Aus Politische Berichte Nr. 2/2018, S. 12 • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Thema Bildungstrends. Johann Witte, -d- Aus der kommunalen Politik Ulli Jäckl

01 „IQB-Bildungstrend 2016“– die Grundschule in der Krise, Johann Witte, Bremen

02 „Bildungsmonitoring“ in Deutschland

03 Ursachenforschung: „Belastung der (Bremer) Grundschulen im roten Bereich“

04 Kompetenzorientierte Leistungsrückmeldung – „KompoLei“

-- dok: Kommunale Politik Ulli Jäckel, Hamburg, thema: Bildung & Erziehung

05 Förderung privater Schulen: „Die CDU vergaloppiert sich“: Hamburg.

06 Stadtteilschulen: Mehr Zeit für Deutsch und Mathe allein reicht nicht: Hamburg.

07 Recht auf Schulbesuch über das 18. Lebensjahr hinaus: Bremen.

08 Zeugnisnoten für Grundschüler*innen? Bremen.

09 Auch Flüchtlingskinder haben Recht auf freie Schulwahl: Essen.

10 Umzug der Förderschüler aus Prinzhornschule nach Uetze verhindern: Hannover.

Die öffentliche Hand als Träger von Bildungsangeboten leistet einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen oder Mißlingen sozialer und kultureller Integration. Die Signale aus diesen Einrichtungen sind beunruhigend. Eine Bestandsausnahme kann helfen, die Maßnahmen der Politik zu bewerten. Wir beginnen mit diesem Bericht über die Situation der Grundschule und Meldungen aus der linken Kommunalpolitik in Sachen Bildung und Erziehung.

01

„IQB-Bildungstrend 2016“– die Grundschule in der Krise

Johann Witte, Bremen

Ende Oktober 2017 wurde diese Untersuchung des „Instituts zur Qualitätssicherung im Bildungswesen“ veröffentlicht. Untersucht wurden hierbei mit Testaufgaben auf Grundlage der KMK-Bildungsstandards „Kompetenzen“ in den Fächern Deutsch und Mathematik am Ende der 4. Klasse im Vergleich der 16 Bundesländer. Getestet wurden dabei über 29000 SchülerInnen in 1508 (staatlichen) Schulen, wobei die Testdichte in den Stadtstaaten wesentlich höher lag als in den Flächenstaaten. Gearbeitet wurde mit einem fünfstufigem Kompetenzmodell (unter Mindeststandard, Mindeststandard, Regelstandard, über Regelstandard und Optimalstandard). Da die Rücklaufquote hierbei über 90 % lag, sind die Aussagen zu den Ergebnissen relativ zuverlässig. Auch ein Vergleich mit 2011 ist möglich, da in diesem Jahr eine vergleichbare Untersuchung durchgeführt wurde.

Die Grundschule galt bis vor 10 bis 15 Jahren noch als stabiles bzw. als das stabilste Element im Bildungssystem, das den Schülern ermöglichte, die Grundlagen des Lesens, Schreibens und Rechnens zu lernen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass diese Zeiten vorbei sind:

– Bundesweit erreichen im Fach Deutsch nur 66 % der Schüler im Bereich Lesen, 68 % im Bereich Zuhören und 54 % im Bereich Orthographie den Regelstandard. Den Mindeststandard verfehlen hier 13 % (Lesen), 11 % (Zuhören) und 22 % (Orthografie), während nur 10 % (Lesen, Zuhören) und 9 % den Optimalstandard erreichen. In Mathematik erreichen nur 62 % der Schüler bundesweit den Regelstandard, während 15 % den Mindeststandard verfehlen und 13 % den Optimalstandard erreichen. D.h. über 10 % der Schüler lernen bundesweit nicht mehr Lesen, Schreiben und Rechnen; über ein Drittel verfehlen den Regelstandard. Die auf die Grundschule aufbauenden Schulen müssen auf einer äußerst unsicheren Grundlage arbeiten.

