Politische Berichte Nr.6/2021 (PDF)20
Rechte Provokationen - Demokratische Antworten

Rechte Provokationen – demokratische Antworten – Redaktionsnotizen.

Rosemarie Steffens, Langen, Hessen

01 Die Angehörigen der rassistischen Morde in Hanau werden erstmals öffentlich angehört.
02 Erika Steinbach, Desiderius-Erasmus-Stiftung, zitiert den Koalitionsvertrag der Ampel
03 Vorsicht, völkische Bildung!
04 Autor*innen gegen Rechts fordern klare Positionierung der Buchmesse gegen rechte Verlage.
05 dok Solidaritätserklärung:

01

Die Angehörigen der rassistischen Morde in Hanau werden erstmals öffentlich angehört. Dazu erklärt die Initiative 19. Februar Hanau : „Die Angehörigen und Überlebenden werden als Erstes reden. Das ist immer noch keine Selbstverständlichkeit. Die Stimmen der Betroffenen haben sich damit durchgesetzt und werden mit ihren eigenen Fragen nach Aufklärung den Untersuchungsausschuss eröffnen. An den vier ersten öffentlichen Sitzungen … werden jeweils drei Angehörige als Zeug:innen gehört. Sie werden berichten, was sie in der Tatnacht und danach erleben mussten. Sie werden die Parlamentarier:innen mit ihren offenen Fragen konfrontieren und deutlich machen, dass sie den Stand der Dinge nicht akzeptieren. … u.a. zu den Waffenerlaubnissen für den Täter, zur Nichterreichbarkeit des Notrufs, zum verschlossenen Notausgang am zweiten Tatort, zu den ungeklärten Umständen am Täterhaus, zum Umgang mit den Angehörigen in der Tatnacht und danach, zur Rolle des Vaters des Täters sowie zu den rechtsradikalen Polizisten innerhalb des in Hanau eingesetzten SEKs. … Wir wollen unmissverständlich zum Ausdruck bringen: unser Kampf für eine lückenlose Aufklärung und für Konsequenzen geht weiter. Dafür brauchen wir Euch.“ Die Initiative ruft auf, die öffentliche Anhörung durch Anwesenheit zu unterstützen. Termine siehe 19feb-hanau.org.

02

Erika Steinbach, Desiderius-Erasmus-Stiftung, zitiert den Koalitionsvertrag der Ampel zur … Arbeit politischer Stiftungen: „Politische Bildung und Demokratieförderung sind mehr gefordert denn je, denn auch in Deutschland steht die pluralistische, freiheitliche Demokratie unter Druck. Akteurinnen und Akteure der nachhaltigen Demokratieförderung, die auf Basis von Respekt, Toleranz, Würde und Menschenrechten arbeiten, werden auch in Zukunft mit öffentlichen Mitteln gefördert. Die Arbeit und Finanzierung der politischen Stiftungen wollen wir rechtlich besser absichern. Dies soll aus der Mitte des Parlaments geschehen unter Einbeziehung möglichst aller demokratischen Fraktionen.“ Jeden Satz kann und muss ein demokratisch denkender Mensch unterstreichen. Von Respekt und Toleranz gegenüber Menschen anderer Meinung als die eines linken Milieus kann häufig keine Rede mehr sein. Die Würde Andersdenkender wird zu oft nicht nur abgesprochen, sondern durch Gewaltaktionen, bis hin zu körperlichen Attacken verletzt und das leider aus einer Szene heraus, die ihrerseits mit öffentlichen Mitteln gefördert wird.

(erasmus-stiftung.de)

