Politische Berichte Nr. 2/2021 (PDF)20
Rechte Provokationen – Demokratische Anworten

Redaktionsnotizen. Zusammengestellt von Rosemarie Steffens, Langen, Hessen

01 Gleichbehandlung, Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe der Roma!

02 Frauenpolitische Sprecherin der AfD-Delegation im EU-Parlament, Christine Anderson, verteidigt den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention (

03 GdP fasst Beschluss gegen AfD-Mitgliedschaft.

04 Mannheim: parteiübergreifende Plakataktion gegen die AfD zu den Landtagswahlen.

05 Gedenkstätte zum KZ in den Adlerwerken wird konkret.

06 „Hate not found?! Das Deplatforming* der extremen Rechten und seine Folgen“

01

Gleichbehandlung, Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe der Roma! Das sind die Ziele der am 12.3.21 erneuerten Empfehlung des Europäischen Rats. Die Empfehlung betont, wie wichtig die gleiche Teilhabe von Roma in der Gesellschaft und der Politikgestaltung ist. Die Mitgliedsstaaten sind aufgerufen, die Diskriminierung der Roma vor allem in den Schlüsselfeldern Erziehung, Beschäftigung, Wohnen und Gesundheit effektiv zu bekämpfen, dabei sind die unterschiedlichen Bedürfnisse bestimmter Roma-Gruppen Thema, besonders von Frauen, Kindern, LGBTI-Menschen und behinderten Menschen. Auf diese Gruppen soll verstärkte Aufmerksamkeit gerichtet werden und die Gleichberechtigung ihrer Kultur z.B. mit Kampagnen in Schulen gefördert werden.

Gegenüber der Empfehlung aus dem Jahr 2013, die zur Messung der Integration der Roma-Bevölkerung effektive Instrumente zur Verfügung stellte, gibt es jetzt eine erweiterte Skala zur Bekämpfung des Hasses online und offline (zu Schikanen, Antiromaismus, Vorurteilen, Anti-Roma-Rhetorik und Hassreden). Zielsettings wurden verbessert, Datensammlungen bereitgestellt, wissenschaftliche Begleitung wird angeboten. Die hauptamtliche Politik soll sensibilisiert werden für die Gleichstellung und die Inklusion der Roma. Außerdem unterstreicht die Empfehlung die Wichtigkeit der Genderperspektive.

Council recommendation on Roma equality, inclusion and participation, 2 March 2021

02

Frauenpolitische Sprecherin der AfD-Delegation im EU-Parlament, Christine Anderson, verteidigt den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt). ,,Dass Erdogan die Istanbul-Konvention ablehnt, ist, … nachvollziehbar. Diese gibt vor, sich gegen Gewalt an Frauen zu richten. Das ist perfide, denn unter dem Deckmantel des Frauenschutzes versucht sie die Gender-Ideologie zu implementieren: So geht die Istanbul-Konvention von biologischen und sozialen Geschlechtern als getrennten Realitäten aus. … Derweil nimmt in vielen Ländern, die die Istanbul-Konvention ratifiziert haben, die Gewalt an Frauen zu. Sie haben im Zuge der Migrationskrise Frauenhass importiert: Zwangsheiraten, Kinderehen, sogenannte Ehrenmorde und Genitalverstümmelungen sind auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Die Betroffenheitslyrik der Istanbul-Konvention hat dies nicht verhindert. Es ist daher scheinheilig, der Türkei im Zuge ihres Austritts aus der Istanbul-Konvention frauenfeindliche Bestrebungen vorzuwerfen, wenn sie bloß die traditionelle Familie schützen will, was ihr gutes Recht und richtig ist. Das ändert nichts daran, dass wir einen EU-Beitritt der Türkei und die Zahlung von EU-Heranführungshilfen ablehnen – nur eben aus anderen Gründen.‘‘

https://afdkompakt.de/2021/03/22/betroffenheitslyrik-der-istanbul-konvention-verhindert-keinen-frauenhass/

03

GdP fasst Beschluss gegen AfD-Mitgliedschaft. Gleichzeitige Mitgliedschaften in der AfD und der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind nach Bundesvorstandsbeschluss unvereinbar. Die Gewerkschaft der Polizei kündigte an, Mitglieder, die sich mit ihrer Parteimitgliedschaft zur AfD bekennen, sie unterstützen oder mit ihr sympathisieren, aufzufordern, die gewerkschaftliche Solidargemeinschaft zu verlassen. Immer öfter trete das wahre Antlitz der AfD zu Tage. So hätten hochrangige AfD-Politiker inmitten der Corona-Krise an den sogenannten Querdenken-Demonstrationen teilgenommen und dabei offen den Schulterschluss mit Rechtsextremen, Antisemiten, Reichsbürgern und Verschwörungstheoretikern gesucht. Völkisch-nationalistische Kräfte radikalisierten die AfD. Viele Anhänger des nachweislich rechtsextremen „Flügels“ nähmen weiterhin eine tragende Rolle in der Partei ein. Die GdP werde weiter engagiert dafür eintreten, demokratische Teilhabe und politische Bildung zu stärken.

