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Katalog-Titel:AfD-Watchletter Nr. 3, Juli 2016
Vergebene Stichworte / Kategorien:HH-AfD-Watchletter

<x>Inhalt: Einleitung | Inhalt: „Auch das ist ein Grund für die Wachstumsschwäche, die in der Kultur begründet liegt.“ | Islamfeindliche Hetze | Angriff auf Bürgerhäuser, Stadtteilkulturzentren, Begegnungshäuser

Da die AfD nicht von „Rassen“ spricht, fragt man uns manchmal, ob man AfD-Reden denn wirklich als „rassistisch“ bezeichnen könne. Tatsächlich ist der Begriff „Rasse“ nach der Niederlage des Faschismus und infolge des Völkermords an den europäischen Juden und an den Sinti und Roma weitgehend diskreditiert, sodass er auch auf der Rechten heute kaum noch eine Rolle spielt. In seiner Studie „Schuld und Abwehr“ konstatierte der Philosoph und Soziologe Theodor Adorno 1954: „Das vornehme Wort Kultur tritt anstelle des verpönten Ausdrucks Rasse, bleibt aber ein bloßes Deckbild für den brutalen Herrschaftsanspruch.“

Genau das bestätigt die AfD immer wieder, besonders krass in der Rede des Abgeordneten Bernd Baumann, die wir weiter unten ausführlicher dokumentieren. Wie der Begriff der „Rasse“ ist der Begriff der „Kultur“ bei der AfD ein Konzept, tatsächliche und angebliche Unterschiede zu beschwören, um die Ungleichheit der Menschen und vor allem die Minderwertigkeit des Anderen festzuschreiben. Es geht um Abgrenzen und Ausgrenzen. Um eine hierarchische Ordnung der Welt mit dem Zentrum Deutschland, aber auch um hierarchische Gruppierung unterschiedlicher Bevölkerungsteile im Inneren. Dem AfD-Abgeordneten Baumann geht es erkennbar nicht nur um tatsächliche und angebliche kulturelle Unterschiede. Es geht ihm darum, diese Unterschiede gegen Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund ins Feld zu führen, um die deutsche Einzigartigkeit und Überlegenheit zu behaupten.

Es fällt auf, dass die parlamentarischen Initiativen und Debattenbeiträge der AfD um sehr wenige Themen kreisen, auf die die AfD-Abgeordneten auch dann nach spätestens 30 Sekunden zu sprechen kommen, wenn es um Schul- oder Stadtentwicklungspolitik oder irgendein anderes beliebiges Thema geht: Ganz überwiegend geht es der AfD auf die eine oder andere Weise um die „Flüchtlingsfrage“, um „fremde Kulturen“, den „Islam“, um „Linksextremismus“ und alle, die ihn unterstützen …

Das klingt skurril, hat aber System. Das Thema der AfD heißt: „Identität“, deutsche Identität. Die „Identität“ zur entscheidenden gesellschaftlichen Frage zu machen, wie die Publizistin Isolde Charim kürzlich schrieb, das ist das Projekt der politischen Rechten in ganz Europa, und es ist das Projekt der AfD. Sie konzentriert sich, auch in der Bürgerschaft, auf alles, was diese „Identität“ schwächt.

Die aggressive Abgrenzung gegen andere Kulturen und die Abwehr des vermeintlich kulturell Fremden im Innern ist das eine. Die Bekämpfung von allem, was dem Deutsch-Sein der AfD widerspricht, das andere: egal ob es um Linke geht oder um Lebensweisen jenseits der traditionellen Kleinfamilie und traditioneller Rollenbilder. Das schlägt sich in ihren Anfragen und Anträgen in der Bürgerschaft nieder. Christiane Schneider



Publiziert am: 20. 07. 2016 Katalogisiert am: 20. 07. 2016

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