– Die Differenzen zwischen den Bundesländern sind ebenfalls groß. [1] So liegen beim Erreichen des Regelstandards im Bereich Lesen 26 Prozentpunkte zwischen Bremen und Bayern (48 zu 74 %); im Kompetenzbereich Zuhören sind es 23 % (54 zu 77 %) und im Bereich Orthografie 36 % (32 zu 68 %). Ähnlich sind die Unterschiede zwischen den Ländern in Bezug auf Mindest- und Optimalstandard. Für das Fach Mathematik ist die Lage nicht anders. So liegen die Differenzen zwischen Bremen und Bayern beim Erreichen des Regelstandards bei 32 Prozentpunkten (41 zu 73 %). In Bremen erreichen von den Schülern der 4. Klasse demnach noch nicht einmal die Hälfte den Regelstandard.

– Die Entwicklungen im Zeitablauf seit der Untersuchung von 2011 sind ebenfalls überwiegend negativ. Während im Lesen in der Erreichung des Regelstandards nur geringe Unterschiede zu 2011 festzustellen sind (auffallend hier nur ein öffentlich diskutierter positiver „Ausreißer“ in Hamburg), ist in der Rechtschreibug bundesweit eine Abnahme um 10 und im Zuhören um 5 Prozentpunkten festzustellen. Die durchschnittliche Abnahme in der Erreichung des Regelstandards in Mathematik liegt bei 6 Prozentpunkten. Regional betrachtet ist hier Baden-Württemberg mit 10 Prozentpunkten führend in der Abwärtsentwicklung.

– Betrachtet wird in der regionalen Untersuchung auch die Differenzen der erreichten Kompetenzmittelwerte. Die größten Abweichungen in Deutsch und Mathematik gibt es zwischen Bayern und Bremen (60 bzw. 90 Prozentpunkte). Das entspricht umgerechnet etwa einem Schuljahr Lernzeit. Bremer Schüler haben demnach gegenüber Bayern ein Schuljahr verloren.

Untersuchung von Hintergrundmerkmalen

Mit Schüler- und Elternfragebögen wird in den IQB-Untersuchungen versucht, Hintergründe der festgestellten Situation aufzuhellen. Da hierbei die Rücklaufquote geringer und die Bearbeitung z.T. auch nicht zwingend vorgeschrieben ist, sind hier nicht immer (zuverlässige) Aussagen möglich. Hier nur einige auffällige Punkte:

– Die soziale Lage der Schüler als Hintergrundmerkmal konnte wegen z.T. zu geringer Datenmengen nur für die Flächenstaaten untersucht werden. Die soziale Heterogenität in den Grundschulklassen in Deutschland ist hoch – hat sich seit 2011 aber nicht wesentlich verändert. Festzuhalten ist, dass höhere Werte im Kompetenzerwerb mit einem höheren sozialen Status der Eltern zusammenfallen. Die Grundschule bildet die sozialen Unterschiede nur ab – gleicht sie aber nicht aus.

– Untersucht wurden auch Auswirkungen von Migration auf den Erwerb von Kompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen (Zuwanderer seit 2015 konnten hier nicht erfasst werden). Seit 2011 hat sich der Anteil von Viertklässlern mit Migrationshintergrund bundesweit um 9 Prozentpunkte erhöht und liegt jetzt bei 34 %, wobei hier eine starke regionale Differenzierung vorhanden ist. So haben in 13 % der Schulen weniger als 5 % der Kinder Migrationshintergrund und in ca. 25 % der Schulen mindestens 40 %. Festgestellt wird, dass Kinder mit Migrationshintergrund erhebliche Nachteile beim Kompetenzerwerb in Deutsch und Mathematik haben.

Besonders groß sind die Nachteile in den Stadtstaaten. Darüber hinaus deckt sich die Situation mit der sozialen Herkunft. Die Entwicklung unterscheidet sich nicht von den anderen Schülern und ist ein Abbild der sozialen Lage.

– Untersucht wurde auch die Gruppe der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeinen und Förderschulen. Je niedriger der soziale Status, umso häufiger haben die Schüler Förderbedarf bzw. besuchen eine Förderschule, wobei sie in allgemeinen Schulen mehr Lesen, Schreiben und Rechnen lernen aber weniger motiviert sind. Für die Förderschulen gilt die Umkehrung. Es zeigt sich, dass das Schulsystem die soziale Selektivität auf keinen Fall abbaut.

