Politische Berichte Nr.6/2021 (PDF)30a
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* 30a-kbl-usa-1865-sklavenhaltung-unrecht-detscher-3.html * 30b-kbl-usa-1865-1865-amistad-urteil-detscher-3.html

18. Dezember 1865 USA

USA: Der 13. Zusatzartikel zur Verfassung tritt in Kraft – Sklavenhaltung wird Unrecht

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (10.12.1948 von der Generalversammlung der UN verabschiedet) sowie die Europäische Menschenrechtskonvention (4.11.1950) verbietet Sklaverei. Die Verabschiedung des 13. Zusatzartikels zur Verfassung der USA 1865 hatte weltweit Signalwirkung – der Erfolg eines langen harten Kampfes war ein Meilenstein für die Anerkennung der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, für die Befreiung von Millionen von Menschen aus körperlichem Besitz und Knechtschaft. Die I. Internationale mit ihrem Präsidenten Karl Marx hat diese strategische Bedeutung in der Grußbotschaft zur Wiederwahl von Präsident Abraham Lincoln 1864 erkannt und gewürdigt (siehe S. 31)

Eva Detscher, Karlsruhe

Mit dem europäischen Kolonialismus entwickelte sich ab dem 16. Jahrhundert der transatlantische Sklavenhandel. Im sogenannten Dreieckshandel fuhren Schiffe mit Waren an die Küste Westafrikas, um sie dort gegen Menschen einzutauschen. Diese wurden nach Amerika gebracht und dort verkauft, Familien wurden willkürlich auseinandergerissen. Von dort aus fuhren Schiffe zurück nach Europa, beladen mit Produkten wie Zucker, Kaffee oder Baumwolle, die durch Sklavenarbeit geerntet oder hergestellt worden waren. 1

Im Laufe des 19. Jahrhunderts war in vielen Ländern der Sklaven-HANDEL geächtet (z.B. auf dem Wiener Kongress 1815) oder verboten, die Sklaverei als solche galt in den meisten Staaten noch als Rechtsform für Arbeitsverhältnisse.

„Anders als in England ging es in den Vereinigten Staaten aber auch um die Bedingungen des Zusammenlebens in einer Gesellschaft, die von Segregation und Diskriminierung geprägt war. Als Lösung war schon länger der Transfer der befreiten Sklaven zurück nach Afrika überlegt worden. Bereits 1787 war in Sierra Leone eine solche Ansiedlung amerikanischer Sklaven … unter großen Schwierigkeiten durchgeführt worden.“ 2

Ab 1820 galt in den USA der Missouri-Kompromiss: in allen zukünftigen Staaten nördlich einer Linie zwischen dem 36. und 37. Breitengrade war die Sklaverei verboten, südlich davon erlaubt. Der ständige Entzug der Freiheit für die als Sklaven gehaltenen Menschen afrikanischer Herkunft erzeugte im Süden laufend Rebellionen, die oft in Massakern endeten. Der Kampf um die öffentliche Meinung als notwendige Voraussetzung für einen erfolgreichen Kampf spiegelte sich z.B. im Erscheinen der ersten von Afroamerikanern besessenen und herausgegebenen Zeitung Freedom‘s Journal (erste Ausgabe 16. März 1817).

„1829 veröffentlichte der Afroamerikaner David Walker (1785–1830) aus Massachusetts Walker‘s Appeal, das zum Widerstand gegen die Sklaverei und gegen die Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung aufrief.“ In diese Zeit fiel der Prozess um den Aufstand der Sklaven auf dem spanischen Schiff Amistad (siehe unten), in dessen Nachgang es nicht direkt gelungen ist, die Sklaverei per Verfassung zu verbieten. „Schließlich entlud sich der Konflikt zwischen Nord- und Südstaaten 1861 in einem Bürgerkrieg, in dessen Verlauf aber die Sklavenemanzipation zum erklärten Kriegsziel der Nordstaaten und schließlich 1865 mit dem 13. Bundesverfassungszusatz erreicht wurde. Die britische Abolitionsbewegung hatte die Nordstaaten während des Krieges unterstützt.“2

1 Bundeszentrale für politische Bildung: Internationaler Tag der Erinnerung an Sklavenhandel und dessen Abschaffung. https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/211147/sklavenhandel. 2 Birgitta Bader-Zaar: Abolitionismus im transatlantischen Raum: Organisationen und Interaktionen der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei im späten 18. und 19. Jahrhundert, in: Europäische Geschichte Online (EGO), hg. vom Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2010-12-03. URL: http://www.ieg-ego.eu/baderzaarb-2010-de URN: urn:nbn:de:0159-2010092123 [JJJJ-MM-TT]. 3 Deutsche Übersetzung der amerikanischen Botschaft in Deutschland, gemäß dem Dokument Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika. https://de.wikipedia.org/wiki/13._Zusatzartikel_zur_Verfassung_der_Vereinigten_Staaten

