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ARCHIV

Nr.10/2019, S.08

dok: Aktionen – Initiativen: Klimaschutzgesetzgebung

Thorsten Jannoff, Gelsenkirchen

01 Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, ClientEarth, Deutsche Umwelthilfe, Germanwatch, Greenpeace, NABU, Naturfreunde, Umweltinstitut München, WWF und dem Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR)

02 Nabu

03 BUND

04 DGB

05 Die Linke im Bundestag

01

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, ClientEarth, Deutsche Umwelthilfe, Germanwatch, Greenpeace, NABU, Naturfreunde, Umweltinstitut München, WWF und dem Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR)

Gemeinsame Pressemitteilung. Berlin. Während heute 1,4 Millionen Menschen dem Aufruf von Fridays for Future zum Klimastreik gefolgt sind, scheitert das Klimakabinett in seiner entscheidenden Sitzung für ein wirksames Klimapaket zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Zu diesem Ergebnis kommen die Klima- und Umweltschutzverbände. Statt eines intelligenten Mix aus Ordnungsrecht, Anreizen und eines wirkungsvollen CO2 -Preises ist allerdings vor allem ein Sammelsurium teurer Anreizprogramme beschlossen worden. Verkehrsminister Andreas Scheuer hat sich bis zuletzt geweigert, wirksame Klimamaßnahmen vorzuschlagen und bleibt ein klimapolitischer Totalausfall. Experten zufolge würden die beschlossenen Maßnahmen ohne CO2-Bepreisung bei Verkehr und Gebäuden bis 2030 nur rund die Hälfte der Emissionslücke schließen. Der nun geplante Emissionshandel kann diese massive Lücke nicht schließen. Im Gegenteil: Der homöopathische Einstieg in die CO2-Bepreisung von 10 Euro die Tonne CO2 wird keinerlei Lenkungswirkung entfalten. Beim eigentlich notwendigen Einstiegspreis von 60 Euro soll er sogar ab 2026 gedeckelt werden. Damit beschneidet sich die Bundesregierung ihre eigene Handlungsfähigkeit dramatisch. Deutschland ist damit noch immer nicht auf einem Pfad zur Erreichung seiner bisher beschlossenen Ziele und Lichtjahre vom deutschen Beitrag zum 1,5-Grad-Limit von Paris entfernt. Grund für das Scheitern ist aus Sicht der Umweltverbände neben der Mutlosigkeit der Koalition vor allem die Blockadehaltung, die von Teilen der CDU und CSU gegen wirkungsvolle Gesetze und Preismechanismen aufgebaut wurde. Die Verbände fordern die Bundesregierung nun auf, bis zum Beginn der Weltklimakonferenz am 29.11.19 und der Halbzeitbilanz der Großen Koalition ein deutlich verbessertes Klimapaket zu beschließen, das Deutschland in die Lage versetzt, die Klimaziele mit einem Puffer nach oben sicher zu erreichen …

www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/regierung-verweigert-notwendigen-klimaschutz/

02

Nabu

How dare you? – Das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung bereits während der Pressekonferenz der Bundesregierung, als die Ergebnisse präsentiert wurden, trat bei vielen Akteuren Ernüchterung ein. Und Zweifel: Mit diesem dünnen Maßnahmenbündel wird es schwierig, dass Deutschland die Klimaschutzziele bis 2030 erreichen wird. Besonders viel Erwartungsdruck lag auf dem Konzept zur Bepreisung von CO2. Der Vorschlag den die Große Koalition ausgehandelt hat, nämlich grundlegend die Ausweitung des Emissionshandels auf die Sektoren Verkehr und Gebäude kombiniert mit einem ab 2021 beginnenden Festpreissystem bei einem Startpreis von 10 Euro je Tonne, der bis 2025 auf 35 Euro anwächst ehe der Emissionshandel mit Höchst- und Mindestpreis greift, klingt wie ein schlechter Kompromiss mit dem niemand zufrieden sein kann: Für alle Klimaschützer*innen ist klar, das Preissignal das von diesem sehr geringen CO2-Preis ausgeht ist viel zu gering, um substanzielle Lenkungswirkung zu erzielen. Aber auch in der Marktlogik versagt der Kompromiss, schließlich wurden zunächst Festpreise und später Handel mit Höchst- und Mindestpreisen vereinbart.