Die Grundschule in Deutschland bekommt immer mehr Probleme, mit der gesellschaftlichen Entwicklung mitzuhalten. Durch die Veränderung der außerschulischen Erziehung bekommt sie zunehmend Aufgaben zugeschrieben, die Familie und Eltern nicht mehr erfüllen. Unterricht als hochkomplexer Kommunikationsprozess gelingt unter diesen Bedingungen weniger.

[1] Zur Vereinfachung erfolgt ein Vergleich zwischen Bayern und Bremen, da Bayern häufig bei den erreichten Kompetenzen an erster Stelle, Bremen dagegen an letzter Stelle liegt. Für die Darstellung verwendet: IQB-Bildungstrend 2017 – Zusammenfassung, Münster 2017; der Gesamtbericht umfasst über 400 Seiten

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„Bildungsmonitoring“ in Deutschland

1997 hatte die Kultusministerkonferenz (KMK) beschlossen, das Schulsystem in Deutschland wissenschaftlich untersuchen und international vergleichen zu lassen. Nach den für Deutschland überwiegend negativen Ergebnissen der ersten PISA-Studie hat die KMK ein breitgefächertes Modell für Bildungsstudien ausgearbeitet (s. Abb.). Für ausgewählte Fächer (z.B. in der Grundschule Deutsch und Mathematik) wird versucht, bundesweit einheitliche „Bildungsstandards“ verbindlich zu machen, um einer Vergleichbarkeit von Leistungen näher zu kommen. Trotzdem gibt es für die einzelnen Bundesländer in diesem Rahmen noch relativ viel Gestaltungsfreiheit. Für die Überprüfung und Weiterentwicklung der Bildungsstandards ist das 2004 gegründete und von allen Ländern getragene „Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB)“ an der Humboldt-Universität in Berlin zuständig.

Bildungsstandards sollen „festlegen, welche Fähigkeiten und Kenntnisse Schüler einer bestimmten Jahrgangsstufe… erworben haben sollen.“ Sie sollen das Bildungssystem nicht mehr „inputorientiert“ steuern (wie bei Lehrplänen), sondern sie sind „outputorientiert“ gedacht. D.h. es werden keine konkreten Inhalte festgelegt, sondern Fähigkeiten, Kenntnisse und damit Kompetenzen. Diese können dann an verschiedenen Inhalten erworben werden. Unterschieden wird nach Mindest-, Regel- und Optimalstandards, die durch verschiedene Methoden gemessen werden. Diese sagen weniger über die Leistungen des einzelnen Schülers als über das Schulsystem aus.

Die Bildungsstandards in Deutsch in der Grundschule definieren Schreiben u.a. durch folgende Standards:

– „eine gut lesbare Handschrift flüssig schreiben“ oder

– „geübte rechtschreibwichtige Wörter normgerecht schreiben“.

Die Befürworter von Bildungsstandards sehen diese als „Mindestniveau, die Voraussetzung für die Teilhabe an der Gesellschaft sind“. Kritiker verweisen darauf, dass Bildungsstandards keine Antwort darauf geben, wie die SchülerInnen zu diesen Fähigkeiten kommen sollen. Auch können sie die Bildungsgedanken der allgemeinbildenden Schule kaum wiedergeben – da es sich hauptsächlich nur um fachbezogene kognitive Leistungsstandards handelt. Kritisiert wird auch bisher nicht vorhandenes Standards für Förderschulen/Inklusion – letztlich würde wieder vom gymnasialen Standard aus gedacht.

