die Presse --- Thorsten Jannoff, Gelsenkirchen --- Thema: Weiterbildung

Nationale Weiterbildungsstrategie vereinbart

Angesichts des Fachkräftemangels haben sich Bund und Länder mit Arbeitgebern und Gewerkschaften auf Maßnahmen zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und Qualifizierung verständigt … Die Bundesminister für Arbeit und Bildung, Hubertus Heil (SPD) und Anja Karliczek (CDU), wollen das Strategiepapier am Mittwoch gemeinsam mit Arbeitgebern und Gewerkschaften sowie der Bundesagentur für Arbeit vorstellen. Die Partner wollten „ihre Anstrengungen für Weiterbildung und Qualifizierung bündeln und weiterentwickeln“, heißt es in dem Papier, über das zunächst das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet hatte. Darin werden zehn Handlungsziele vereinbart, wie etwa die Unterstützung der Transparenz von Weiterbildungsangeboten durch neue Informationsportale im Internet. Die von der IG Metall geforderte Verbindung von Kurzarbeitergeld und Qualifizierung etwa zur Bewältigung technologischer Umbrüche im Betrieb wird in dem Papier nur indirekt erwähnt. Flankierende Instrumente zur Bewältigung der digitalen, globalen und ökologischen Transformation sollten geprüft werden, heißt es unter Verweis auf eine „Weiterentwicklung des Kurzarbeitergeldes in Verbindung mit Weiterbildungsmaßnahmen“. Bisher wird Kurzarbeitergeld nur bei konjunkturbedingten Arbeitsausfällen oder bei einem Übergang von Beschäftigten in eine Transfergesellschaft gezahlt.

(12.6.2019, Agentur Reuters)

Wer keinen Abschluss hat, soll künftig einen Anspruch bekommen, diesen nachzuholen

Der Jobmarkt ist im rasanten Wandel. Millionen Arbeitsplätze wandeln sich, andere fallen weg. Weiterbildung soll helfen, so dass die Menschen den Anschluss nicht verlieren. Heil kündigte für Herbst eine Gesetzesinitiative für ein so genanntes Transformationskurzarbeitergeld an, wie es etwa die IG Metall vorgeschlagen hatte. Bei Unternehmen im Umbau sollen dadurch Entlassungen verhindert werden, von Arbeitsausfall Betroffene sollen sich in einer Phase der Kurzarbeit zugleich weiterqualifizieren können. Etwa im Bereich Handel, Banken und Versicherungen würden sich wiederholende Tätigkeiten verstärkt durch selbstoptimierende Softwaresysteme ersetzt, sagte Heil. Geplant ist auch, das sogenannte Aufstiegs-Bafög auszuweiten. Dieses zahlt der Staat Menschen, die eine Weiterbildung zum Meister, Fach- oder Betriebswirt antreten. Die Bundesmittel dafür sollen um 350 Millionen Euro in dieser Legislaturperiode aufgestockt werden. Zudem sollen in den Betrieben Weiterbildungsmentoren die Weiterbildung von Kollegen unterstützen.

(13.6.2018, News4Teachers)