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Nr.12/2019, S.10

dok: Aktionen – Initiativen: Thema: Windkraft-Krise – Thorsten Jannoff, Gelsenkirchen

01 BUND: Altmaiers Vorschläge keine Antwort auf die Windkraft-Krise

02 BUND zur Umfrage Windenergie an Land

03 NABU: Klima- und Artenkrise müssen gemeinsam gelöst werden

04 IG Metall: Windkraft braucht Perspektiven

05 Riexinger zur Krise des Windenergieausbaus

06 Windkraftgegner distanzieren sich von AfD

01

BUND: Altmaiers Vorschläge keine Antwort auf die Windkraft-Krise

Zu den Vorschlägen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zur Stärkung des Windkraftausbaus an Land erklärt Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND:

„Die Vorschläge des Wirtschaftsministers werden den Windkraftausbau kaum stärken, sondern eher mehr Widerstand hervorrufen. Die Bundesregierung hat den Windkraftausbau erst durch ein neues Fördersystem beschränkt, dabei die Bürgerenergie fahrlässig ausgebremst und nichts getan, um den absehbaren Einbruch des Ausbaus zu verhindern.

Jetzt will Altmaier die Flächen für Windkraft durch pauschale Abstände weiter einschränken und hebt nicht mal die Ausbaumengen an, um die Ziele der Bundesregierung erreichbar zu machen. Vor allem letzteres liegt jedoch in seinem Ressort, und er packt es nicht an. Zugleich sollen die Klagemöglichkeiten und der Naturschutz eingeschränkt werden. Ausgleichsmaßnahmen für Schäden an der Natur fallen nach Minister Altmaiers Plänen künftig völlig unter den Tisch. Das wird nicht mehr Akzeptanz schaffen.

Einige der Vorschläge des Ministers sind tatsächlich lange überfällige und vom BUND schon lange geforderte Maßnahmen: Dazu zählt die Anpassungen bei der Flugsicherung. Auch bedarf es etwa der besseren finanziellen Beteiligung von Kommunen und bundeseinheitlicher Vorschriften für Natur- und Artenschutz. Den Ernst der Lage scheint Minister Altmaier aber noch immer nicht erkannt zu haben: Denn fast alle Maßnahmen verschiebt er gleich auf das nächste Jahr, obwohl sofortiges Handeln dringend geboten ist. Zugleich beziehen sich die meisten Vorschläge auf Kompetenzen anderer Ressorts. Minister Altmaier wird seiner Verantwortung für den Ausbau der Windkraft damit nicht gerecht.“

www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/kommentar-altmaiers-vorschlaege-keine-antwort-auf-die-windkraft-krise/

02

BUND zur Umfrage Windenergie an Land

Die Umfrage der Fachagentur Windenergie an Land zur Akzeptanz von Windkraftanlagen kommentiert Olaf Bandt, Geschäftsführer beim BUND:

„Die Zustimmung zur Energiewende ist in der Bevölkerung ungebrochen hoch. Die neue Umfrage zeigt, dass auch die vermeintlich so umstrittene Windkraft an Land sehr breit getragen wird: Es gibt keine ‚schweigende Mehrheit‘, die die Windkraft-Gegner stützt, das Gegenteil ist der Fall.

Die vermeintlich sinkende Akzeptanz haben Bundes- und Landesregierungen als Vorwand genutzt, um den Windkraft-Ausbau vor die Wand zu fahren. Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Es braucht jetzt das politische Signal, dass der Erneuerbaren-Ausbau der zentrale Baustein für den Klimaschutz ist. Die Untätigkeit muss ein Ende haben. Statt neuer pauschaler Abstandsvorschriften müssen die Ausbaumengen an Land stark erhöht und die nötigen Flächen ausgewiesen werden.

Die Umfrage macht auch klar, dass eine bessere Beteiligung der Anwohnerinnen und Anwohner sowie der Kommunen gewünscht wird. Auch hier hat die Große Koalition bisher nichts Relevantes geliefert. Einheitliche Vorgaben für den Naturschutz sowie eine bessere personelle und fachliche Ausstattung der Behörden sind ebenso nötig. Mit der Windkraft lahmt das Zugpferd der Energiewende. Wer die Klimaziele erreichen will, muss jetzt mit naturverträglichem Windkraft-Ausbau handeln.“

www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/kommentar-ohne-windkraft-ausbau-kein-wirksamer-klimaschutz/

03

NABU: Klima- und Artenkrise müssen gemeinsam gelöst werden

Windindustrie muss Auswirkungen auf betroffene Arten ernst nehmen. Wirtschaftsminister Altmaier hat Vertreter*innen der Länder, von Umweltverbänden, Anti-Windkraft-Inititativen und der Windindustrie zum Krisengespräch eingeladen. Der NABU mahnt, dass die Artenschutzprobleme der Windenergie nicht wegzudiskutieren sind, vielmehr muss eine konstruktive Lösung her. (…)

Der NABU kritisiert, dass hier wieder einmal Klimaschutz gegen Artenschutz ausgespielt werden und und kritisiert insbesondere die weitreichenden Forderungen des BWE (Bundesverband Windenergie) nach einer Aufweichung des geltenden Artenschutzrechts. Bereits in der aktuellen Rechtssprechung gibt es die Möglichkeit, die Bestände besonders windenergiesensibler Arten zu sichern und gleichzeitig die Erteilung von Genehmigungen für neue Windenergieanlagen zu erleichtern.