(Nach: wikipedia.org/wiki/Bildungsstandards; kmk.org/Themen/qualitätssicherung-in-schulen/bildungsstandards; Beschlüsse der KMK: Bildungstandards im Fach Deutsch der Primarstufe, München 2005, S. 10; Erziehung u. Wissenschaft 12/2017 S. 19)

Abb. (nur im PDF): Studien zum Bildungsmonitorin in Deutschland (Grafik)

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Ursachenforschung: „Belastung der (Bremer) Grundschulen im roten Bereich“

Unter diesem Titel wurde im November 2017 fast zeitgleich mit dem IQB-Bildungstrend eine Studie veröffentlicht, die durch eine Kooperation von Grundschulverband [1] und dem Bremer Institut für interdisziplinäre Schulforschung (ISF) [2] erarbeitet wurde. Hintergrund waren zunehmende Probleme des Grundschulverbandes, die Grundschulen in Bremen zu erreichen. Durchgeführt wurde vom ISF u.a. eine Befragung über das Ausmaß der zeitlichen und psychischen Belastung von Lehrern in sechs Grundschulen, die sich auf sozial sehr unterschiedlich geprägte Einzugsgebiete verteilen. Deshalb kann sie als repräsentativ gelten. Anhand der Auswertung dieser Studie soll auf einige Punkte hingewiesen werden, die mit Belastungen für Grundschule und Grundschullehrer durch Veränderungen in Gesellschaft und Bildungsprozess im Zusammenhang stehen.

Tätigkeiten, die sich auf die Bewertung bzw. Einordnung von Leistungen der Schüler (Lernentwicklungsberichte, Zeugnisse, Benotung usw.) beziehen, wurden als stärkstes tätigkeitsbezogenes psychisches Belastungsmoment angesehen. Bezogen auf das Verhalten der Schüler waren es die Verhaltensauffälligkeiten einzelner (Aggressivität, undiszipliniertes Verhalten) und der Lärm, der von Schülern ausgeht. Bezogen auf die Eltern waren es z.B. „schlimme, innerfamiliäre Verhältnisse“. Strukturell standen „zu große Klassen“ im Vordergrund. Bei den zeitlichen Belastungen stehen die Lernentwicklungsberichte, die Zeugniserteilung und die laufende Leistungsrückmeldung auf den ersten Plätzen.

Im Gegensatz dazu steht die von den Lehrern angegebene hohe Motivation für die Arbeit mit den Schülern (84 %), Freude über deren sichtbare Entwicklung (76 %) und ihre Lernfortschritte (69 %). Positiv sehen die Lehrer auch die kollegiale Zusammenarbeit (62 %) und den immer noch vorhandenen Gestaltungsspielraum (57 %).

Aufgaben und Zeitbudget

Hierbei wird von folgender Überlegung ausgegangen: Als Maßstab wird ein Musterlehrer mit voller Stundenzahl (28 U-Std) genommen, der in Ordnungsmitteln wie der Lehrerdienstordnung u.a. 55 festgelegte Aufgaben hat[3]. Davon wurden acht Aufgaben herausgegriffen und mit einem plausiblen Zeitbudget unterlegt. Für diese 8 Aufgaben ergibt sich ein Zeitbedarf von 1743 Stunden im Jahr (Unterricht 840 Std., Korrekturen 200 Std., Dokumentation von Lernentwicklungen und eigener Arbeit 280 Stunden, Schüler- und Elternberatung 187 Std sowie Aufsichten, Konferenzen, Fortbildungen, Information mit zusammen 166 Std). Verglichen mit der vom Bundesinnenministerium vorgesehenen Beamtenarbeitszeit von 1780 Std. pro Jahr ergibt sich eine Differenz von 37 Std. für die übrigen 42 Aufgaben. Nur für Unterrichtsvorbereitung verwendet bliebe für jede Unterrichtsstunde gut 3 Minuten Vorbereitungszeit.

Damit wird jeder Lehrer aufgrund einer übermäßigen Aufgabenzuweisung zu ständiger Dienstpflichtverletzung gezwungen, wenn er die Arbeitszeit in der 40 Std.-Woche einigermaßen einhalten will.

Probleme der Organisation von Lernprozesse

Wenn man dieses als „Kerntätigkeit von Lehrern“ versteht, treten vor allem folgende Probleme hervor:

- Mit der Einführung der Inklusion an den Schulen (verbunden mit der Auflösung der Förderschulen) ist die Heterogenität in den Klassen ab 2009 noch einmal deutlich gestiegen und verstärkt sich durch soziale Entwicklung und Migration weiter. Organisation von Lernprozessen auf unterschiedlichen Anforderungsniveaus bei Beibehaltung eines auf Auslese gerichteten Systems führt für die Lehrer zu hohem Zeitaufwand mit der Gefahr, im Unterricht stille und unauffällige Schüler wie auch besonders leistungsstarke zu verlieren, da man ihren Ansprüchen nicht gerecht werden kann und die Aufmerksamkeit durch die auffälligen Schüler gebunden wird.