Die Bundesregierung schreibt sich ganz besonders auf die Fahnen, auch mit Klimaschutz die Bürger*innen und die Wirtschaft zu entlasten. Maßnahmen dazu sind die Senkung der EEG-Umlage um zunächst 0,25 Cent pro Kilowattstunde. Darüber hinaus soll die Pendler*innenpauschale um satte fünf Cent pro Kilometer erhöht werden, mit aus NABU-Sicht gravierenden Nebeneffekten. Nämlich wird dadurch Zersiedlung, Flächenverbrauch und zusätzlicher Verkehr angereizt.

Auf der Habenseite des Klimapakets stehen die sektorspezifischen und jahresscharfen Einsparziele. Durch diese Regelung werden bei Nichterreichung eines Sektorziels die jeweiligen Ministerien verpflichtet Maßnahmen nachzulegen. Wie das ganz genau durchzusetzen ist, ist allerdings nicht abschließend geklärt.

Um nachhaltigen Klimaschutz zu gewährleisten, müssten zusätzlich noch folgende Maßnahmen umgesetzt werden: Dazu gehören Forschungsbedarf, GreenIT, Wasserstoff, Batteriezellenfertigung und Beschleunigung von Planungsrecht. Aber auch Speicherung und Nutzung von CO2 soll gefördert werden.

Fazit: In den Eckpunkten für das Klimaschutzprogramm 2030 finden sich viele Kompromisse. Es sind einzelne gute Ansätze zu sehen, in Summe sind die formulierten Maßnahmen aber viel zu zaghaft und reichen nicht ansatzweise aus, um das Klimaschutzziel 2030 in Reichweite zu bringen.

www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/klima-und-luft/klimaschutz-deutschland-und-europa/27029.html

Abb. (PDF): demofoto: Klimapaket - zu wenig - zu spät

03

BUND

Das Klima kippt! Handelt! … Die Zeit drängt. Deshalb muss unser Protest weitergehen. Wir fordern in einem großen Bündnis von Organisationen und Unterstützer*innen mit diesem Eil-Appell ein wirksames Klimapaket. Nicht irgendwann, sondern bis zur Halbzeitbilanz der Großen Koalition am 29.11.2019 und damit rechtzeitig vor der Weltklimakonferenz Anfang Dezember!

Ihre Nachricht an die Bundesregierung:

Sehr verehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr verehrte Minister*innen des Klimakabinetts!

Die Bundesregierung hat beim Klimaschutz versagt. Ihr Klimapaket enthält bisher nur ein Sammelsurium mutloser Ankündigungen und Luftbuchungen, wodurch die Regierung erneut sogar ihre eigenen Klimaziele verfehlt. Schon gar nicht leistet Deutschland damit seinen nötigen Beitrag, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen und eine Klimakatastrophe zu verhindern.

Aber: Der öffentliche Druck wächst. Wir Bürgerinnen und Bürger schauen nicht mehr länger zu, wie die Regierung unsere Zukunft verheizt. Wir setzen ihr deshalb eine Frist. Bis zum 29. November, also zu Beginn der Weltklimakonferenz und zur Halbzeitbilanz der Großen Koalition, muss sie ein wirksames Klimapaket und -gesetz beschließen:

• Mit klaren Regeln aus Kohle, Öl und Gas aussteigen: Durch einen Kohleausstieg bis spätestens 2030, das sofortige Verbot neuer Ölheizungen und den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor.

• Den Geldhahn für Öl, Gas und Kohle zudrehen, indem klimaschädliche Subventionen wie die steuerliche Begünstigung von Diesel und Kerosin gestrichen werden und die Förderung neuer Gasinfrastruktur beendet wird..

• 100 Prozent auf Erneuerbare setzen. Die Hürden, die den naturverträglichen Ausbau der Erneuerbaren Energien derzeit ausbremsen, müssen fallen.

