Politische Berichte Nr.4/2021 (PDF)31a
Kalenderblatt 1. Juli 1925

1. Juli 1925 Deutsches Reich Berufliche Erkrankungen werden Versicherungsfall Am 10. Juni 1925 nimmt die 1919 gegründete Internationale Arbeitsorganisation ILO die Übereinkunft C018 zur Entschädigung von Berufskrankheiten an und schlägt sie den Mitgliedsstaaten zur Ratifizierung vor „Berufskrankheit” – ein Begriff wird geprägt Schornsteinfegerkrebs

„Berufskrankheit” – ein Begriff wird geprägt

Rudi Arendt, Elmshorn

„Die Wissenschaft von den Gesundheitsschädigungen, denen die Arbeiter in der Industrie ausgesetzt sind… hat in unserer Zeit eine gewaltige Bedeutung und Ausbreitung gefunden.“ So beginnt eine Abhandlung über Schädigungen der Lohnabhängigen im Druckgewerbe: 1912 beschreibt in „Die Berufskrankheiten der Buchdrucker“ Dr. Raphael Silberstein, Hygienearzt und Mitglied des „Vereins sozialistischer Ärzte“, die Veränderungen von der Handpresse zur Rotationsmaschine, vom Handsatz zum Maschinensatz: „Unser moderner Zeitungsbetrieb mit Morgen-, Mittag-, Abend- und Nachtausgaben erzeugt ein wüstes Gehetze und eine geistige und körperliche Anstrengung…“ Seine allgemeinverständliche Skizze wendet sich nicht nur an Beschäftigte der Branche, sondern an das Interesse eines „immer größer werdenden Kreis von Arbeitern an der gesamten Gewerbehygiene“. Nach der Tuberkulose (u.a. verursacht durch Bleigift, mangelnde Bewegung in überhitzten Arbeitsräumen) und der Bleivergiftung (Dämpfe und Staub) spielten unter Buchdruckern die nervösen Leiden eine erhebliche Rolle. Eine weitere Gruppe umfasse diejenigen Störungen, die sich infolge mangelhafter Blutzirkulation im Unterschenkel und Überanstrengung der Füße durch das übermäßige lange Stehen bildeten. Zudem nähme „Gicht eine besondere Stellung unter den Erkrankungen der Buchdrucker“ sowie bei Schriftgießern und Setzern ein. „Als letzte Gruppe der Berufskrankheiten möchte ich die Hautleiden hervorheben; meist sind es wohl die sogenannten Ekzeme der Arme und Hände…“, so Silberstein. Die Heftreihe der „Arbeitergesundheits-Bibliothek“ des Vorwärts-Verlags berichtet ebenso über die Berufskrankheiten der Gasarbeiter, Schneider und Textilarbeiter, Maurer und Bauarbeiter. Durch ihr Wirken prägt die Schrift einen weitgefassten Begriff von beruflichen Krankheitsursachen.

Literatur: Die Arbeitergesundheits-Bibliothek, Verlag Buchhandlung Vorwärts Berlin, Schriftenreihe 1904 und 1912

Abb. (PDF): Faksimie Buchtitel