Politische Berichte Nr. 2/2021 (PDF)03b
Blick in die Medien

Schweizer Ja zum Verhüllungsverbot, aber keine Umsetzung

Alfred Küstler, Stuttgart. Am 7. März stimmten die Schweizer Stimmbürger über drei Vorhaben ab.

Das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste wurde mit 64,4 Prozent deutlich abgelehnt. Dieses Gesetz sah vor, dass die elektronische Identifizierung für Online-Dienste durch private Firmen (durchaus im Staatsbesitz) entwickelt werden soll. Die Ablehnung geht in die Richtung, dass diese Dienstleistung vom Staat angeboten werden muss.

Knapp befürwortet haben die Schweizer mit 51,7 Prozent das Wirtschaftsabkommen zwischen den EFTA-Staaten, also auch der Schweiz, und Indonesien. Die Kritiker störten sich daran, dass damit Palmölexporte aus Indonesien in die Schweiz erleichtert würden. Die Regierung hatte argumentiert, dass es zahlreiche Auflagen für die Palmölproduzenten im Abkommen gebe.

Die Abstimmung, die auch im Ausland für die meiste Aufregung sorgte, war die Volksinitiative „Ja zum Verhüllungsverbot“, allgemein als Burka-Verbot bezeichnet. Dies Initiative fand ein knappes Mehr von 51,2 Prozent, wobei nur sechs Kantone dagegen stimmten (die großstädtisch geprägten Kantone Basel-Stadt, Zürich, Bern, Genf sowie die um den Tourismus besorgten Kantone Graubünden und Appenzell-Außerrhoden). Das Mehr kam zustande, weil nicht nur die Anhänger der rechten Schweizer Volkspartei (SVP) und Islamgegner dafür stimmten. Aus ihrem Umfeld war die Volksinitiative lanciert worden. Ebenfalls fand das Burka-Verbot Zustimmung bei feministischen und laizistischen Bevölkerungsteilen, weswegen in den Westschweizer Kantonen die Zustimmung eher hoch war. Der symbolische Erfolg für die Rechten ist damit zwar da, aber schwächer als bei dem 2009 mit 57,5 Prozent angenommenen Minarettverbot. Der Schweizer Bundesrat, also die Regierung, will allerdings das Verbot, das jetzt in der Verfassung steht, nicht umsetzen. Die zuständige Justizministerin Karin Keller-Sutter argumentiert, für eine Vorschrift, dass niemand an öffentlich zugänglichen Orten sein Gesicht verhüllen darf, sei nicht der Bund zuständig, sondern die Kantone, weil eine Angelegenheit der öffentlichen Ordnung. Dafür spricht, dass es schon bisher in zwei Kantone allgemeine Verhüllungsverbote gab und andere sich ausdrücklich dagegen entschieden haben. Dagegen gibt es ebenfalls kantonal zahlreiche Vermummungsverbote für Demonstrationen Da in der Vorlage keine Umsetzungsregel enthalten war, könnte die Regierung damit durchkommen. Auch das Minarettverbot gilt nicht absolut: Das Schweizer Bundesgericht entschied 2012, dass völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz Vorrang haben vor abweichenden Verfassungsbestimmungen.