Quelle: Politische Berichte Nr. 5, Mai 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT   H O M E

Skizzen von Günter Wangerin – Bilder aus dem NSU-Prozess

Zusammengestellt von Hans Waschkau

Web-Seite von Günter Wangerin: www.guenterwangerin.jimdo.com. Alle Bilder copyright G. Wangerin 2016


Hinweis zu den Abbildungen, die nur im PDF zu sehen sind.

Seit Ende 2014 macht der Münchner Künstler Günter Wangerin im NSU-Prozess Skizzen – sozusagen mit „höchstrichterlicher Genehmigung“. Eine solche muss man nämlich ganz formell beim Senatsvorsitzenden einholen, will man in dieser Art tätig sein. Eine Auswahl davon war bereits am 29. Januar bei einer Lesung des Prozess-Protokolls der SZ im Volkstheater projiziert worden (eine Gemeinschaftsproduktion von Volkstheater, Kammerspielen und Resi). Vom 11. März bis zum 20. April 2017 wurden sie im Kulturhaus Milbertshofen ausgestellt. Die Bilder sind atmosphärische Eindrücke aus der Perspektive des Zuschauers auf der Tribüne über dem Verhandlungssaal. Seine Kritik am Verlauf des NSU-Prozesses zeigte Günter Wangerin schon durch seine Performance „Parole Einzeltäter!“ vor dem Gerichtsgebäude in der Nymphenburger Straße im Januar 2015. Der Maler, Grafiker, Karikaturist und Aktionskünstler engagiert sich schon lange mit verschiedenen künstlerischen Projekten gegen Rechts.

Seit Ende 2014 macht der Münchner Künstler Günter Wangerin im NSU-Prozess Skizzen – sozusagen mit „höchstrichterlicher Genehmigung“. Eine solche muss man nämlich ganz formell beim Senatsvorsitzenden einholen, will man in dieser Art tätig sein. Eine Auswahl davon war bereits am 29. Januar bei einer Lesung des Prozess-Protokolls der SZ im Volkstheater projiziert worden (eine Gemeinschaftsproduktion von Volkstheater, Kammerspielen und Resi). Vom 11. März bis zum 20. April 2017 wurden sie im Kulturhaus Milbertshofen ausgestellt. Die Bilder sind atmosphärische Eindrücke aus der Perspektive des Zuschauers auf der Tribüne über dem Verhandlungssaal. Seine Kritik am Verlauf des NSU-Prozesses zeigte Günter Wangerin schon durch seine Performance „Parole Einzeltäter!“ vor dem Gerichtsgebäude in der Nymphenburger Straße im Januar 2015. Der Maler, Grafiker, Karikaturist und Aktionskünstler engagiert sich schon lange mit verschiedenen künstlerischen Projekten gegen Rechts.

Im Gespräch hat Günter Wangerin seine Skizzen erläutert: „Die Skizzen aus dem NSU-Prozess wurden aus einer Vielzahl von Bleistiftzeichnungen ausgewählt, die in der Zeit zwischen Ende 2014 bis heute während der Verhandlung gegen Beate Z. und andere im Gerichtsgebäude an der Nymphenburgerstraße entstanden. Es sind atmosphärische Eindrücke des Prozessgeschehens aus der Perspektive des Zuschauers auf der Tribüne über dem Verhandlungssaal. Für mich als Zeichner eine Situation, an die ich mich erst gewöhnen musste, weil sich die Agierenden doch in einiger Entfernung befinden, schätzungsweise zwischen 12 und 20 Metern. Menschen aus dieser Distanz aufs Papier zu bringen – die Szene wechselt ja sehr schnell, z.B. bei kurzen Zeugenauftritten – ist nicht ganz einfach. Ich machte jedoch bald die interessante Erfahrung, dass gerade die Distanz das Charakteristische eines Gesichts oder eines Geschehens heraushebt. Ähnlich ging es mir irgendwann auch mit dem im Gerichtssaal Gesprochenen. Aus der Ferne glaubte ich besser zu hören und zu verstehen, was gesagt wurde. Mein Augenmerk lag plötzlich weniger auf Beate Z. und den anderen Angeklagten. Zunehmend ließ mich aufmerken, was die Bundesanwaltschaft sagte. Wie sie sich festlegte auf die Einzeltäterschaft des Trios, von dem ja zwei tot sind. Es erinnerte mich sehr an die Zeit nach dem Attentat auf das Oktoberfest. Auch damals hatte man sich von Behördenseite schnell auf einen Einzeltäter, nämlich Gundolf Köhler, festgelegt…“.

Während der gut besuchten Vernissage im Kulturhaus Milbertshofen führte Robert Andreasch in die Ausstellung ein. Er ist ständiger Berichterstatter beim NSU-Prozess und bei NSU-Watch, einer Organisation junger Journalistinnen und Journalisten, die sich in sehr verdienstvoller Weise um die Prozessberichterstattung kümmern. Robert Andreasch ist Mitglied der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. (a.i.d.a.) und arbeitet darüber hinaus für mehrere Tageszeitungen und auch für TV. Er schilderte anschaulich, wie Beamte des Verfassungsschutzes als Zeugen die Wahrheitsfindung sabotierten. Häufiges prozesstypische Zitat aus den Zeugenaussagen: „Daran kann ich mich aus heutiger Sicht nicht mehr erinnern“.

Abb.: Die Skizzen sollen Atmosphärisches einfangen und sind daher nicht in erster Linie dokumentarische „Gerichtszeichnungen“. Einige wenige (so diese Skizze der Angeklagten Z. und der Mutter des ermordeten Halit Yozgat, die nie real so nahe beieinander zu sehen waren) wurden unter Verwendung von Videoaufnahmen als Grundlage gezeichnet.

Bild: Die Ehefrau des Verfassungsschutz-Beamten Andreas T. In einem vom VS aufgenommenen Telefonat spricht sie von „Dreckstürke“. Ihr Mann saß zum Zeitpunkt der Ermordung von Halit Yosgat im Internetcafe und will keine Schüsse gehört haben. Bild oben: Das Ehepaar Yozgat, die Eltern des Internetcafebetreibers Halit Yozgat – ermordet mit 21. Bild links: Die Bundesanwaltschaft

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