Politische Berichte Nr. 4/2020 (PDF)02a
Blick in die Medien

Über Autos und Software

Bruno Rocker, Berlin

Der weltgrößte Autozulieferer Bosch-Automotive meldete Ende letzten Monats in Sachen Digitalisierung, dass künftig alle Software-, Elektrik- und Elektronik-Experten des Unternehmens, die Software für Steuergeräte und Fahrzeugfunktionen entwickeln, in dem neuen Geschäftsbereich Cross-Domain Computing Solutions zusammengefasst werden. Trotz dieser Neuorganisation werden 17 000 Beschäftigte (5 000 davon in Deutschland) an ihren derzeitigen etwa 40 Standorten in 20 Ländern bleiben. Mit seiner gebündelten Kompetenz wolle der Konzern die Autohersteller bei der Entwicklung von Betriebssystemen unterstützen, hieß es. Möglich, dass Bosch in Zukunft den Autoherstellern ein komplettes Auto-Betriebssystem anbieten wird. – Tatsächlich kämpfen die Automobil-Hersteller um das digitale Überleben. Während die etablierten Hersteller gerade erst anfangen, leistungsfähige Betriebssysteme für ihre Fahrzeuge zu programmieren, hat Konkurrent Tesla von Beginn an seine Fahrzeuge um ein einheitliches Betriebssystem herum konzipiert. Diese Strategie zahlt sich jetzt aus. Tesla vertreibt und verkauft zum Beispiel seine Updates „over the air“ (OTA). Bei Daimler, BMW, Volkswagen und anderen hingegen sorgen immer noch jeweils dutzende unterschiedliche Steuergeräte mit teilweise unterschiedlichen Programmiersprachen dafür, dass alle Funktionen gesteuert werden können. Die Komplexität ist enorm hoch, ein Update auf neue Funktionen etwa über „over the air“ nahezu aussichtslos. Stattdessen droht in diesem Fall in der Regel ein längerer Werkstattaufenthalt.

Die etablierten Hersteller versuchen deshalb mit hohem Aufwand und hohen Investitionen, die Software-Defizite aufzuholen. Sowohl Daimler als auch BMW setzen dabei im Kern auf das Betriebssystem Linux, mit dem auch der Konkurrent Tesla erfolgreich war. Zeitweise ist über eine entsprechende Kooperation zwischen Daimler und BMW spekuliert worden. Volkswagen hat eine komplette Software-Firma erworben, in der 7 Milliarden Euro investiert werden und sich bis Ende 2025 15 000 Mitarbeiter um die entsprechenden Entwicklungen kümmern sollen.

General Motors und Fiat Chrysler verfolgen einen anderen Weg. Sie setzten künftig auf „Android Auto“ als Betriebssystem. „Android Auto“ ist eine Entwicklung von Google und ist fertig entwickelt. Damit sparen GM und Fiat Chrysler erheblich an Entwicklungskosten. Aber zu welchem Preis? Mit „Android Auto“ sind für den Kunden automatisch auch alle weiteren Software- sowie Cloud-Dienstleistungen von Google vor Ort verfügbar. Die Kundenbeziehung landet bei Google und damit profitiert natürlich Google fortan von allen Prozess- und Kundendaten. Der Autohersteller wird zum austauschbaren Hardwarelieferanten. Eine Perspektive, gegen die sich die Vorstände von Daimler, BMW und VW natürlich entschieden verwahren. Der Wettlauf hat begonnen. In jüngster Zeit hat nunmehr auch Amazon Interesse angemeldet, natürlich mit „Alexa“ im Gepäck.

Abb. (PDF): Utopie, Wirklichkeit? Autonom fliegender Teppich, 1880, Bild gefunden bei wikipedia, „autonomes Fahren“