Politische Berichte Nr. 5/2020 (PDF)04a
Aktuell aus Politik und Wirtschaft

EU: Einigung über Corona-Hilfen und Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 – unterschiedliche Bedingungen der Umsetzung in den Mitgliedsländern

Christoph Cornides, Mannheim


Europäische Kommission zum SURE-Programm vom 25.9.2020

In den Sommermonaten hatten sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf Corona-Hilfen und einen neuen EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 geeinigt. Damit wurde das bisher größte Finanz- und Haushaltspaket in der Geschichte der EU beschlossen. Es umfasst 1800 Milliarden Euro, wovon 1074 Milliarden Euro für den nächsten siebenjährigen Haushaltsrahmen und 750 Milliarden Euro für ein Konjunktur- und Investitionsprogramm gegen die Folgen der Corona-Pandemie-Krise vorgesehen sind.

Auf seiner Plenartagung vom September hat das Europaparlament beschlossen, die Europäische Kommission zu beauftragen, auf den Finanzmärkten 750 Milliarden Euro für den Aufbauplan „EU der nächsten Generation“ („Next Generation EU“ ) aufzunehmen. Diese 750 Milliarden Euro Sondermittel teilen sich wie folgt: 390 Milliarden als Zuschüsse für Staaten, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, 360 Milliarden, die als Kredite vergeben werden.

Dieses Ergebnis ist ein Kompromiss insbesondere zwischen den Vorschlägen Deutschlands, Frankreichs und der Kommissionspräsidentin von der Leyen und den vier Staaten Österreich, Niederlanden, Dänemark und Schweden, den selbsternannten „sparsamen Vier“. Nach den ersten Vorschlägen sollten EU 500 Milliarden als Zuschüsse und 250 als Kredite vergeben werden.

Eine Voraussetzung für die Freigabe der Mittel ist, dass auch Finanzmittel für Klimaschutz- und Digitalisierungs-Projekte eingesetzt werden. Die EU-Regierungen müssen die Kommissionsentscheidung dann mit qualifizierter Mehrheit bestätigen.

Die Entscheidungen signalisieren einen Paradigmawechsel in der EU-Finanzpolitik. Hatten sich bisher mehrere Staaten, allen voran Deutschland, strikt gegen jede Art von gemeinsam zu tilgenden Anleihen (Euro-Bonds, Corona-Bonds) gewehrt, so werden jetzt erstmals im Namen der EU Schulden aufgenommen. Die Finanzmittel werden „umverteilt“ und dann gemeinsam über Jahrzehnte getilgt.

Die selbsternannten „sparsamen Vier“ mussten der Schuldenaufnahme zustimmen, aber sie haben erreicht, dass die Zuschüsse in den Sondermitteln gesenkt und der Kreditanteil erhöht wurde. Deutschland soll aus dem Gesamtpaket 1,3 Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln für den Aufbau in den neuen Bundesländern und für Entwicklung im ländlichen Raum erhalten.

In einer Kompromissformel, die alle 27 Länder annahmen, wurde die Mittelvergabe an Rechtsstaatlichkeit in den jeweiligen Empfängerländern gebunden. Sowohl darum wie um die konkreten Konditionen der Zuschüsse sind weitere Auseinandersetzungen zu erwarten.

Vor allem aber sind die Bedingungen, wie die EU-Länder sowohl von der Pandemie wie von den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Gegenmaßnahmen betroffen sind, in hohem Maße unterschiedlich.

Quellen: Pressemitteilungen Kommission und Europaparlament

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DOK: Europäische Kommission zum SURE-Programm vom 25.9.2020

rog. Die Kommission begrüßt die Entscheidung, 16 Mitgliedstaaten im Rahmen von SURE eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 87,4 Mrd. Euro zu gewähren

Die Europäische Kommission begrüßt die Zustimmung des Rates, 16 Mitgliedstaaten im Rahmen des SURE-Instruments finanzielle Unterstützung in Höhe von 87,4 Mrd. Euro zu gewähren, um zum Schutz von Arbeitsplätzen und Erwerbstätigen beizutragen. Finanzielle Unterstützung wird in Form von Darlehen gewährt, die den Mitgliedstaaten zu günstigen Konditionen von der EU gewährt werden. Die Auszahlungen an die Mitgliedstaaten werden voraussichtlich in den kommenden Wochen beginnen. Diese Darlehen werden den Mitgliedstaaten dabei helfen, den plötzlichen Anstieg der öffentlichen Ausgaben zu bewältigen, um die Beschäftigung im Kontext der Pandemiekrise zu erhalten. Insbesondere werden sie den Mitgliedstaaten helfen, die Kosten zu decken, die in direktem Zusammenhang mit der Finanzierung nationaler Kurzarbeitsprogramme stehen, sowie weitere ähnliche Maßnahmen, die sie als Reaktion auf die Pandemie insbesondere für Selbstständige ergriffen haben. SURE könnte auch gesundheitsbezogene Maßnahmen finanzieren, insbesondere am Arbeitsplatz, um eine sichere Rückkehr zur normalen Wirtschaftstätigkeit zu gewährleisten. Die Entscheidungen folgen den im August vorgelegten Unterstützungsvorschlägen der Kommission und der Aktivierung des Instruments in der vergangenen Woche. Die Mitgliedstaaten können weiterhin formelle Anträge auf Unterstützung im Rahmen von SURE stellen, das insgesamt über eine Finanzkraft von bis zu 100 Mrd. Euro verfügt, um zum Schutz der von der Pandemie betroffenen Arbeitsplätze und Arbeitnehmer beizutragen.

SURE = Support mitigating Unemployment Risks in Emergency, vorübergehende Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in Ausnahmesituationen

Abb. (PDF): Höhe der Sure-Darlehen nach Mitgliedsstaaten