Quelle: Politische Berichte Nr. 6-7, Juni/Juli 2017 • Gesamtausgabe: PDF Inhaltsverzeichnis: TXT ⯈ H O M E

ArGe-Sommerschule 2017 Erfurt, Do 10.8. bis Sa 12.8.

Anmeldeinformationen und Programm siehe: https://tinyurl.com/argesommer17

01 Kurs Philosophie: Kultus ist Ländersache! Religionsverfassung und Gewaltenteilung

02 Kurs Wirtschaft + Internationales: EU-Projekte und die Sicht der anderen: Frankreich

nach oben

01 Kurs Philosophie: Kultus ist Ländersache! Religionsverfassung und Gewaltenteilung

Die kulturelle und religiöse Zusammensetzung der Gesellschaft der BRD hat sich in den letzten 40 Jahren auffallend verändert. Hatte sich in den 60er Jahren, als man „Arbeitskräfte rief — aber Menschen kamen“ und sie als „Gastarbeiter“ hier sesshaft wurden, kaum jemand darüber Gedanken gemacht, wie das dadurch veränderte Zusammenleben zu gestalten sei, so setzt sich das Thema durch die im Wesentlichen islamisch geprägten Flüchtlinge ganz aktuell quasi von selbst auf die politische Tagesordnung. Aufmerksame Beobachter nehmen die sich ausbildenden Risse in der Gesellschaft wahr.

Zuständig für Fragen der Ordnung von Schule und Religionsgemeinschaften sind in der BRD gemäß Grundgesetz die Bundesländer. Die in den Ländern unterschiedlichen Schulgesetze, die abgeschlossenen bzw. streitigen Konkordate und Verträge mit Kirchen und Religionsgemeinschaften sind Ausdruck für den jeweiligen Stand von Regelungen und gesellschaftlicher Praxis.

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes in diesen Fragen sprechen in jüngster Zeit vom „Gebot praktischer Konkordanz“: „Verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter müssen in der Problemlösung einander so zugeordnet werden, damit beide zu optimaler Wirksamkeit gelangen können.“ Dabei ist von Verantwortlichen zu erörtern, aber dann auch konkret zu entscheiden, wie beispielsweise die Umfänge und Grenzen der weltanschaulichen Neutralität sowie des Erziehungsauftrages (Art. 7. Abs. 1 GG) des Staates auf der einen mit der individuellen Glaubensfreiheit (Art. 4 GG) bzw. dem elterlichen Erziehungsrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) auf der anderen Seite zum Ausgleich zu bringen sind.

Dies wollen wir zu Beginn in der aktuellen Ausprägung an Beispielen wie Hamburg untersuchen; aber auch die zu dieser Frage gehörige Geschichte, die in Deutschland seit dem Wormser Konkordat im Jahre 1122 große, kleine und kleinste territoriale Fürstentümer und Gewalten, aber auch Gewaltenteilung hervorgebracht hat.

In Folge der Reformationszeit hat diese Entwicklung mit dem Westfälischen Frieden im Jahre 1648 nochmals einen erheblichen Schub bis heute hin gewonnen: Mit kühler Sachlichkeit suspendierten diese Vertragswerke jegliche religiösen Wahrheitsansprüche, die Lutheraner und Altgläubige sich um die Ohren schlugen.

Was heute oft gerade von Linken als „Kleinstaaterei“ kritisiert wird, damals ermöglichte es überhaupt geordnetes Leben nebeneinander, später auch miteinander.

Dies wollen wir sichten, prüfen, untersuchen. Die geschichtlichen, rechts- und religionspolitischen Entwicklungen nachzuzeichnen, hat sich der Kurs Philosophie der Erfurter Sommerschule vorgenommen. (Kurzfassung)

Verantwortlich und Kontakt: Karl-Helmut Lechner, Norderstedt. eMail: Karl-Helmut.Lechner@wtnet.de

nach oben

02 Kurs Wirtschaft + Internationales: EU-Projekte und die Sicht der anderen: Frankreich.

Nach einer Welle der Ablehnung bewertet die öffentlichen Meinung Europas die EU wieder höher. Allerdings bleibt nationalistischer Protektionismus mit Brückenbindungen zu Rassismus und Naziideologie virulent, und nach wie vor tun sich die linken Strömungen und Parteien schwer, ihre Ziele „europäisch“ auszuformulieren. Sobald nach den französischen auch die deutschen Wahlen gelaufen sind, wird eine intensive Debatte über Projekte der Europapolitik erwartet. Linke Politik ist dabei gefordert. Ihre Inhalte können nicht in Spitzengesprächen ausgetüftelt werden. Verständigung auf breiter Basis stößt nicht nur auf die Sprachbarriere: Ist der Hintergrund, vor dem über Problemstellungen diskutiert wird, nicht ausgeleuchtet, redet man leicht aneinander vorbei. Ein Grund, die Auseinandersetzung mit den bei den französischen Nachbarn wirksamen politischen und wissenschaftlichen Traditionen zum Schwerpunkt unseres Sommerschulkurses zu machen. Bei der Vorbereitung haben wir registrieren müssen, dass die wirtschafts- und politikwissenschaftliche Literatur des französischen Sprachraums – ganz anderes als die angloamerikanische – keineswegs breit übersetzt ist; klein ist auch ist der Kreis der Leute, die in der Sprache der Nachbarn Fachliteratur lesen können. Zum Glück liegt die große Wirtschaftsgeschichte von Braudel in deutscher Übersetzung vor, Ferdinand Braudel, Sozialgeschichte des 15. bis 18. Jahrhunderts, München 1990, mit der Lektüre von Auszügen können wir in den Kurs einsteigen. An der weiteren Thematisierung wird noch gearbeitet (aktueller Stand bei https://tinyurl.com/argesommer17 ). Von besonderem Interesse werden EU-Initiativen der neuen französischen Regierung sein, wir suchen zeitnahes Material. Vorbereitung: Christoph Cornides, Martin Fochler, Rolf Gehring, Matthias Paykowski

nach oben