Politische Berichte Nr. 4/2020 (PDF)03b
Blick in die Medien

EU-Krisengipfel: Wirtschaftspresse sieht Schritte zur Transferunion

Alfred Küstler, Stuttgart

„Mit Merkel und Macron weiter Richtung Transferunion“, so die Züricher „NZZ“. „Das Gipfelabkommen leitet einen Epochenwechsel für die EU ein“, so das Düsseldorfer „Handelsblatt“, jeweils 22. Juli. Die wirtschaftsnahe Presse sieht die EU auf dem Weg zur Transferunion. Das Handelsblatt: „Denn 62 Jahre nach seiner Gründung tritt Europa erstmals als finanzielle Union auf. Mit dem 750 Milliarden Euro großen Wiederaufbaufonds nimmt die Staatengemeinschaft gemeinsam Schulden auf. Die Solidarität steht nicht nur auf dem Papier, sondern wird damit pekuniäre Wirklichkeit.“ Die deutsche Wirtschaftszeitung betont die positiven Seiten des Beschlusses: „Die Beschlüsse von Brüssel könnten Europa auf dem Kapitalmarkt langfristig zu einem Konkurrenten der USA machen. Mit den europäischen Staatsanleihen, für die alle Mitgliedstaaten anteilig haften, gibt es erstmals eine Alternative zu den US-Treasuries.“ Allerdings: „Die Staatengemeinschaft kommt mit dem beschlossenen Paradigmenwechsel nicht umhin, sich eigene Steuermöglichkeiten zu erschließen. Zu Recht sehen einige Ökonomen die Gipfelergebnisse als Einstieg in die Fiskalunion. Angesichts der steigenden Schulden im siebenjährigen EU-Haushalt führt mittelfristig kein Weg an einer eigenen EU-Steuer vorbei.“ Dagegen betont die Schweizer Zeitung die ihrer Meinung nach negativen Seiten: Die EU „sollte sich besser wieder auf ihre Existenzgrundlagen besinnen. Dazu gehört, dass sie zu ihrem Binnenmarkt Sorge trägt, sich nicht abschottet, sondern Liberalisierungen vorantreibt und so die Bürger mit wirtschaftlichen Vorteilen und Freiheiten überzeugt. Nur als Transfer- und Schuldenunion wird die EU kaum aus ihren Krisen und Konflikten herausfinden.“ Auch die NZZ sieht demnächst EU-Steuern: „Absehbar wird es im nächsten Streit darum gehen, mit welchen neuen gemeinschaftlichen Steuern und Einkünften solche Schulden bedient werden.“