- Weitere Hauptprobleme stellen das System der bürokratisierten Leistungserfassung und Bewertung (s. Kasten S. 13) und der Lärm dar.

In den Folgerungen heißt es:

„Wenn nicht zeitnah und konsequent … gehandelt wird, werden in Bremen wesentliche Teile der aktuellen Schüler*innengeneration verfassungswidrig Lebenschancen vorenthalten. Außerdem wird eine gerade in den Dienst eingestiegene Lehrergeneration innerhalb kürzester Zeit „verheizt“ sein, die dann z.T. noch dreißig Jahre ausgebrannt, krank und/oder mit innerer Kündigung weitere Schüler*innenjahrgänge unterrichten wird. … Materiell reicht es nicht aus, den Haushalt in einem Maße zu erhöhen, der letztlich den Status Quo der Misere festschreibt. Damit können im Kern allenfalls die neu hinzu gekommenen Aufgaben finanziert werden. Inhaltlich läuft es auf Täuschung hinaus, die Schulen mit immer neuen… Ideen zu überziehen, ohne darauf zu schauen, welche Potentiale für ihre Umsetzung real vorhanden sind…“[3]

[1] Grundschulverband: Arbeitskreis Grundschule e.V.; Sitz in Frankfurt/Main; mit ca. 12000 Personen mitgliederstärkster politisch tätiger Fachverband für Grundschullehrer. [2] Institut für interdisziplinäre Schulforschung (ISF): gegr. 1997 an der Uni Bremen; Versch. Forschungsvorhaben zu Fragen von Arbeitsbelastung und Arbeitsschutz in Schulen; Neugründung in privater Trägerschaft 2008. [3] www.isf-bremen.de : Aufgaben der GS_Lehrkräfte. [4] www.isf-bremen.de: Belastung der Grundschulen im roten Bereich, Bremen 2017; S. 23.

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Kompetenzorientierte Leistungsrückmeldung – „KompoLei“

Die Studie des ISF zeigt am Beispiel der „KompoLei“ deutlich, woran eine Bewertung nach von der KMK geforderten Bildungsstandards in Deutsch und Mathe scheitern kann:

„Die Leistungsentwicklung der Schüler*innen soll und muss zur Rückmeldung an sie, an ihre Eltern und an die nachfolgenden Schulen gerichtsfest dokumentiert werden. Die klassische Form, das durch eine Ziffer jeweils ausdrücken zu wollen, ist völlig zu recht kritisiert worden, weil das der Differenziertheit und Komplexität eines Kindes einfach nicht gerecht wird. Also macht die Behörde … eine Vorgabe, in welcher Form das zu geschehen hat. Mit der „Kompetenzorientierten Leistungsrückmeldung – Kompolei“ verfügt sie allerdings eine Vorgabe, die nicht umzusetzen ist. … Die Lehrkräfte sollen danach umfängliche Leistungsnachweise auf der Basis definierter Prozesse und Materialien erstellen, die sie den Eltern zurückzumelden haben, detailliert beschreibende Entwicklungsübersichten in vier Kompetenzbereichen liefern, die in zehn Fähigkeitsstufen zu differenzieren sind, von denen jede den jeweiligen Lernstand zu einem gewählten Zeitpunkt wiedergeben soll. Das Ganze soll in einem Portfolio erfasst werden. Im Ergebnis entsteht daraus zum jeweiligen Halbjahr ein Lernentwicklungsbericht mit ausgewiesenem Erfolg im jeweiligen Kompetenzbereich. Die Quelle, aus denen die Daten generiert werden, ist der Unterricht. Wäre KompoLei die Grundlage für ein Forschungsvorhaben, in dem ausschließlich durch teilnehmende Beobachtung Leistungsverlaufe bei den Schüler*innen ermittelt werden sollen, dann könnte es vielleicht geeignet sein. Aber selbst dann hätte ein einzelner Beobachter erhebliche Schwierigkeiten alle schülerbezogenen Prozesse zu erfassen, die für eine Bewertungsgerechtigkeit notwendig sind. Nun aber soll die Lehrkraft unter den o.a. Bedingungen der Unterrichtsdurchführung diese Daten für alle bis zu 25 Schüler*innen erfassen und gerichtsfest dokumentieren. Allein die Dokumentation erfordert einen ungeheuren Zeitaufwand. Sie ist sachgerecht gar nicht möglich, weil die Lehrer*innen voll darauf konzentriert sein müssen, ihren Unterricht durchzuführen…“