Vögel und Fledermäuse sind gefährdet. Die Ausführungen zum Artenschutzrecht im BWE-Papier beweisen, dass die Branche immer noch nicht anerkennt, dass der Ausbau der Windenergie für manche Vogel- und Fledermausarten eine wirkliche Gefahr darstellt. Die BWE-Forderungen sind unrealistisch, da sie gegen geltendes EU-Recht verstoßen. Anstatt echte Lösungsvorschläge zu machen, wird behauptet, dass das deutsche Artenschutzrecht über die Vorgaben der EU-Gesetzgebung hinausschießen würde. Tatsächlich aber wurde mit dem Kritierum eines „signifikant erhöhten Tötungsrisikos“ im deutschen Recht sogar eine Erleichterung eingeführt, um den Individuenbezug des EU-Rechts handhabbar zu machen. Wenn der BWE der Meinung ist, dass nach Europäischem Recht nur die absichtliche Tötung von geschützten Tieren verboten sei, verkennt er, dass dort auch die bedingte vorsätzliche Tötung untersagt ist.

Vielen Arten geht es schlecht. Das im Papier absichtliche gegenseitige Ausspielen von Klimaschutz und Artenschutz ist politisch weder akzeptabel noch zielführend. Die Klima- und die Artenkrise müssen gleichrangig behandelt werden, denn allein der letzte Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) zeigt klar, wie schlecht es um die Arten weltweit steht.

Die Veröffentlichungen der Windbranche ist ein gezieltes Ablenken von den eigentlichen Problemen. Zum Beispiel die von der Politik verschuldeten Steuerungsfehler, wie das nicht funktionierende Ausschreibungsmodell in Verbindung mit defizitären und dadurch viel zu langen Genehmigungsprozessen. Die dadurch schwindende Akzeptanz für Windenergie bei der Bevölkerung darf nicht zulasten des Naturschutzes gehen.Anlässlich des Windgipfels haben Bundesverband der Energiewirtschaft (BDEW) und BWE gemeinsam mit einigen Umweltverbänden wie dem WWF „10 Punkte für den Ausbau der Windenergie“ veröffentlicht. Es ist ein erster Kompromissversuch zwischen den Extremforderungen des BWE und den Anforderungen einer naturverträglichen Energiewende. Der NABU erkennt in diesem Papier gute Ansätze, warnt aber, dass bei einigen für den Naturschutz kritischen Punkten Formulierungen gewählt wurden, die bei Naturschutzbelange zu Kann-Vorschriften herabstufen. Für eine Unterstützung des NABU für einen Kompromiss auf dieser Basis wäre eine Klärung dieser kritischen und bisher interpretationsoffenen Punkte unbedingt erforderlich.

Artenschutz muss gesichert sein.

Es muss eine Lösung her, die ohne Änderungen des geltenden Rechts auskommt. Der Artenschutz muss gesichert werden, damit eine deutliche Verbesserung der Genehmigungsfähigkeit von Planungen ausgeht.Das bedeutet aus Artenschutzsicht: Dieser setzt an der Möglichkeit der artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung an. Nur im Rahmen der Ausnahme ist es möglich, rechtlich von der Ebene des Individuums zu einer Betrachtung der gesamten betroffenen Population einer Art zu kommen. Damit diese Populationsbetrachtung jedoch nicht zum durch den BWE gewünschten Durchwinken von Fällen mit hoher individueller Tötungsgefahr dient, sondern zum tatsächlichen Sicherstellen eines guten Erhaltungszustands der betroffenen Population, muss die Genehmigung einer Ausnahme zwingend an deren guten beziehungsweise stabilen Erhaltungszustand gekoppelt sein. Dieser wäre über spezielle Artenschutzprogramme für die jeweils betroffene Art auf der relevanten Regionalplanungsebene sichergestellt werden und durch ein zugehöriges Monitoring nachzuweisen. Im Rahmen dieser Artenschutzprogramme können und sollten dann auch alle anderen Gefährdungsfaktoren wie zum Beispiel die Intensivierung der Landwirtschaft adressiert werden, damit eine Verschlechterung des Erhaltungszustands durch die Windenergie und ihre kumulativen Auswirkungen vermieden werden kann.

