Politische Berichte Nr.6/2021 (PDF)02c
Blick auf die Medien

Schweiz: Corona-Politik bestätigt, Beifall für die Pflege und Nein zum Auslosen von Richtern

Alfred Küstler, Stuttgart. Am 27 November war der vierte Abstimmungssonntag 2021 in der Schweiz. Bei einer für die Schweiz sehr hohen Stimmbeteiligung von fast 66% sagten 62 Prozent Ja zum Covid-19-Gesetz. Eine „bittere Niederlage für die SVP“, kommentierte die „Neue Zürcher Zeitung“. Es war schon zum zweiten Mal, dass gegen die Gesetzgebung des Nationalrats zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie das Referendum ergriffen wurde. Im Juni hatten bereits 60% mit Ja gestimmt (bei einer Beteiligung von 59%); damals hatte die rechtsnationale SVP noch Stimmfreigabe empfohlen. Jetzt hatte sie sich an die Seite der Impfgegner gestellt, die in der Schweiz eine ähnlich ideologische Ausrichtung haben wie in Deutschland. Das hat sich für die SVP nicht ausgezahlt. Der rechte Rand der Corona-Skeptiker-Bewegung überlegt jetzt, sich rechts von der SVP als politische Kraft zu organisieren.

Die zweite Initiative „für eine starke Pflege“ wurde mit 61 Prozent angenommen, obwohl die Regierung einen Gegenvorschlag gemacht hatte. Die Initiative verlangt, dass Bund und Kantone die Pflege fördern. Es soll genügend diplomierte Pflegefachpersonen geben und in der Pflege tätige Personen sollen entsprechend ihrer Ausbildung und ihren Kompetenzen eingesetzt werden. Auch verlangt die Initiative, dass der Bund die Arbeitsbedingungen regelt und für eine angemessene Abgeltung sorgt. Außerdem sollen Pflegefachpersonen gewisse Leistungen direkt zulasten der Krankenkasse abrechnen können. Der Gegenvorschlag der Regierung sah eine rasche Erhöhung der Anzahl der Pflegefachpersonen durch neue Ausbildungsmöglichkeiten vor. Praktisch wird es auch darauf hinauslaufen, selbst die Initianten der Abstimmung meinten, dass nur dieser Teil rasch umsetzbar sei.

Die dritte Abstimmung sollte ein neues Wahlverfahren für die Bundesrichter etablieren. Bisher werden sie auf Vorschlag von den Parteien nach Proporz vom Bundesparlament gewählt. Das Verfahren kam in Verruf, die richterliche Unabhängigkeit sei durch die Parteibindung nicht gewährleistet. Das Schweizer Volk wollte aber das alternativ vorgeschlagene Verfahren mit Los und auf Lebenszeit gewählten Richtern nicht. Weil in der Schweiz immer das Volk das letzte Wort bei Verfassungsfragen hat, ist das Bundesgericht nicht wie Deutschland „Hüterin der Verfassung“, sondern mehr juristische Kontrollinstanz, bei der eine angemessene Vertretung der verschiedenen politischen Richtungen durchaus sinnvoll scheint.