• Zum Klimaschutz gehört die Verkehrs- und Agrarwende. Es braucht mehr Raum für öffentlichen Verkehr, Radfahrer*innen und Fußgänger*innen und ein Moratorium für den Aus- und Neubau von Straßen und Flughäfen. Eine bäuerliche, klimafreundliche und ökologischere Landwirtschaft muss die industrielle Tierhaltung ersetzen.

• Ein CO2-Preis muss jetzt wirken und darf nicht durch einen Emissionshandel auf Jahre verzögert werden. Es braucht deshalb bei Wärme und Verkehr ab 2020 einen CO2-Preis von mindestens 50 Euro pro Tonne, der bis 2030 auf 180 Euro steigt.

• Klimaschutz braucht Verbindlichkeit: Das angekündigte Klimaschutzgesetz muss jährliche Klimaziele für alle Wirtschaftssektoren sicher festlegen. Werden sie verfehlt, müssen die Klimaschutzmaßnahmen schärfer werden.

https://aktion.bund.net/das-klima-kippt

04

DGB

In der Debatte um eine CO2-Bepreisung fordern der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften eine massive, sozial-ökologische Investitionsoffensive mit Schwerpunkt auf Mobilität, Infrastruktur und Gebäudesanierung.

„Eine CO2-Bepreisung allein wird weder dazu führen, dass Klimaziele in den einzelnen Sektoren erreicht werden, noch werden damit die Kosten der Transformation sozial gerecht verteilt. Die Bundesregierung muss endlich zu einem Gesamtkonzept kommen, mit dem der Wandel gerecht gestaltet, der soziale Zusammenhalt gestärkt und öffentliche sowie private Investitionen in klimafreundliche Infrastrukturen und innovative Technologien massiv verstärkt werden“, sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann am Dienstag in Berlin.

Ein CO2-Preis könne nur dann wirken, wenn Privathaushalte und Unternehmen die Möglichkeit hätten, ihr Verhalten anzupassen. Deshalb müsse der Staat jetzt investieren und Alternativen schaffen. Dazu gehöre der Schienenausbau für den Nah-, Fern- und Güterverkehr, der Ausbau des ÖPNV und die Förderung von sozial verträglicher Gebäudesanierung insbesondere bei Mietwohnungen. Der Staat müsse außerdem Impulse für den flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität setzen und neue Mobilitätskonzepte schaffen. „Mit dem unsinnigen und restriktiven Beharren auf der schwarzen Null ist ein solches Programm nicht zu schaffen. Der Investitionsaufwand übersteigt die zu erwartenden Einnahmen aus der CO2-Bepreisung bei weitem“, so Hoffmann. Für die Finanzierung und den sozialen Ausgleich müsse der Staat daher mit einer Reform der Einkommen- und Erbschaftsteuer und der Wiedereinführung der Vermögensteuer sorgen. „Heizen und Mobilität dürfen nicht einfach nur teurer werden. Das trifft dann Gering- und Normalverdiener. Die starken Schultern müssen mehr tragen als die Schwachen“, so Hoffmann weiter.

Aus Sicht des DGB ist es unter den gegebenen Voraussetzungen nicht sinnvoll, den Emissionshandel auf die Sektoren Verkehr und Gebäude auszuweiten. „Das wäre nicht nur bürokratisch, sondern schafft vor allem nicht die notwendigen Investitionsanreize“, erläutert Hoffmann. „Eine CO2-Steuer könnte schneller und transparenter implementiert werden und würde mehr Planungssicherheit für öffentliche und private Investitionen schaffen. Sie muss aber sozial gestaltet sein, um Akzeptanz zu finden. Es muss einen Ausgleich für private Haushalte geben“, so Hoffmann weiter. Dafür schlägt der DGB neben einer Senkung der Stromsteuer und einer stärkeren Steuerfinanzierung der EEG-Umlage auch eine Kopfprämie sowie ein Mobilitätsgeld anstelle der Pendlerpauschale vor. Für besonders belastete Einzelfälle müsse zudem ein Härtefallfonds geschaffen werden. Darüber hinaus fordert der DGB, die CO2-Bepreisung unabhängig vom Instrument einer umfassenden und regelmäßigen Folgenabschätzung zu unterziehen. Dabei seien reale Verteilungswirkungen ebenso zu berücksichtigen wie die Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Haushalte und Betriebe.

