Politische Berichte Nr. 1/2021 (PDF)15
Kommunale Politik

München: Eine Stadt sucht nach ihrer Bestimmung Tossehof in Gelsenkirchen: Teure Korrektur eines Irrwegs der 1960er Duisburg: Wohnen im Hochhaus? Essen: Entwicklungskonzept statt Hochhaus-„Wildwuchs“! Elbtower: Gigantismus à la SPD Kommunales Thema: Sozial wohnen

Thema: Sozial Wohnen

[DOK] Ulli Jäckel Hamburg

01 Sozialwohnungsquote: Dem OB fehlt das Rückgrat gegenüber der Immobilienlobby. Dresden

02 Wohnungsneubau – Wo bleiben die Gemeindewohnungen? Dortmund.

03 Mietsenkung statt Zahlungsaufschub – Soforthilfeprogramm für Mieter*innen starten! Offenbach.

04 Bündnis #Mietenwahnsinn-Hessen: Frankfurt.

05 München braucht mehr geförderten Wohnraum. München

06 Obdach- und Wohnungslose vor der Pandemie schützen. Hamburg

01

Sozialwohnungsquote: Dem OB fehlt das Rückgrat gegenüber der Immobilienlobby. Dresden. In der letzten Ratssitzung bekam der Vorschlag von Rechtsaußen, den im Kooperativen Baulandmodell festgeschriebenen Sozialwohnungsanteil von 30 Prozent bei Neubauvorhaben auf dauerhaft 15 Prozent zu senken, eine Zufallsmehrheit. Für die sorgte nicht nur die rechte Seite des Rates, sondern auch der Oberbürgermeister, der mit seiner Enthaltung die Ein-Stimmen-Mehrheit sicherte. Das „Problem“: Dieser Beschluss war rechtswidrig, war doch ursprünglich nur zur Entscheidung über einzelne, zeitlich befristete Ausnahmen von der Quote geladen. Der Oberbürgermeister sah sich gezwungen, dem von ihm selbst herbeigeführten Beschluss zu widersprechen. Die Vorlage steht deshalb erneut auf der Tagesordnung der Ratssitzung am Dienstag. Aber nicht nur das: Der Oberbürgermeister will das Ansinnen der rechten Ratsseite jetzt offenbar rechtssicher durchsetzen und hat seinerseits eine Vorlage eingebracht, die ebenfalls am Dienstag auf der Tagesordnung steht, die sich genau diesen Vorschlag von Rechtsaußen zu eigen macht und im Widerspruch zur fachlichen Expertise seiner eigenen Behörde die dauerhafte, generelle Senkung der 30-prozentigen Quote zum Ziel hat. Bemerkenswert: In der Vorlage wird faktisch bekräftigt, dass für Dresden eine Sozialwohnungsquote in Bebauungsplänen von 30 Prozent notwendig ist, um dann am Ende trotzdem eine Reduktion auf 15 Prozent vorzuschlagen.

https://linke-fraktion-dresden.de

02

Wohnungsneubau – Wo bleiben die Gemeindewohnungen? Dortmund. Auch im neuen Jahr hat sich nichts an der Situation geändert: Wohnraum in Dortmund ist knapp. Und preisgünstiger Wohnraum in Dortmund ist besonders knapp. Gerade für kleine Wohnungen haben sich Mieten in den vergangenen Jahren teilweise sogar verdoppelt! Einkommensschwache Haushalte werden durch die ständig steigenden Mieten – und auch die steigenden Nebenkosten – immer mehr belastet. Die Fraktion Die Linke+ will deshalb – wie schon im Wahlkampf angekündigt – Wohnungsbau für untere Einkommensschichten forcieren. „Wir werben weiterhin für das Wiener Modell der Gemeindewohnungen“, erklärt Utz Kowalewski, Fraktionsvorsitzender und wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke+. Der Weg für den Bau solcher Gemeindewohnungen wurde in Dortmund auch schon längst bereitet: Denn die Stadt Dortmund verfügt über eine eigene Stadtentwicklungsgesellschaft, die die Aufgabe hat, auf städtischen Grundstücken günstigen Wohnraum zu schaffen. Und das möglichst zügig. „Doch von großen Aktivitäten haben wir noch nichts gehört“, sagt Kowalewski. „Eigentlich eher gar nichts.“ Seine Fraktion will deshalb im Wohnungsausschuss am 3. Februar nachbohren. „Wir wollen wissen, wie und ob die Stadtentwicklungsgesellschaft Wohnungsnot aktiv bekämpft und welche Bau-Maßnahmen ganz konkret geplant sind.“ Die Zeit dränge, meint Kowalewski. Jeder zweite Dortmunder – also 300 000 Menschen – habe Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein, also auf eine Sozialwohnung. Doch es gebe nur noch rund 20 000 Sozialwohnungen in Dortmund. (Quelle: Wohnungsmarktbericht der Stadt Dortmund). „Das reicht hinten und vorne nicht“, sagt Kowalewski. „Ganz im Gegenteil: Wir brauchen in Dortmund jedes Jahr 1000 neue Gemeindewohnungen.“

