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ARCHIV

Nr.1/2020, S.02a

Blick auf die Medien.

Endlich braucht keiner mehr das Wort „Brexit“ Schweiz: Ja zur Antidiskriminierung, nein zu Wohnungsbauquoten Frankreich: Streiks und Proteste gegen Rentenreform Wahlumfragen Thüringen /Hamburg München: 17 Listen

Endlich braucht keiner mehr das Wort „Brexit“

Guardian/Economist, (evd) Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (UK) ist seit 31.1.2020 EU-Ausland. Welche Art der Beziehungen es auf den zahllosen Feldern der Berührungspunkte geben wird, ist Verhandlungssache – der Zeitplan ist eng: Deadline ist 31.12.2020. Immerhin gibt es einen Vertrag – über die Folgen im Einzelnen wird laufend berichtet. Für das internationale Gefüge ist UK ein neuer Player und setzt dabei auf bestehende, außerhalb der EU wirksame Kooperationen wie die Nato, die EW3-Gruppe (Deutschland, Frankreich, UK) oder beispielsweise auf Einzelkooperationen wie die COP 25 (Klimakonferenz) im November in Glasgow, die UK gemeinsam mit Italien ausrichten wird. Die EU ihrerseits hat Interesse an guter Zusammenarbeit – dennoch wird es schwierig werden, die bestehenden Strukturen, die in den letzten fast 50 Jahren aufgebaut wurden, in andersartige umzubauen. Für das auszuarbeitende Handelsabkommen sind die Ausgangspositionen diametral: Johnson sagt: keine Angleichung, kein Empfänger von Regeln, nicht im Binnenmarkt verbleiben (Anm.: EU weltweit größter Binnenmarkt!) Die EU besteht darauf: keine Waren-, Kapital- und Dienstleistungsfreiheit ohne Personenfreizügigkeit. Dann mal los mit den Verhandlungen! – Für UK selbst wirft der englische (!) Nationalismus die auskömmliche Kooperation der vier Landesteile weit zurück, und es bleibt beunruhigend, welche Dynamik die irischen Bestrebungen zur politischen Vereinigung Irland/Nordirland und die schottischen für eine staatliche Unabhängigkeit entwickeln werden. Da hilft auch der Regierungs-Plan, eine Brücke zwischen Schottland und Nordirland (engste Stelle in der Irischen See: 18 km) zu bauen, wenig. Was von den Versprechungen der Johnsons und Raabs zu halten ist für die blühende Zukunft britischer Menschen: z.B. die Fischer hoffen ihre 200 Seemeilen Fanggebiet ohne Europäische Fischereiregelungen: das würde aber sofortige Einführung von Zöllen auf den EU-Markt zur Folge haben. Fraglich, wer hier als Fischer sein Auskommen finden würde. – Politische Verantwortlichkeiten, Entrechtung der EU-Bürger, die in UK leben, Reaktionen der Gewerkschaften auf angekündigte Senkungen von Standards (wie die Erlaubnis zur Einfuhr auch minderwertiger Agrarprodukte) und das Verstehen, wie es soweit kommen konnte – die Liste wäre lang und spannend für ausführliche Reflexion. Eines scheint dabei klar: Labour hat sich in eine Sackgasse manövriert, die Tories fühlen sich ermächtigt, ihren Plan zum Umbau der britischen Gesellschaft (nur ein Beispiel: der öffentliche Rundfunk, die BBC, soll privatisiert werden) rücksichtslos durchzuziehen.