www.nabu.de/news/2019/09/26918.html

04

IG Metall: Windkraft braucht Perspektiven

Mit der von der Bundesregierung geplanten Abstandsregelung von 1000 Metern zwischen Windrädern und Wohngebäuden werden die Klimaziele verfehlt. Um bis 2030 den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch auf 65 Prozent zu erhöhen, wie es von der Politik beabsichtigt ist, muss die Windkraft an Land ausgebaut werden. Das setzt voraus, dass ausreichend Flächen zur Verfügung stehen. Mit dem geplanten Mindestabstand werden jedoch zwischen 20 und 50 Prozent der möglichen Flächen der Windenergie entzogen. Das gefährdet die Windindustrie in ihrer Substanz. Die Insolvenz von Senvion und die Krise bei Enercon machen den Handlungsbedarf deutlich. Es ist 5 vor 12. Zur Bewältigung der akuten Krise brauchen wir einen Strukturfonds, mit dem kurzfristig Hilfen für die regionale Zulieferindustrie finanziert werden können. Um die Beschäftigten in den Unternehmen zu halten und Entlassungen zu vermeiden, sollte das Kurzarbeitergeld länger gezahlt und mit Qualifizierung verbunden werden.“

Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, zur Krise in der Windindustrie https://www.igmetall.de/presse/pressemitteilungen/wolfgang-lemb-zur-windindustrie

05

Riexinger zur Krise des Windenergieausbaus

Der Windenergieausbau stagniert, Branchenverbände kritisieren die Bundesregierung. Bernd Riexinger, Vorsitzender der Partei Die Linke, dazu:

„Die Ausbaukrise bei der Windenergie ist ein weiteres Zeichen für die Unfähigkeit dieser Regierung, die Zukunft zu gestalten. Wir stehen ökonomisch und ökologisch vor gewaltigen Transformationen. Sie bieten die Chance, eine gerechtere Zukunft zu gestalten. Sie bieten aber auch das Risiko einer Klimakatastrophe, die zusätzlich zu einer gravierenden Verschärfung der sozialen Spaltung führen wird. Mit einer Regierung die Klimapäckchen schnürt, die Windenergie blockiert und Arbeitsplätze nur in Industrien schützen will, die in ihrer jetzigen Form keine Zukunft haben, sind unsere Zukunftsaussichten finster.

Wir brauchen einen linken Green New Deal, der sich den ökonomischen und ökologischen Anforderungen der Zukunft mit einem umfassenden Konzept stellt, statt nur hier und da ein wenig das Bestehende zu erhalten.“

www.die-linke.de/nc/start/presse/detail/riexinger-zur-krise-des-windenergieausbaus/

06

Windkraftgegner distanzieren sich von AfD

Der Thüringer Wald steht zur Disposition. Teile davon sollen als Vorranggebiete für die Windkraft ausgewiesen werden. Dagegen gibt es heftigen Widerstand. Genau wie bei uns in Schleswig-Holstein gehen auch in Thüringen diverse Bürgerinitiativen gegen die Pläne vor. Die AfD in Thüringen hat dies offensichtlich als Potential erkannt, Wähler zusätzlich, außerhalb der ohnehin schon zahlreichen Anhänger aus der rechten Szene, für sich zu generieren. Augenscheinlich war sie damit erfolgreich. Wie ist es sonst zu erklären, dass diese Partei ihr Wahlergebnis, trotz eines Björn Höcke, verdoppeln konnte, die Grünen jedoch als Unterstützer der Windkraftpläne, entgegen des Bundestrends, man gerade so die Fünf-Prozent-Hürde geschafft haben.

Es ist ein schleichender Prozess, der offenbar schon ziemlich weit vorangeschritten ist. Die AfD übernimmt unsere Argumente gegen den ungezügelten Ausbau der Windkraft und macht damit Wahlkampf. Es scheint viele aus den Bürgerinitiativen zu geben, die diesem Ansinnen auf den Leim gehen. Auf verschiedenen Plattformen bundesweit tummeln sich inzwischen Anhänger der rechten Szene, die unter dem Deckmantel „Anti-Windkraft“ scheinbar ungestört ihre menschenverachtenden, rassistischen Aussagen verbreiten, und erhalten dafür auch noch Zustimmung. Die zuständigen Administratoren der entsprechenden Seiten unternehmen so gut wie nichts dagegen. Damit wird der Anschein erweckt, dass alle Windkraftgegner und – kritiker Sympathisanten der AfD sind.

Auch in unseren Reihen ist teilweise zu beobachten, dass zitierte Artikel oft ihren Ursprung in der rechten Szene haben. Wir sollten daher grundsätzlich jeden Beitrag, den wir teilen und verbreiten, auf dessen Ursprung untersuchen.

Nach meiner Meinung wird viel zu wenig öffentlich propagiert, dass wir mit der AfD nichts gemeinsam haben, schon gar nicht mit den völkisch rassistischen Aussagen. Ich finde, es ist an der Zeit, dass von Seiten „Vernunftkraft“ eine entsprechende Erklärung abgegeben wird. Für unsere Bürgerinitiative haben wir es hiermit getan.

Abb. (PDF): www.bi-gegen-wka.de/Aktuelles/, www.youtube.com/watch?v=oOk7ori_ExE. Hochgeladen von: Die Linke,17.3.2017 , www.facebook.com/DieLinke.Niedersachsen/photos/a.300862826673346/2437486529677621/?type=3. Die Linke NdS., August 2019