04

Mannheim: parteiübergreifende Plakataktion gegen die AfD zu den Landtagswahlen. (Christoph Cornides, Mannheim) In Mannheim gelang in den Landtagswahlen im März 2021 eine parteiübergreifende erfolgreiche Plakataktion gegen die AfD von Mitgliedern der Grünen, der SPD, der Linken, Die Partei und den „Omas gegen Rechts“. Im Wahlkreis Mannheim-Nord hatte die AfD bei den Landtagswahlen 2016 ein Direktmandat knapp vor der SPD erzielt. Jedes dieser Gegenplakate beinhaltete u.a. die völkisch, nationalsozialistische Aussage eines AfD-Vertreters. Z.B. „Von der NPD unterscheiden wir uns nicht durch Inhalte“, Dubravko Mandic, (AfD-Stadtrat in Freiburg) oder „Wir sollten eine SA gründen und aufräumen“ o.ä. Dazu: „Demokratisch wählen! keine Stimme den Antidemokraten!“ Das Ganze mit Logos der beteiligten Parteien und Impressum. Die AfD schäumte, rege öffentliche Diskussionen in Mannheim, aber alles rechtens stellte das Verwaltungsgericht fest. Auch ein Beitrag zum Verlust von immerhin über 11 000 Stimmen bei der AfD.

05

Gedenkstätte zum KZ in den Adlerwerken wird konkret. Ulla Diekmann, Frankfurt/M. 76 Jahre nach Auflösung des Konzentrationslagers beschließt die Stadt Frankfurt am Main die Anschubfinanzierung für eine Gedenk- und Lernstätte am historischen Ort. Gesichert ist damit die Erstellung von Konzept und Ausstellung als auch die Miete des 160 Quadratmeter großen Raums auf zehn Jahre. Von den 1616 Gefangenen war die große Mehrheit polnischer Herkunft, Teilnehmer am niedergeschlagenen Warschauer Aufstand von 1944. Vermutlich überlebten nur ca. 140 der Häftlinge das KZ, deren Räumung und die Todesmärsche. Engagierte Menschen kämpfen seit Jahrzehnten darum, dass diese Geschichte zum festen Bestandteil der Erinnerung der Frankfurter*innen wird, sie haben jetzt einen weiteren Erfolg erzielt.

Mehr Infos auf kz-adlerwerke.de.

06

„Hate not found?! Das Deplatforming* der extremen Rechten und seine Folgen“ ist der Titel der ersten systematischen Studie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena, zur Frage, wie sich Sperrungen von Profilen Rechtsextremer in den sozialen Medien durch die Betreiber von Plattformen auf die rechten Akteure im deutschsprachigen Raum auswirken. Mit dem Digital Service Act der Europäischen Kommission werden neue Standards geschaffen, die die sozialen Medien weiter verändern werden. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich Rechtsextreme von kommerziellen Plattformen abhängig gemacht haben und ihnen das Einschreiten der Betreiber erheblich schadet. Von 55 einflussreichen untersuchten Hassakteuren hatten 29 bereits digitale Plattformen verloren. Das Deplatforming zentraler rechtsextremer Akteure schränke deren Mobilisierungskraft deutlich ein und nehme ihnen eine zentrale Ressource, auf die ihre Inszenierungen abzielen: Aufmerksamkeit. Die Studie kommt zum Ergebnis: „Deplatforming wirkt“.

Allerdings bildeten sich aber verschiedene Muster innovativer Strategien als Antwort auf die Sperrung heraus.

*„eine Gruppe oder Einzelperson zu boykottieren, indem ihnen die Plattform, die zum Austausch von Informationen oder Ideen genutzt werden, genommen wird“. (Merriam-Webster’s Wörterbuch)

Siehe Studie unter https://www.idz-jena.de/hatenotfound