(aus: ISF: „Belastung der Grundschulen im roten Bereich“ Bremen 2017, S. 14)

Abb. (nur im PDF): Foto Abb. (nur im PDF): www.gew-hb.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/stichwort-kompolei/

dok: Kommunale Politik Ulli Jäckel, Hamburg, thema: Bildung & Erziehung

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Förderung privater Schulen: „Die CDU vergaloppiert sich“: Hamburg.Die Linke lehnt den Vorstoß der CDU strikt ab, en passant die staatlichen Zuschüsse für die Schulen in freier Trägerschaft zu erhöhen. „Sie sind ausreichend, jeder Träger kennt die Rahmenbedingungen, wenn er eine Schule gründet“, erklärt dazu Sabine Boeddinghaus, schulpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Mehr Geld für Schulen in privater Trägerschaft würde den staatlichen Schulen fehlen – das will hoffentlich auch die CDU nicht. Die Union will jede noch so ungeeignete Möglichkeit nutzen, um sich zu profilieren. Mit ihrem substanzlosen Angriff auf den Schulsenator vergaloppiert sie sich aber: Er wird ins Leere laufen, weil die Hauptverantwortung eindeutig beim (Miss-)Management des Erzbistums liegt …“ Die katholische Kirche müsse für sich klären, ob ihr Kommunikationsstil mit der zuständigen Behörde wie auch den betroffenen Schulgemeinschaften nicht ausbaufähig sei und ob eine Bildungseinrichtung unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten betrieben werden könne … “

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Stadtteilschulen: Mehr Zeit für Deutsch und Mathe allein reicht nicht: Hamburg. SPD und Grünen haben angekündigt, an Stadtteilschulen mehr Unterricht in Deutsch und Mathematik anzubieten. „Ich begrüße es, wenn die Stadtteilschulen zusätzliche Lernzeit erhalten. Schwierig ist allerdings die verpflichtende Fokussierung auf die vermeintlichen Kernfächer Deutsch und Mathematik“, kritisiert Sabine Boeddinghaus, schulpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Denn das führt dazu, dass Lern- und Bildungserfahrungen in Projekten beschnitten werden, weil die Zeit endlich ist und beides eben nicht realisiert werden kann. Mittlerweile sollte sich aber die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass Kernkompetenzen in Mathematik und Deutsch auch in anderen Lernfeldern erworben und vertieft werden können.“ Zudem werde mit diesem sehr kleinteiligen Antrag der Regierungsfraktionen der überaus schwierigen Situation vieler Stadtteilschulen nicht Rechnung getragen: „Mehr Lernzeit nutzt wenig, wenn in den Klassen mangels Ressourcen das Lernen schwer möglich ist.“

