Aus Politische Berichte Nr. 2/2018, S. 18 • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

dok: RECHTS AUSSEN --- Rosemarie Steffens, Langen, Hessen --- Nachrichten --- Notizen

01 Extremismuskontrolle in Hessen zielt auf linke und antifaschistische Vereinigungen.

02 Anne-Frank-Bildungsstätte kämpft gegen Bespitzelung.

03 EU-Parlament als Bühne für Rechtsaußen ? Eva Detscher, Karlsruhe

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Extremismuskontrolle in Hessen zielt auf linke und antifaschistische Vereinigungen.

Eine Sicherheitsüberprüfung für Organisationen, die Anträge auf Förderung durch das Programm „Hessen aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ stellen, soll in das neue Verfassungsschutzgesetz geschrieben werden. Der hessische Verfassungsschutz soll außerdem ausgebaut und mit weitreichenderen Überwachungsrechten ausgestattet werden. Am 25.1. beantwortete Innenminister Beuth die Anfrage der FDP im hessischen Landtag, wie viele (Gegen-)Demonstrationen und Kundgebungen von Gruppierungen aus dem linksextremen Spektrum es 2014 bis Mitte 2017 in Hessen gegeben habe und definierte damit gleich die Bezeichnung linksextrem. 197 Veranstaltungen, viele Aktionen gegen die AfD und andere Rechte, aber auch Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag der Bücherverbrennung durch die Nazis oder das Friedensfest zum 70. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg waren aufgelistet, angemeldet durch die Linksjugend solid, Die Linke, VVN-BdA, Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-45, Friedens- und Zukunftswerkstatt, Geflüchteten-Hilfsorganisationen u.a. Die GEW Hessen fragt bezüglich der Sicherheitsüberprüfung: „… Welchen Anlass haben Ihnen Beschäftigte von VHS, Universitäten, gewerkschaftlichen Bildungseinrichtungen und Bildungsträgern gegeben, sie mit einem pauschalen Extremismus-Vorwurf zu überziehen? Derartige Forderungen wurden bisher in anderen Bundesländern von AfD-Vertretern in die Debatte eingebracht. Hiermit beabsichtigte die AfD, die Arbeit der Träger der politischen Bildung und deren Förderung zu delegitimieren. … Halten Sie dieses Vorgehen für die Auseinandersetzung mit rechten Ideologien in Hessen tatsächlich für angebracht und weiterführend?“ Inzwischen hat die öffentliche Debatte bewirkt, dass nur Förderungsanträge „bisher nicht bekannter Organisationen“ überprüft werden.

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Anne-Frank-Bildungsstätte kämpft gegen Bespitzelung.

In der Presse wurde behauptet, die Bildungsstätte, die gegen Antisemitismus und Rassismus arbeitet, sei von Linksradikalen unterwandert. Der Direktor, Meron Mendel, stellte sich hinter seine Mitarbeiter und verurteilte das Vorgehen der Hessischen Landesregierung, alle vom Land finanziell unterstützten zivilgesellschaftliche Organisationen obligatorisch zu überprüfen. (FAZ, 1.2.18.)

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EU-Parlament als Bühne für Rechtsaußen ?

Eva Detscher, Karlsruhe

AfD-Bundessprecher Meuthen sitzt seit November 2017 als einziger von ehemals 7 AfD-Mandatsträgern im EU-Parlament

2019 – vom 23. bis 26. Mai – stehen EU-Parlamentswahlen auf der Agenda. Dann in wohl nur noch 27 Mitgliedsstaaten, der Staat mit der zweitgrößten Wirtschaftskraft – Großbritannien – wird dann aller Voraussicht nach nicht mehr an diesen Wahlen teilnehmen. In der jetzigen 8. Periode sitzen 751 Abgeordnete im EU-Parlament, 73 davon aus Großbritannien. Von diesen 73 britischen Abgeordneten gehören 22 der Fraktion „Europa der Freiheit und der direkten Demokratie“ (EFDD) an, sie waren als Kandidaten der Brexit- und Antieuropapartei UKIP gewählt worden. Nigel Farage, der damalige Chef von UKIP, ist neben David Borelli (5 Sterne Bewegung, Italien) Ko-Vorsitzender dieser Fraktion, die zu den Rechtsaußen-Fraktionen des EU-Parlaments gezählt werden – immerhin ein Viertel des Parlaments.