https://www.dielinke-dortmund.de

03

Mietsenkung statt Zahlungsaufschub – Soforthilfeprogramm für Mieter*innen starten! Offenbach. Die Fraktion Die Linke fordert ein kommunales Soforthilfeprogramm für Mieter*innen. Die Stadtverordnete Marion Guth erklärt dazu: „Die Coronakrise bringt viele Menschen mit geringem Einkommen in große finanzielle Schwierigkeiten. Das gilt besonders für Menschen, die ohne feste Arbeitsverträge dastehen, zusätzlich zur Armutsrente einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen müssen oder sich als Solo-Selbstständige oder Ladenbesitzerin gerade so über Wasser halten. Offenbach muss ein Soforthilfeprogramm auflegen, durch das Mieterhöhungen bei der GBO bis zum Jahresende ausgeschlossen werden und Mieter*innen bei Einkommensverlusten unbürokratisch Mietsenkungen geltend machen können. Kündigungen und Zwangsräumungen müssen für die Dauer der Pandemie gestoppt werden. Der Magistrat muss sich auch dafür einsetzen, dass den Betroffenen Strom und Gas nicht abgestellt werden, wenn sie ihre Rechnungen nicht rechtzeitig bezahlen können. Die Einkommensverluste treffen nicht nur Mieter von städtischen Liegenschaften. Deshalb fordern wir, dass der Magistrat Gespräche mit den großen Wohnungsunternehmen führt, die Liegenschaften in Offenbach unterhalten. Ziel ist, dass sie diese Grundsätze übernehmen. Für die Inhaber kleiner Läden ist die Belastung durch hohe Mieten ebenfalls ein Problem. Deshalb soll der Magistrat auch Gespräche mit den Eigentümern von Einzelhandelsflächen führen und darauf hinwirken, dass die Mietforderungen für diese Flächen ebenfalls gesenkt werden.“

https://die-linke-of-stadt.de

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Bündnis #Mietenwahnsinn-Hessen: Frankfurt. Die notwendige Verlängerung des Lockdowns verschärft die Situation auf dem Wohnungsmarkt weiter. Viele Mieter*innen können durch den Verlust ihres Arbeitsplatzes oder durch Kurzarbeit die ohnehin hohen Mieten oder ihre Nebenkosten nicht mehr bezahlen. Das Bündnis Mietenwahnsinn-Hessen sieht neben Bund und Land die Kommunalpolitik in der Pflicht, sich für einen besseren Schutz der Mieter*innen in der Coronakrise einzusetzen. Die Kommunen sind aufgefordert, ihren Einfluss auf die kommunalen Wohnungsunternehmen und Energieversorger geltend zu machen, damit die folgenden Sofortmaßnahmen ergriffen werden: Alle Zwangsräumungen müssen ausgesetzt werden und es darf keine Energie- und Wassersperrungen geben. Weiter fordern wir einen Mietenstopp, der Mieterhöhungen über einem Prozent pro Jahr verhindert. Der Kündigungsschutz für Mieter*innen muss gestärkt werden, zumindest müssen die Corona-Sonderregelungen, die Ende Juni 2020 ausgelaufen sind, wieder in Kraft treten. Sammelunterkünfte für Geflüchtete oder kommunale Notunterkünfte für Wohnungslose müssen in der Coronakrise schnellstmöglich aufgelöst werden, wenn geltende Standards, etwa zu Hygiene und Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden. Die Kommunen müssen sich neben Bund und Land dafür einsetzen, dass auch bei der Unterbringung von Arbeitskräften geltende Standards, etwa zu Hygiene- und Sicherheitsabstand, eingehalten werden. Der Arbeitsschutz muss landesseitig gestärkt und die Kontrollen müssen verschärft werden. Die Kommunen sind aufgefordert, das Hessische Wohnungsaufsichtsgesetz stärker zu nutzen. Dazu muss die kommunale Wohnungsaufsicht personell aufgestockt werden. Pro Jahr müssen mindestens 10 000 neue Sozialwohnungen geschaffen, Wohnraumzweckentfremdung und spekulativer Wohnraumleerstand vor Ort unterbunden und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen oder in Büroräume erschwert bzw. verhindert werden. Für Haushalte im Sozialleistungsbezug müssen die tatsächlichen Mietkosten übernommen werden.

Das Forderungspapier ist abrufbar unter: https://bit.ly/3c0uPkY Antrag: SoBoN-Novelle 2020/2021

05

München braucht mehr geförderten Wohnraum. München ist bekanntlich die teuerste Stadt Deutschlands. Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware und immer mehr Menschen reihen sich in die Wartelisten der Stadt auf geförderten Wohnraum ein. Etwa 65 % der Münchner Haushalte verfügen über ein Haushaltseinkommen, das innerhalb der Einkommensgrenzen der verschiedenen Förderprogramme zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums liegt (EOF, München Modell, Konzeptioneller Mietwohnungsbau). Der Wohnungsbestand in München bildet diesen Bedarf jedoch überhaupt nicht ab.