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Recht auf Schulbesuch über das 18. Lebensjahr hinaus: Bremen. In den letzten Jahren sind viele Jugendliche und junge Erwachsene nach Bremen geflüchtet, um hier Schutz vor Krieg und Verfolgung zu finden. Ein großer Teil dieser jungen Menschen verfügt über keinen anerkennungsfähigen Schulabschluss, teilweise fand in den Heimatländern nur eine rudimentäre oder gar keine Schulbildung statt. Welche Bildungswege für diese Menschen offen stehen, hängt wesentlich davon ab, wie alt sie bei ihrer Ankunft sind. Wer vor seinem 18. Geburtstag Bremen erreicht, ist schulpflichtig und muss entsprechend in die allgemein- oder berufsbildenden Schulen aufgenommen werden. Wer erst als Volljährige*r zuwandert, bleibt von der formalen Schulbildung ausgeschlossen. Nur mit Glück kann diese Gruppe einen raren Platz an einer der Erwachsenenschulen ergattern, ein Anspruch darauf besteht nicht. Für diesen Personenkreis erscheint die Grenze des 18. Geburtstages als willkürlich und es ist nicht nachvollziehbar, warum dieses formale Kriterium derart über die Bildungs- und damit die Zukunftschancen junger Menschen entscheidet. Die Linke hat einen Antrag eingereicht, mit dem die Bürgerschaft den Senat unter anderem auffordern soll, eine Novelle des Schulgesetzes vorzubereiten, in der nach bayerischem Vorbild zugewanderten Menschen das Recht auf die Aufnahme eines schulischen Bildungsganges bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres eingeräumt wird. Dieses Recht soll sowohl zum Erwerb eines Schulabschlusses genutzt werden können, als auch anschließende Maßnahmen im schulischen Übergangssystem umfassen.

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Zeugnisnoten für Grundschüler*innen? Bremen. Jeweils mittwochs erscheint im größten Bremer Anzeigenblatt die Rubrik „Pro und Contra“. Hier äußern sich verschiedene PolitikerInnen beziehungsweise VertreterInnen von Institutionen und Verbänden zu aktuellen Themen. Aktuell geht es um die Frage, ob die Leistungen für Grundschüler*innen benotet werden sollen. Unsere Fraktionsvorsitzende und Bildungsexpertin Kristina Vogt bezieht im „Weser Report“ für Die Linke Stellung: Die neue Debatte um Schulnoten ist verwunderlich, denn die im Alltag verwendeten Lernentwicklungsberichte funktionieren. Unter Pädagoginnen und Pädagogen besteht Einigkeit darüber, dass Noten keinen gewünschten Effekt haben. Im Gegenteil, schlechte Noten wirken demotivierend und führen nicht dazu, dass Kinder sich mehr anstrengen. Im schlimmsten Fall verursachen sie Ängste und Lernblockaden. Die Frage ist auch, wie heute Notengebung überhaupt möglich sein soll. In einer Klasse lernen nicht mehr 25 Kinder das gleiche. Es gibt jetzt 25 individuelle Lernstände und Lerntempos. Bekommt das lernbehinderte Kind, das sich mühevoll zwei Buchstaben beigebracht hat, eine Sechs, weil die Klassenbeste flüssig lesen kann? Bekommen beide eine Eins? Was ist dann gerecht? Pädagogische Rezepte aus dem 19. Jahrhundert helfen den heutigen Schulen nicht. Zum Glück sind die Bremer Schulen weiter als die CDU.

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Auch Flüchtlingskinder haben Recht auf freie Schulwahl: Essen. Die Ratsfraktion Die Linke erteilt der Forderung des Schuldezernenten Peter Renzel, die auslaufenden Hauptschulen für die Beschulung von Seiteneinsteigern in Regelklassen weiter am Leben zu erhalten, eine klare Absage. Der Verweis auf den bereits jetzt hohen Anteil an Flüchtlingskindern in den Hauptschulen ist irreführend, da es sich dabei vor allem um Kinder in der sogenannten Erstförderung handelt. Diese werden nicht nach ihrem individuellen Bedarf, sondern nach freien Kapazitäten in den Schulen verteilt. „Die Hauptschule hat sich als ein Auslaufmodell erwiesen und darf nicht als Auffangbecken für Flüchtlingskinder missbraucht werden, um damit letztendlich auch das von der schwarz-gelben Landesregierung favorisierte, stark gegliederte Schulsystem zu retten. Denn auch Flüchtlingskinder haben selbstverständlich ein Recht auf freie Schulwahl“, so Ratsfrau Ezgi Güyildar. „Die Verwaltung sollte ihr Konzept zur Beschulung von Seiteneinsteigern stattdessen darauf ausrichten, die nachgefragten Schulstandorte zu stärken und damit einen bedarfsgerechten Ausbau zu forcieren. Dazu gehört aus unserer Sicht auf die Schaffung einer schnell zur Verfügung stehenden weiteren Gesamtschule. Es kann nicht angehen, dass Flüchtlingskinder einfach in die ,Restschulen‘ geschickt werden“ Die Ratsfraktion Die Linke sieht an dieser Stelle auch vor allem Land und Bund in der Pflicht, die Kommunen bei der Finanzierung der Integrationsaufgaben nicht im Stich zu lassen. Dazu zählt unter anderem die komplette Weiterleitung der versprochenen Integrationspauschale vom Land an die Kommunen. Dies hat die schwarz-gelbe Landesregierung wiederholt in der Opposition gefordert und auch im Wahlkampf versprochen. „Die nun zwischen Schwarz-Rot ausgehandelte Aufhebung des Kooperationsverbotes zwischen Bund und Ländern in Sachen Bildungspolitik macht uns zusätzliche Hoffnungen, dass die Schulen bald auch von Seiten des Bundes finanziell besser ausgestattet werden“, so Ezgi Güyildar abschließend.