„Die EU wird von Rechtsaußenparteien als Wurzel allen Übels dargestellt: Durch sie gebe es weniger Wohlstand, weniger Demokratie und kulturelle Überfremdung durch EinwanderInnen. (vgl. Decker 2006). Gleichzeitig profitieren die Rechten bedeutend von der EU. Unter ihren prominentesten PolitikerInnen und Parteivorsitzenden sind auffallend viele EU-Parlamentarier Innen, darunter Marine Le Pen und Jean-Marie Le Pen, Nigel Farage, Matteo Salvini, Bernd Lucke, Janusz Korwin-Mikke, Morten Messerschmidt, Udo Voigt, Rolandas Paksas oder Petr Mach. Sie nutzen die mediale Infrastruktur des EU-Parlaments, sie zelebrieren ihre Auftritte in der Plenarversammlung und sie verwenden EU-Gelder in mehrfacher Millionenhöhe.“ [1]

Neuestes Mitglied dieser Fraktion ist der AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen als Nachrücker für Beatrix von Storch, die jetzt für die AfD im Bundestag sitzt. 2014 waren 7 AfD-ler ins EU-Parlament gewählt worden, 5 von ihnen traten 2015 aus der AfD aus, sind aber immer noch im EU-Parlament (unter ihnen Lucke, Henkel, Kölmel), im November trat dann noch Frauke Petri und ihr Mann Marcus Pretzell aus der AfD aus, so dass Meuthen der einzige verbliebene AfD-Abgeordnete im EU-Parlament ist.

Alles, was EU-Parlamentarier im Zusammenhang mit ihrem Mandat machen, wird über die offizielle Website des Europäischen Parlaments öffentlich gemacht. Dies stellt eine verlässliche Quelle dar für das Kennenlernen der politischen Aktivität der aus allen Teilen der EU gewählten Mandatsträger. Meuthen ist demnach Mitglied im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, im Ausschuss für die Rechte der Frau und stellvertretend im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (zur Erinnerung: Meuthen ist von der Ausbildung her Diplom-Volkswirt). Was will er erreichen mit seinem Agieren im EU-Parlament? Dazu einige Zitate aus Wortbeiträgen Meuthens aus den Plenardebatten:

17. 1.18 – Straßburg , Russland – Einfluss von Propaganda auf EU-Länder (Aussprache über ein aktuelles Thema)

„Wir reden heute erstens über Fake News, den Kampfbegriff, mit dem die Etablierten alle unerwünschten Fakten und Meinungen zu diskreditieren versuchen. Zweitens über Russland, das dieselben Etablierten zum Sündenbock für alles Schlechte in der Welt auserkoren haben. … Das ist pure Heuchelei, denn dieses Parlament wird bei der Europawahl 2019 einen Wahlkampf im Eigeninteresse führen.“

17. 1.18 – Straßburg, Lage im Iran Aussprache). Meuthen spricht im Namen der EFDD-Fraktion:

„Wir reden heute über den Iran, wo sich dramatische Entwicklungen abspielen …

Das Mullah-Regime von Präsident Rouhani hat vermutlich einen Spitzenplatz unter den korrupten und inkompetenten Regimes dieser Welt. Ich warne allerdings davor, dass sich der sogenannte Westen in die inneren Angelegenheiten Irans einmischt … Der Westen unterstützt ohne Sinn und Verstand Al-Qaidas Ableger in Syrien, ebenso wie das wahabitische System Saudi-Arabien.“

15. 1.18 – Straßburg, Ausführungen von einer Minute zu Fragen von politischer Bedeutung

„Wenn es nach den Kollegen der Parteien CDU, CSU und SPD im EP geht, …. werden dann die Länder massiv mehr Zuwanderung erleben, die bereits heute besonders viele beherbergen, allen voran Deutschland … Wenn jemand einen Masterplan ersinnen wollte, wie man ein Land gezielt durch immer weitere Sozialmigration zugrunde richtet, so könnte er aussehen.“

Das EU-Parlament wird zur erweiterten Bühne für einen Populisten, das Mandat zu eine Operationsbasis für Rückwirkung auf die Politik im Herkunftsland und Netzwerkpflege. In diesem Zusammenhang kann auch die Entsendung von AfD-Mitglied der Bundestagsfraktion Marc Bernhard nach Straßburg in die Parlamentarische Versammlung gesehen werden: „Wir streben zunächst die Gründung einer gemeinsamen Fraktion mit der bisher fraktionslosen österreichischen Regierungspartei FPÖ an“, so Bernhard. [2,3] Er ist auch Mitglied des Karlsruher Stadtrats und als Geschäftsführer der INIT GmbH Meuthen sicherlich bekannt aus seiner Zeit als Dozent an der Karlsruher Verwaltungsakademie.

[1] Zitiert aus: Thilo Jansen, „Geliebter Feind“ – Rechtsaußenparteien und die Europäische Union, http://www.rosalux-nyc.org/wp-content/files_mf/geliebterfeind_thilo_jannsen.pdf

[2] Zitiert nach Badische Neueste Nachrichten, 19.2.2018

[3] Fraktionen im Europarat sind andere als im Europäischen Parlament! Der Europarat ist keine Institution der EU, sondern eine europäische internationale Organisation mit 47 Mitgliedsstaaten. Ein Memorandum mit der EU regelt die Beziehungen. Sitz des Europarats ist der Europapalast in Straßburg. Der Europäische Gerichtshof EuGH ist ein wesentliches Organ des Europarats. Der Europarat „finanziert sich klassisch-völkerrechtlich durch Beiträge der Mitgliedstaaten entsprechend ihrer jeweiligen Bevölkerungszahl (Art. 38 EuRatS) und des Bruttosozialprodukts“.

Abb. (nur im PDF): https://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentarische_Versammlung_des_Europarates

Abb. (nur im PDF): Grafik