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Nr.1/2020, S.02b

Blick auf die Medien.

Endlich braucht keiner mehr das Wort „Brexit“ Schweiz: Ja zur Antidiskriminierung, nein zu Wohnungsbauquoten Frankreich: Streiks und Proteste gegen Rentenreform Wahlumfragen Thüringen /Hamburg München: 17 Listen

Schweiz: Ja zur Antidiskriminierung, nein zu Wohnungsbauquoten

NZZ, SRF, (alk) Am 9. Februar standen bei der ersten von vier jährlichen schweizweiten Volksabstimmungen zwei Themen zur Wahl. Soll die Rassismusstrafnorm um die Strafe für öffentlichen Aufruf zum Hass oder Diskriminierung von Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung erweitert werden? Ein Ja war erwartet worden, war aber mit 63,1 Prozent und einer Zustimmung in allen Kantonen bis auf drei kleinere (Appenzell Innerrhoden, Schwyz und Uri) recht deutlich. Damit dürfte demnächst dann auch die Ehe für alle in der Schweiz kommen, die Widerstände aus christlich-konservativer Ecke haben offensichtlich an gesellschaftlicher Zustimmung verloren.

Ebenso überraschend deutlich war die Ablehnung der Initiative „Mehr bezahlbare Wohnungen“ mit 57,1 Prozent. Mit ihr sollte landesweit eine Quote von zehn Prozent für den Genossenschaftswohnungsbau festgeschrieben werden. Zustimmung fand diese Initiative nur dort, wo auch ein akuter Wohnungsmangel herrscht bzw. wie in der Romandie eine eher etatistische Tradition. Zu einem Ja reichte es in fünf Kanonen (Jura, Waadt, Genf, Neuenburg und Basel-Stadt). Auch die deutlichen Mehrheiten in den Städten Zürich, Basel oder Bern mit Werten um die 65 Prozent reichten nicht aus, um die sehr geringe Zustimmung von kaum 35 Prozent in den ländlichen Kantonen auszugleichen. Damit ist das Anliegen des genossenschaftlichen Wohnungsbaus nicht unten durch. Abgelehnt wurde eine zentralistische Lösung, die in den ländlichen Gegenden wahrscheinlich gar nicht umzusetzen wäre. In den großen Städten werden sich die jeweiligen Gemeinde- und Kantonsverwaltungen aufgrund des Stimmergebnisses aber stärker für die gemeinnützigen Genossenschaften engagieren müssen. Die Bundesregierung hatte bereits vor der Abstimmung angekündigt, dazu den gemeinnützigen Wohnungsbau mit zinsgünstigen Krediten stärker zu fördern.

Die nächste Volksabstimmung findet am 17. Mai mit dem auch international sehr bedeutenden Thema „Für eine maßvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)“ statt. Gemeint ist damit eine Kündigung und Neuverhandlung der Personenfreizügigkeit gegenüber den EU-Ländern. Sollte hier das Schweizer Volk zustimmen (die Umfragen sprechen derzeit nicht dafür), würden aber alle bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU hinfällig (nicht nur Personenfreizügigkeit, sondern auch technische Handelshemmnisse, öffentliche Beschaffungen, Landwirtschaft, Luft- und Landverkehr sowie Forschung). Die Schweizer Regierung warnt sehr eindringlich vor den erheblichen wirtschaftlichen Folgen, falls der Begrenzungsinitiative zugestimmt würde. Von den politischen Parteien unterstützt nur die SVP die Initiative.