Politische Berichte Nr. 1/2021 (PDF)03a
Blick auf die Medien

Frankreich: Drei Mitglieder des Muslimrates tragen Charta-Konsens nicht mit

Karl-Helmut Lechner, Norderstedt. Drei von acht Mitgliederverbänden des französischen Muslimrates (CFCM) weigern sich, den gemeinsamen Text für eine „Grundsatz-Charta“ der Prinzipien für den Islam in Frankreich zu unterzeichnen. „Wir glauben, daß bestimmte Passagen und Formulierungen (…) die Vertrauensbeziehungen zwischen den Muslimen Frankreichs und der Nation schwächen werden“. Denn, als „französische Staatsbürger sind wir ohnehin verpflichtet, die republikanischen Werte zu respektieren“, zitiert sie die „Islamische Zeitung“. Die Weigerung betrifft vor allem zwei besonders heikle Punkte: die in Artikel sechs genannte Ablehnung ausländischer Einmischung, sowie die Ablehnung dessen, was dort als „politischer Islam“ bezeichnet wird.

Der CFCM hatte sich auf einen gemeinsamen Text für die „Grundsatz-Charta“ geeinigt. Staatspräsident Emmanuel Macron forderte im November solch einen Text im Zuge seiner Offensive gegen „Separatismus“ und radikalen Islam von den Führern des Islamrates. Der Druck auf muslimische Vertreter war nach der Hinrichtung des Lehrers Samuel Paty in einem Pariser Vorort Mitte Oktober sowie dem Angriff in der Basilika von Nizza immer stärker geworden. – Laut Mitteilung des Rates bekräftigt der Textentwurf die „Vereinbarkeit des muslimischen Glaubens mit den Prinzipien der Republik“. Zudem enthalte er eine Absage von „Instrumentalisierungen des Islam für politische Zwecke“ und der „Einmischung von Staaten in die Ausübung des muslimischen Kultes in Frankreich“. Versichert werde auch der Grundsatz der Gleichstellung von Männern und Frauen. Der Text enthält auch die wichtige Passage: „Daher verpflichten sich die Unterzeichner, eine Abkehr vom Islam nicht zu kriminalisieren oder als ‚Apostasie‘ (ridda) zu bezeichnen. Sie verpflichten sich weiterhin, diejenigen, die den Islam verlassen, weder zu stigmatisieren noch deren körperliche oder seelische Unversehrtheit in direkter oder indirekter Weise zu gefährden.“ Frankreichs Regierung fordert die Bildung eines Nationalrats der Imame (CNI). Mit etwa sechs Millionen Mitgliedern bilden Muslime unter den 67 Millionen Bürgern Frankreichs die zweitgrößte Religionsgemeinschaft — nach dem Christentum. Vertreten werden die französischen Muslime durch den 2003 gegründeten Dachverband CFCM. Er wirkt etwa beim Moscheebau mit und ist zuständig für die Einsetzung der Muftis von Paris und Marseille.

https://www.cfcm-officiel.fr/presentation-de-la-charte-des-principes-pour-lislam-de-france-au-president-de-la-republique/ und https://islamische-zeitung.de/frankreich-drei-cfcm-mitglieder-tragen-charta-konsens-nicht-mit/