Politische Berichte Nr. 5/2020 (PDF)11b
Aus Kommunen und Ländern

Grüne im Aufschwung, CDU gefestigt. SPD und Linke sind Verlierer derKommunalwahl in NRW

Köln: Statt Schwarz-Grün – jetzt Grün-Schwarz?

dok: Wahlanalyse von Peter Heumann und Wolfgang Freye für das kommunalpolitische forum nrw (Auszug, vorab)

Köln: Statt Schwarz-Grün – jetzt Grün-Schwarz?

Jörg Detjen, Köln

In Köln wurde das Ergebnis mit Spannung erwartet. Die SPD hatte sich in der laufenden Periode ziemlich blamiert, die CDU hatte sich an die Grünen geschmiegt, um an der Macht zu bleiben. Die Grünen waren in den Stadtwerke-Skandal verwickelt, zogen aber personelle Konsequenzen. Die FDP war bundesweit in der Krise. Eine kleine ökologische Gruppe war Steigbügelhalter von Schwarz-Grün, spaltete sich und trat dann mit zwei Gruppen an. Die Linke hatte eine richtig gute Ratsarbeit absolviert und hatte in einigen sehr wichtigen Fragen sogar der SPD die Oppositionsführerschaft abgenommen.

Die Oberbürgermeisterin

Beim ersten Wahlgang zur Oberbürgermeister/in Wahl erhielten:

Henriette Reker (CDU, Grüne) 187.389 Stimmen

Andreas Kossiski (SPD) 111.353 Stimmen

Jörg Detjen (Die Linke) 29.810 Stimmen

Es folgten weitere 10 Kandidatinnen und Kandidaten. Der OB-Kandidat der Linken erhielt mit 7,2 % ein „respektables Ergebnis“ (wdr). Ungewöhnlich deshalb, weil er 2.900 Stimmen mehr erhielt als die Linke Ratsliste. Die Kölner Wählerinnen und Wähler hatten es in der Stichwahl bei den Oberbürgermeister/in-Wahl in der Hand, wählen sie Grün-Schwarz oder Grün-Rot. Sie wählten mit 60 % wieder die Oberbürgermeisterin Reker.

Der Stadtrat

Die Parteien erhielten:

Grüne 28,5 % / +9,0 % = 118.997

SPD 21,6 % / –7,8 % = 90.040

CDU 21,5 % / –5,7 % = 89.659

Die Linke 6,5 % / –0,5 % = 27.044

FDP 5,3 % / –0,2 % = 21.965

Volt 5,0 % / +5,0 % = 20.783

AfD 4,4 % / +0,8 % = 18.272

Sonstige 7,2 % / –1,0 % = 30.467

Am 13.9. beteiligten sich 51,4 % der Kölnerinnen und Kölner an der Wahl. Das waren 2 % mehr als 2014, 422 000 statt 399 000 Personen. Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl 2019 lag bei 64,6%.

Vor der Kommunalwahl gab es eine sehr breite Kampagne unter dem Motto „Kein Veedel für Rassismus“. Im letzten Rat hatten AfD und pro Köln 5 Sitze. Da sich pro Köln inzwischen aufgelöst hat und seit vielen Jahren das rechtsextreme Potential bei ca. 8 % liegt, ist das Abschneiden der AfD mit vier Sitzen überschaubar.

Auffällig war bei der Kommunalwahl die soziale Spaltung der Stadt. Selbst die Stadt Köln schreibt in ihrer immer wieder guten Wahlanalyse zur Kommunalwahl 2020: Die „Schere der politischen Teilhabe zwischen den Stadtteilen und ihren unterschiedlichen Sozialstrukturen geht noch weiter auseinander.“

Sie verweist darauf, dass 2014 die geringste Wahlbeteiligung in den Stadtteilen 25,9 % betrug und in den höchsten 63,2 % = Spannbreite 37,3 %

2020 betrug die geringste Wahlbeteiligung 22,5 %, die höchste 69,2% = Spannbreite 46,7 %. D.h. der Gewinnzuwachs von Stimmen bei den Grünen und ökologischen Gruppen geht einher mit einer höheren Wählermobilisierung in den besserverdienenden Stadtteilen. Das trifft vor allem die SPD, aber auch Die Linke, deren Wählerschichten weniger zu Wahl gehen.

Interessant, dass die Grünen inzwischen die stärkste Partei im Kölner Stadtrat ist. Gleichzeitig geben sie Stimmen an die Partei Volt und kleine ökologische Gruppen ab. Volt erhielt aus dem Lager der Grünen 11.600 Stimmen. Die Mittelschicht strotzt im Kölner Stadtrat. Wenn man sich die obige Tabelle ansieht, kann man die Wählerwanderungen deutlich erkennen. Dabei hat die Linke aus der Wählerschaft der Grünen 800 Stimmen gewonnen, aber 1.700 Stimmen an die Grünen verloren, also minus 900 Stimmen.

Darüber hinaus hat die Linke an die Gruppe der Sonstigen 2.300 Stimmen verloren, dahinter verbergen sich Volt, Die Partei, Klimafreunde und die Gruppe GUT.

Die Linke hat von der SPD +800 Stimmen erhalten, eher ein schwacher Zuwachs, nach der desaströsen Politik der Kölner SPD in den letzten Jahren. Überraschend, aus der Wählerschaft der CDU konnten +1 000 Stimmen gewonnen werden. Das kann eigentlich nur über soziale Inhalte erfolgt sein. Positiv ist auch, dass die Linke gegenüber der Wahl 2014 63,7 % Stammwähler hat. D.h. Die Linke ist in Köln keine Protestpartei, sondern eine feste Größe in der Kölner Stadtgesellschaft. Daran muss man weiter arbeiten, das fällt niemanden in den Schoß.

Wie geht es weiter

Die Linke im Kölner Rat hat weiterhin sechs Sitze. Die Kölner Monatszeitschrift „Stadtrevue“ wünscht sich Grün-Rot-Rot:

„Die Linke in Köln ist undogmatisch und verkehrs- und umweltpolitisch oft mindestens so grün wie die Grünen selber. In einem Bündnis mit Grünen und SPD könnten sie zudem die mittlere Position einnehmen: Dass Klimapolitik für die Linke auch Sozialpolitik bedeutet, hat niemand so stark herausgestellt, wie ihr OB-Kandidat Jörg Detjen.“

Es ist eher unwahrscheinlich, dass es dazu kommt. Grüne und CDU haben mit der Oberbürgermeisterin Reker im Rat eine Stimme Mehrheit und werden die kleinen ökologischen Gruppen an sich ziehen.

Abb. (PDF): Wählerwanderungen in Köln