03

Vorsicht, völkische Bildung! Die Bildungsstätte Anne Frank informiert unter dem Aufruf „Kein Geld für die AfD!“ über ihre Vernetzung zahlreicher rechter bis rechtsextremer Milieus. „Millionen aus Steuermitteln, fast ohne öffentliche Kontrolle: Für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung geht nach der Bundestagswahl ein Traum in Erfüllung. Seit ihrer Gründung hat die Stiftung die Funktion, der AfD ein bürgerliches, intellektuelles Antlitz zu geben; auch soll sie in Räume vordringen, in denen die AfD schon längst keinen Zugang mehr hat. Dabei ist ihr Führungspersonal alles andere als bürgerlich: Neben Erika Steinbach und Max Otte tummeln sich in Vorstand und Kuratorium Homofeinde und Rassentheoretiker, gescheiterte Akademiker, aber auch völkische Pseudowissenschaftler und knallharte Rechtsradikale aus dem Umfeld der Identitären Bewegung und des Antaios-Verlags. Bisher haben Bundestagspräsident Schäuble und Bundesinnenminister Seehofer zivilgesellschaftliche Warnungen vor der Erasmus-Stiftung nicht beachtet. Es wird höchste Zeit, auf allen Ebenen gegen eine Organisation vorzugehen, die gewinnen soll, wo die AfD schon gescheitert ist: finanziell, juristisch und in der pädagogischen Arbeit. Die Bevölkerung muss über die Machenschaften der Erasmus-Stiftung aufgeklärt, arglose Kooperationspartner*innen müssen gewarnt werden. Und der Bundestag sollte dringend eine Lösung dafür finden, dass unsere Demokratie nicht bald Demokratiefeinde mit Steuergeld alimentieren muss. In einem Bündnis mit Prominenten wie Christoph Lübcke, Carola Rackete, Max Uthoff und vielen mehr sagen wir: Vorsicht vor dem Stiftungstrick der AfD! Informiert euch und andere über die Erasmus-Stiftung …“ Die Bildungsstätte unterstützt die Campact-Petition Kein Steuergeld für die AfD-Stiftung!

https://aktion.campact.de/rechtsextremismus/afd-stiftung/teilnehmen (bs-anne-Frank.de)

04

Autor*innen gegen Rechts fordern klare Positionierung der Buchmesse gegen rechte Verlage. Der neurechte Verlag Jungeuropa, Inhaber Philip Stein ist u.a. Mitbegründer des rechtsextremen Gemeinschaftsprojekts „Ein Prozent für unser Land“, wurde während der Frankfurter Buchmesse 2021 direkt neben der ZDF-Lesebühne platziert. Die Leitung der Buchmesse nahm so die geballte Anwesenheit rechtsextremen Publikums direkt neben der Bühne in Kauf.

Verschiedene Autor*innen sagten aus Angst um ihre eigene Sicherheit ihre Lesungen auf der Messe deshalb ab. Autorin Jasmina Kuhnke beispielsweise hatte zuvor Morddrohungen aus dem rechten Spektrum erhalten, die Angst um ihre Sicherheit war also alles andere als unbegründet.

05

dok Solidaritätserklärung:

„Wir, die Autor*innen gegen Rechts, möchten unsere Solidarität mit Jasmina Kuhnke und allen anderen Autor*innen bekunden, die wegen der Präsenz Rechtsextremer auf der Messe nicht an eben dieser teilnehmen konnten.

Wir verurteilen es, dass rechtsextremen Inhalten auf der Buchmesse überhaupt Platz eingeräumt wird, und finden es besonders unerträglich, dass diese auf der Buchmesse 2021 prominent präsentiert werden konnten, während man gleichzeitig den Ausschluss von Schwarzen Autor*innen, indigenen Autor*innen, Autor*innen of Color und migrantischen Autor*innen in Kauf nahm.

Mit dem Statement der Frankfurter Buchmesse zu der Problematik sind wir mehr als unzufrieden. „Die Frankfurter Buchmesse versteht sich als Ort, an dem jeder Verlag seine Bücher frei und ungehindert ausstellen darf“, heißt es dort unter anderem. Die prominente Platzierung des Verlages Jungeuropa hat allerdings dazu geführt, dass diverse Autor*innen ihre Bücher eben nicht mehr frei und ungehindert aus- und vorstellen konnten, da sie dabei um ihre eigene Sicherheit fürchten mussten. Wir fordern von der Frankfurter Buchmesse eine klare Positionierung dazu, wie im nächsten Jahr mit diesem Problem umgegangen werden soll. Wir fordern, dass auf der Buchmesse ein Klima geschaffen wird, das es marginalisierten Autor*innen ermöglicht, ohne Angst am Messegeschehen teilzunehmen.

Sollte das nicht passieren, gehen wir davon aus, dass sich die Frankfurter Buchmesse für den Ausschluss von besagten Autor*innen entschieden hat. Als Konsequenz werden wir uns solidarisch ebenfalls andere Orte für unsere Buchvorstellungen suchen, denn mit einer Messe, die rechtsextreme Inhalte fördert, wollen wir nichts zu tun haben.

Keine Toleranz der Intoleranz!

(Unterstützt u.a. durch den Interessenverband Fantasy & Science Fiction, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, VVN-BdA, Aufstehen gegen Rassismus https://autorinnengegenrechts.de)