01

dok: Wortlaut 13. Zusatzartikel

Abschnitt 1: “Neither slavery nor involuntary servitude, except as a punishment for crime whereof the party shall have been duly convicted, shall exist within the United States, or any place subject to their jurisdiction.” – „Weder Sklaverei noch Zwangsdienstbarkeit darf, außer als Strafe für ein Verbrechen, dessen die betreffende Person in einem ordentlichen Verfahren für schuldig befunden worden ist, in den Vereinigten Staaten oder in irgendeinem Gebiet unter ihrer Gesetzeshoheit bestehen.“3

Abschnitt 2: “Congress shall have power to enforce this article by appropriate legislation.” – „Der Kongress hat das Recht, diesen Zusatzartikel durch entsprechende Gesetze zur Durchführung zu bringen.“3

Abb. (PDF):

02

dok: Die Internationale an Abraham Lincoln, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika – Geschrieben zwischen dem 22. und 29. Nov. 1864.

Unterzeichnet von den Mitgliedern des Zentralrates der Internationalen Arbeiterassoziation, aus „Der Social-Demokrat“ Nr. 3 vom 30. Dezember 1864

Sir,

wir wünschen dem amerikanischen Volk Glück zu Ihrer mit großer Majorität erfolgten Wiederwahl!

Wenn Widerstand gegen die Macht der Sklavenhalter die maßvolle Losung Ihrer ersten Wahl war, so ist Tod der Sklaverei! der triumphierende Schlachtruf Ihrer Wiederwahl.

Vom Anfang des amerikanischen Titanenkampfs an fühlten die Arbeiter Europas instinktmäßig, daß an dem Sternenbanner das Geschick ihrer Klasse hing. Der Kampf um die Territorien, welcher die furchtbar gewaltige Epoche eröffnete, hatte er nicht zu entscheiden, ob der jungfräuliche Boden unermeßlicher Landstrecken der Arbeit des Einwanderers vermählt oder durch den Fuß des Sklaventreibers befleckt werden sollt?

Als die Oligarchie der 300 000 Sklavenhalter zum erstenmal in den Annalen der Welt das Wort Sklaverei auf das Banner der bewaffneten Rebellion zu schreiben wagte; als auf dem selbigen Boden, dem kaum ein Jahrhundert vorher zuerst der Gedanke einer großen demokratischen Republik entsprungen war, von dem die erste Erklärung der Menschenrechte ausging und der erste Anstoß zu der europäischen Revolution des 18. Jahrhunderts gegeben wurde; als auf diesem selbigen Boden die Konterrevolution mit systematischer Gründlichkeit sich rühmte, „die zur Zeit des Aufbaues der alten Verfassung herrschenden Ideen“ umzustoßen, und „die Sklaverei als eine heilsame Einrichtung – ja als die einzige Lösung des großen Problems der Beziehungen der Arbeit zum Kapital hinstellte“ und zynisch das Eigentumsrecht auf den Menschen als den „Eckstein des neuen Gebäudes“ proklamierte; da begriffen die Arbeiter Europas sofort, … daß die Rebellion der Sklavenhalter die Sturmglocke zu einem allgemeinen Kreuzzug des Eigentums gegen die Arbeit läuten würde …

Solange die Arbeiter, … es erlaubten, daß die Sklaverei ihre eigene Republik besudelte; … solange waren sie unfähig, die wahre Freiheit der Arbeit zu erringen oder ihre europäischen Brüder in ihrem Befreiungskampfe zu unterstützen. Dieses Hindernis des Fortschritts ist von dem roten Meere des Bürgerkrieges hinweggeschwemmt worden.

Die Arbeiter Europas sind von der Überzeugung durchdrungen, daß, wie der amerikanische Unabhängigkeitskrieg eine neue Epoche der Machtentfaltung für die Mittelklasse einweihte, so der amerikanische Krieg gegen die Sklaverei eine neue Epoche der Machtentfaltung für die Arbeiterklasse einweihen wird. …

(Hier gekürzt wiedergegeben, vollständig bei: http://www.mlwerke.de/me/me16/me16_018.htm

Abb. (PDF): Logo der britischen Abolitionisten auf einem Medaillon aus der Porzellanmanufaktur von Josiah Wedgwood. Design Henry Webber ~1790. https://de.wikipedia.org/wiki/Abolitionismus, gemeinfrei.

Abb. (PDF): Faksimile Freedom Journal