Quelle: Politische Berichte Nr. 5, Mai 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT H O M E

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info-Hinweis auf den „Wahlnachtbericht“.

Ein schwarzer Tag – Landtagswahlen in Schleswig-Holstein

Kiel, 7. Mai 2017. Der Tag der Landtagswahlen in Schleswig-Holstein kann wahrlich als „schwarzer Tag“ in die Landesgeschichte eingehen. Die „Schwarzen“, die CDU, haben die Wahl mit 32 % klar gewonnen. Die „Küstenkoalition“ aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW), der Partei der dänischen Minderheit (sie ist von der Fünf-Prozent-Klausel befreit), wurde abgewählt. Die Sozialdemokraten, die vor Ostern in den Umfragen siegessicher bei 33 % standen, kamen gerade noch auf 27,2 %. Die FDP hat bei einer von 60,2 % auf 64,24 % gestiegenen Wahlbeteiligung ihr Ergebnis erheblich verbessert und ist jetzt mit 11,5 % viertstärkste Kraft im Parlament; nach den Grünen, die entgegen dem augenblicklichen Bundestrend mit 12,9 % sich gut behauptet und ihr Wahlziel erreicht haben. Der schwarze Tag bekommt obendrein noch eine Braunfärbung: es ist der AfD mit 5,9 % zwar knapp, aber zum 12. Male in Folge gelungen, in einem Landesparlament Fuß zu fassen. Und es ist ein schmerzlich-schwarzer Tag für die Linke in Schleswig-Holstein. Zum zweiten Mal, nachdem sie 2012 dem Kieler Parlament geflogen war, ist ihr die Rückkehr ins Landeshaus mit 3,8 % nicht gelungen. Auch wenn sie sich gegenüber dem Ergebnis von vor fünf Jahren absolut verbessert hat: Vor fünf Jahren gaben ihr 29868 WählerInnen ihre Stimme, diesmal waren es 55833, die für sie stimmten.

Vor allem aber ist es ein schwarzer Tag für die Flüchtlinge im Land. Die SPD-geführte Landesregierung unter Ministerpräsident Albig hatte sich in den letzten Monaten sehr klar gegen die von der Bundesregierung eingeforderte Abschiebepraxis in die angeblich sicheren Länder, insbesondere nach Afghanistan, positioniert. Sie ist dafür als Rechtsbrecherin nicht allein von der CDU, sondern vor allem von der FDP als „gesetzesbrecherisch“ scharf angegangen worden.

Laut Infratest dimap verliert die SPD 28 000 Stimmen an die CDU und 15 000 an die FDP, weitere 5 000 an die AfD. Die wesentliche Abwanderung findet also zu Parteien rechts von der SPD statt. Nur 2 000 Stimmen gehen im Saldo an die Grünen verloren, von den „anderen“ Parteien (einschließlich Piratenpartei, Die Linke, SSW) gewinnt die SPD im Saldo 8 000 Stimmen. Die Regierungstätigkeit der SPD hat somit nicht zu erkennbaren Verlusten nach links geführt, und die Linke konnte der SPD keine Stimmen abjagen. Sie hatte gedacht, vor allem mit dem Thema „soziale Gerechtigkeit“ Stimmen gewinnen und den Menschen, die in Schleswig-Holstein in Armut leben, mit ihrem Einzug in den Landtag wieder eine Stimme verleihen zu können. Das ist ihr misslungen. Im Land zwischen Nord- und Ostsee ist die SPD traditionell eher links aufgestellt. So hatte die SPD denn auch alle Themen der Linken selbst besetzt. Die Linke konnte nur dagegenhalten, indem sie ständig betonte, die SPD mit ihrer Landesregierung sei in allem nicht konsequent genug. Gleichzeitig erklärte sie in jedes ihr hingehaltene Mikrophon, sie sei „einer Regierungsbeteiligung nicht abgeneigt“ — wenn man sie nur darum bitte. So kam es zu diesem anmacherischen Großplakat, auf dem der SPD-Ministerpräsident vor den Problemen den Kopf in den Sand steckt, weil ihm „Haltung“ fehle. In der Wahlkampfkasse hatte die Linke 287000 Euro. Die hohen Erwartungen, teilweise lag die Linke in den Umfragen bei über 5,5 %, liegen nun jäh am Boden.

Karl-Helmut Lechner, Norderstedt

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info-Hinweis auf den „Wahlnachtbericht“. Die Linke verpasst den Einzug in den Kieler Landtag erneut, auch wenn das Ergebnis besser ausfällt als 2012 (absolute Stimmen: +87%). Eine kräftige Brise Rückenwind für die kommenden Wahlen sieht indes anders aus, zumal die Umfragen den Einzug in den Landtag möglich erscheinen ließen. Bereits 2012 hatten wir im Wahlnachtbericht analysiert, dass der Einzug in den Landtag 2009 nur im Windschatten der gleichzeitig stattfindenden Bundestagswahl gelungen war und anschließend keine angemessene Parteiorganisation und Mitgliederdichte aufgebaut werden konnte. 2017 scheint sich daran wenig geändert zu haben, auch wenn die überdurchschnittlichen Ergebnisse bei jüngeren Wählern und in städtischen Regionen (Flensburg 7,0%; Kiel 7,2%; auf die Anziehung ehemaliger Piratenwähler und generell einer neuen, jüngeren Generation hindeuten. Insofern reiht sich das Wahlergebnis in die Reihe etlicher anderer Ergebnisse seit 2011 ein – als zarter Hinweis auf einen beginnenden Wechsel in Mitglied- und Wählerschaft, der aber noch keine politische Durchschlagskraft entwickelt.

Aus der Wahlnachtberichterstattung von Horst Kahrs für die RLS, vollständig unter: www.horstkahrs.de/wp-content/uploads/2017/05/WNB-SH-LTW-2017-1.pdf

Abb.: Wahlergebnis | Wahlplakat