https://www.dgb.de/presse/++co++01c5cf7c-d91e-11e9-8060-52540088cada

05

Die Linke im Bundestag

Die Vorsitzenden der Fraktion Die Linke, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, erklären anlässlich der heutigen Beschlüsse des Klimakabinetts der Bundesregierung:

„Das heute vom Klimakabinett vorgestellte Klimapaket ist unsozial und ineffektiv. Es belastet vor allem kleine und mittlere Einkommen. Es schont Reiche und Konzerne. Es setzt auf nutzlose, marktliberale Instrumente statt auf wirkungsvolle staatliche Ordnungspolitik. Es treibt die Gesellschaft auseinander. Das Klimapaket wird im Bundestag keine Unterstützung der Linken erhalten.

Sämtliche Maßnahmen des Klimakabinetts sind nicht gegenfinanziert und daher eine teure Mogelpackung. Jedes Klimapaket, das keine angemessenen Steuern für die superreichen Multimillionäre vorsieht, will stattdessen kleine und mittlere Einkommen belasten. Wer nicht sagt, wo das Geld herkommen soll, täuscht Bürgerinnen und Bürger. Es muss massiv und nachhaltig investiert werden. Diese notwendigen zusätzlichen Investitionen dürfen nicht mit unsozialen Kürzungen in anderen Bereichen finanziert werden. Höhere Kraftstoffpreise werden Geringverdiener besonders hart treffen. Das Klimapaket untergräbt die Akzeptanz des Klimaschutzes in der Gesellschaft und den sozialen Zusammenhalt …

Unsere Forderungen:

1. Sozial gerecht statt Reiche schonen: Wir fordern eine Klimareichensteuer, die Millionenerbschaften, Millionenvermögen und Millioneneinkommen zur Kasse bittet, um die notwendigen Investitionen zu finanzieren. Es braucht das politische Signal: Diesmal bezahlen es die Reichen! Klimaschädliche Subventionen gehören abgeschafft.

2. Bahnreform statt Scheuer-Murks: Wir brauchen eine tiefgreifende Bahnreform, einen massiven Ausbau des Schienennetzes und der Transportkapazitäten sowie einen Preisdeckel. Die Teilprivatisierung der Bahn und die Preiserhöhungen der vergangenen 20 Jahre müssen zurückgenommen werden. Das würde einer kostenlos angebotenen BahnCard 50 bzw. Halbierung der heutigen Fahrpreise entsprechen.

3. ÖPNV attraktiver machen statt Tanken teurer: Wir brauchen eine Revolution im Öffentlichen Personennahverkehr, von der kleine und mittlere Einkommen profitieren. Wir fordern als wichtigen Schritt ein vom Bund finanziertes Ein-Euro-Ticket. Wenn alle Bürgerinnen und Bürger den ÖPNV für maximal einen Euro am Tag nutzen könnten, wäre es für viele Menschen machbar, das Auto stehen zu lassen. Dafür muss der ÖPNV ausgebaut, sicherer, zuverlässiger und sauberer werden.

4. Statt Marktversagen brauchen wir staatliches Handeln: Wir brauchen staatliche Investitionen und eine neue staatliche Ordnungspolitik für soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz: Zum Beispiel gehören Energiekonzerne in öffentliche Hand. Gebäude müssen mit einem Bundesprogramm energetisch saniert werden – ohne Mehrkosten für Mieterinnen und Mieter.

5. Innovationen statt Stillstand: Wir brauchen ein massives Investitionsprogramm in erneuerbare Energien, in Innovations- und Speichertechnologien.

https://www.linksfraktion.de/presse/pressemitteilungen/detail/klimapaket-versagt-beim-klimaschutz-und-vertieft-die-soziale-spaltung/