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ARCHIV

Nr.2/2020, S.16a

Gewerkschaften / Soziale Bewegungen

--- Aktuelle WSI-Studie zum Kurzarbeitergeld --- Anhebung des Kurzarbeitergelds: Petitionen, Tarifverträge --- IG Metall: Ein guter Tarifvertrag zur Überbrückung der Corona-Zeit ---

Aktuelle WSI-Studie zum Kurzarbeitergeld

Bruno Rocker, Berlin

Über die „Hans Böckler News“ 07/2020 informiert die Stiftung über ihre aktuelle WSI-Studie zum Kurzarbeitergeld. Entgegen der weitverbreiteten Ansicht über den Vorbildcharakter deutscher Kurzarbeit-Regulierungen zeigt die Studie den Abstand bei der Höhe zu anderen europäischen Ländern mit vergleichbaren Regelungen. In vielen europäischen Ländern wird ein deutlich höheres Kurzarbeitergeld bezahlt. Staaten wie Irland, Dänemark, die Niederlande und Norwegen zahlen z.B. ein Kurzarbeitergeld, das sogar bis zu 100 Prozent des Lohnausfalls kompensiert. Der Vergleich in der Studie zeigt: Deutschland ist Schlusslicht.

Hierzulande erhalten die Beschäftigten lediglich 60 bzw. (in Haushalten mit Kindern) 67 Prozent des Nettoentgelts. Je höher der Arbeitszeitausfall ist, also je mehr Kurzarbeitstage im Abrechnungszeitraum anfallen, desto höher sind die Einkommensverluste. Zusätzlich kaum beachtet wird oft: Kurzarbeitergeld wird unter Progressionsvorbehalt ausgezahlt. Das bedeutet, dass zunächst das als Nettobezug ausgezahlte Kurzarbeitergeld am Ende des Steuerjahres dennoch in die Berechnung des Steuersatzes eingeht und deshalb ggf. Steuernachzahlungen fällig werden. Ein Risiko besteht zusätzlich dann, wenn das Unternehmen nach der Kurzarbeitsperiode dennoch in die Insolvenz geht. In dem Fall verschlechtert sich die Berechnungsgrundlage für das dreimonatige Insolvenzgeld für die Beschäftigten erheblich. Kurzarbeit bleibt ein Notbehelf, ist alles andere als risikofrei.

Um den Einkommensverlust bei Kurzarbeit zumindest zum Teil auszugleichen, schließen die Gewerkschaften immerhin erfolgreich in immer mehr Branchen Tarifverträge ab, in denen Aufstockungen zum Kurzarbeitergeld vereinbart wurden. Die WSI-Studie der Böckler-Stiftung gibt Aufschluss über die in der letzten Zeit in den einzelnen Branchen erzielten diesbezüglichen Tarifvereinbarungen.

Leider jedoch profitiert angesichts der niedriger werdenden Tarifbindung in Deutschland, insbesondere in Niedriglohnbranchen, tatsächlich nur eine Minderheit der Beschäftigten von diesen Regelungen. In den Niedriglohnbranchen droht unter Umständen für Beschäftigte der Absturz in Hartz IV. Die Forderung des DGB nach einer gesetzlichen also generellen Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf mindestens 80 Prozent in der Corona-Krise ist deshalb absolut gerechtfertigt.

Abb. (PDF): Grafik und Quelle: Die Studie der Hans Böckler Stiftung findet sich unter der folgenden URL: https://www.boeckler.de/pdf/pm_wsi_2020_04_01.pdf