https://www.linksfraktion-essen.de

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Umzug der Förderschüler aus Prinzhornschule nach Uetze verhindern: Hannover. Die Linksfaktion versucht mit einem Antrag in die Regionsversammlung, den geplanten Umzug der Förderschüler aus der Prinzhornschule nach Uetze zu verhindern, was mit dramatischen Folgen für die Schüler verbunden wäre. „Die gesamte Infrastruktur der Schule Am Wasserwerk würde zerschlagen“, mahnt der stellvertretende Linken-Fraktionsvorsitzende Michael Fleischmann aus Burgdorf. „Der Lehrplan für geistige Entwicklung, wie er in Niedersachsen gilt, könnte nicht mehr aufrechterhalten werden.“ Der Hintergrund für den linken Antrag: Es ist ein neuer alternativer Schulstandort in Burgdorf in die Diskussion gekommen, der bisher noch nicht von der Region geprüft wurde. Genau das will die Linksfraktion mit ihrem Antrag erreichen. Es handelt sich um die rund 3.500 Quadratmeter große Wiese zwischen Lebenshilfe und Polizei, welche die Pächter aufgegeben haben. Die Fläche ist zwar kein Bauland, temporäre Baugenehmigungen sind aber laut Bauamt der Stadt Burgdorf „sicherlich möglich“. „Dieser Standort wäre auch ideal, weil die Fachräume in der benachbarten Schule Am Wasserwerk weitergenutzt werden könnten“, sagt Fleischmann. „Man müsste nur die Container für die Gruppenräume der Kinder aufstellen. Die Region beabsichtigt bisher, die Schüler aus der Prinzhornschule auf das Gelände der ehemaligen Stötznerschule in Uetze zu verfrachten, bis der geplante Anbau an der Schule Am Wasserwerk realisiert ist. Dann müssten nach Angaben von Lehrkräften insgesamt acht Angebote für die Schüler ersatzlos entfallen – und das kommt so: Die Schüler aus der Prinzhornschule nutzen auch pädagogische Angebote in der Schule Am Wasserwerk, wo es etwa die Theater-AG und den Konfirmandenunterricht gibt. Danach müssen die Schüler dort abgeholt und zur Außenstelle Prinzhornschule gefahren werden. Ein Lehrer übernimmt den Bustransport. Das funktioniert innerhalb Burgdorfs gut, aber nicht mehr, wenn beide Schulstandorte 18 Kilometer auseinander liegen. Konfirmandenunterricht, Theater-AG, Tanz-AG, Judo-AG- Krankengymnastik, Therapieschwimmen, Sprachtherapie und Logopädie müssten ersatzlos entfallen. Und es kommt noch dicker: Bisher gehen die Kinder jeden Dienstag schwimmen: die erste Hälfte der Schüler/innen im ersten Halbjahr, die andere Hälfte im zweiten Halbjahr. Nun sollen die zukünftigen Schüler aus Uetze auf den Schwimmunterricht verzichten, weil Uetze kein Hallenbad hat und weil die Region keinen Bus zur Verfügung stellen will, der die Förderschüler jeden Dienstag von Uetze zum Hallenbad nach Burgdorf fährt.

http://www.dielinke-hannover.de