Der Stadtrat möge beschließen:

1. künftig vor jedem Billigungsbeschluss 65 % des neu geschaffenen Wohnbaurechts für geförderten Wohnungsbau zu erwerben.

2. Auf diesen erworbenen Flächen wird geförderter bzw. preisgedämpfter Wohnungsbau mit folgenden Flächenanteilen realisiert: 25 % EOF (Einkommensorientierte Förderung), 20 % München Modell Miete bzw. Genossenschaften, 20 % Konzeptioneller Mietwohnungsbau. Der Ankaufspreis wird entsprechend auf 300 Euro / 600 Euro / 1050 Euro pro Quadratmeter festgesetzt.

3. Teile dieser Flächen können mit entsprechenden Bindungen im Erbbaurecht auf 80 Jahre an Dritte (Genossenschaften, Mietshäusersyndikate, Bestandshalter) zur Bebauung vergeben werden.

4. Damit die städtischen Wohnbaugesellschaften auch in künftigen Jahren ihr Neubauprogramm fortsetzen und ggf. beschleunigen können, werden ausreichend Flächen an sie übertragen.

5. Auf den verbleibenden 35 % der Wohnbauflächen dürfen nur Mietwohnungen realisiert werden. Eine Aufteilung in Eigentumswohnungen ist nicht zulässig.

6. Der Finanzierungsbeitrag für die soziale Infrastruktur für das neu geschaffene Wohnbaurecht wird auf 250 Euro pro Quadratmeter erhöht.

7. Als ausreichender Planungsgewinn soll den Planungsbegünstigten maximal 1/5 (d.h. 20 %) des Wertzuwachses verbleiben.

8. Für alle Gebäude gilt eine Solaranlagenpflicht (Photovoltaik oder Solarthermie)

Begründung: (…) Durch Nachverdichtungen werden hauptsächlich Eigentumswohnungen im Luxussegment errichtet und auch nach den bisherigen Regeln der SoBoN entstehen lediglich 40 % der Wohnungen im geförderten Wohnungsbau bei Bindungsdauern bis zu 40 Jahren. Deshalb ist es wichtig, dass bei neugeschaffenem Wohnbaurecht bezahlbarer Wohnraum in der Größenordnung von mindestens 65% entsteht. Somit würde zumindest die Lücke zwischen Bedarf und Bestand an bezahlbarem Wohnraum nicht weiter anwachsen. Auf den restlichen Flächen sollten nur Mietwohnungen realisiert werden und zukünftige Aufteilung in Eigentumswohnungen nicht zulässig sein, um die Mieter*innen zu schützen. Luxus-Eigentumswohnungen hat die Stadt München schon zu genüge. Durch den Ankauf von Flächen verbleiben diese dauerhaft in städtischem Zugriff. So kann die Münchner Mischung auf all diesen Flächen umgesetzt werden, auch im Rahmen möglicher Erbbaurechtsvergaben. Wenn die Stadt z.B. nur die EOF-Flächen erwirbt und an die städtischen Wohnbaugesellschaften überträgt, so würden große Quartiere entstehen, in denen dann alle EOF-Wohnungen geballt realisiert werden. Auf diesem Weg entstehen oft keine stabilen Hausgemeinschaften und Stadtquartiere. Dies sollte verhindert werden. Wenn die Stadt neues Baurecht schafft, steigen die Bodenwerte exorbitant an. Schon der ehemalige Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel erkannte 1971, dass Bodenwertsteigerungen „im Wesentlichen deshalb zustande kommen, weil die Gemeinschaft Ackerland als Bauland auswies und neue Straßen, Kanäle, Schulen und andere Gemeinschaftseinrichtungen gebaut hat.“

https://www.dielinke-muenchen-stadtrat.de

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Obdach- und Wohnungslose vor der Pandemie schützen. Hamburg

Corona und winterliche Kälte: Für viele Menschen in Hamburg ein lebensbedrohlicher Mix. Dazu Stephanie Rose, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Seit Dezember letzten Jahres sind elf Menschen in Hamburg auf der Straße verstorben. Davon acht binnen weniger Tage seit dem Jahreswechsel. Wir alle sind derzeit angehalten, nur noch eine Person außerhalb des eigenen Haushalts zu treffen, am besten aber gar keine. Gleichzeitig sollen aber Obdachlose in Unterkünften für bis zu 400 Menschen übernachten. Das ist doch zynisch. Zumal abertausende von Hotels in Hamburg im Moment leerstehen.“ Carola Ensslen, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linksfraktion: „Nicht allzu viel besser ist die Situation von Wohnungslosen in Unterkünften – zu einem großen Teil Geflüchtete – die dort mangels Wohnraums über Jahre leben müssen. Besonders schutzbedürftige Personengruppen mit Behinderungen und Erkrankungen werden stark vernachlässigt. Gerade sie sollten schnell anders untergebracht werden. Der Senat vernachlässigt da grob seine Schutzpflicht gegenüber vulnerablen Menschen.“

https://www.linksfraktion-hamburg.de