Aus Politische Berichte Nr. 8-9/2018, S.08 InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

dok: Aktionen – Initiativen Thorsten Jannoff, Gelsenkichen – Thema: UNO-Antrag Atomwaffenverbot

01 dfg/vk: Deutschland muss Atomwaffenverbotsvertrag beitreten

02 Abschluss der Aktionspräsenz 2018 – Am Nagasaki-Gedenktag endet der 20-Wochen-Protest in Büchel

03 2018 / Kriege ohne Ende. Mehr Diplomatie – weniger Rüstungsexporte / Friedensgutachten – Empfehlungen

04 Hiroshima-Gedenkveranstaltung in München am 6. August 2018

05 Antrag im Stadtrat: München fordert Verbot von Atomwaffen.

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dfg/vk: Deutschland muss Atomwaffenverbotsvertrag beitreten

Stuttgart. Der 7. Juli ist zu einem historischen Datum für den Kampf für eine atomwaffenfreie Welt geworden. Er markiert die Entstehung des Atomwaffenverbotsvertrages der Vereinten Nationen im letzten Jahr. 122 Staaten haben am 7. Juli 2017 in New York einen Atomwaffenverbotsvertrag beschlossen. Seitdem wurde er von 59 Staaten unterzeichnet und von zehn Staaten ratifiziert. ICAN, die „International Campaign to Abolish Nuclear Weapons“, geht davon aus, dass bis Ende 2019 die 50. Ratifizierung abgeschlossen sein wird und der Vertrag somit in Kraft treten kann. Die Kampagne, ein internationales Bündnis, bestehend aus Nichtregierungsorganisationen, erhielt im letzten Jahr den Friedensnobelpreis. Unzählige Aktivisten und Aktivistinnen aus aller Welt haben bedeutend an der Entstehung des Atomwaffenverbotsvertrages mitgearbeitet. „Der Verbotsvertrag untersagt zudem die Drohung mit Atomwaffen“, erklärt DFG-VK-Bundessprecherin Kathi Müller und fügt hinzu: „Donald Trump hat gezeigt, wie verantwortungslos heute mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen gedroht wird. So ein Verhalten darf nicht salonfähig werden.“

Auch die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen ist Teil von ICAN. Unsere Mitglieder engagieren sich seit Jahrzehnten für die nukleare Abrüstung. Auf der Straße und vor den Toren des Fliegerhorstes Büchel in Rheinland-Pfalz, wo die letzten Atombomben in Deutschland lagern. Für das nächste Jahr plant die DFG-VK zudem eine Delegation nach New York zu schicken, um an der Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag teilzunehmen. „Die Symbiose aus Protesten und Aktionen und der Lobbyarbeit haben entscheidend zum Erfolg von ICAN und somit der gesamten Anti-Atomwaffenbewegung beigetragen“, so der DFG-VK-Landesgeschäftsführer Baden-Württemberg und ICAN-Mitglied Roland Blach.

Der 7. Juli ist ein Grund zu feiern erinnert aber auch an die Verweigerung einiger Staaten den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen, auch Deutschland zählt dazu. Die DFG-VK nimmt den 7. Juli zum Anlass, an die Vernunft und das Gewissen der Mitglieder der Bundesregierung zu appellieren: Wer erklärt, sich für eine sichere und atomwaffenfreie Welt einsetzen zu wollen, muss einen Vertrag, der genau das zum Ziel hat, unterstützen.

Passend dazu fand in dieser Woche bereits in vielen Städten der Flaggentag der Mayors for Peace statt. Bürgermeister und Bürgermeisterinnen aus aller Welt und in etwa 550 Städten in Deutschland hissen in der Juli-Woche vor den Rathäusern Fahnen, um ein Zeichen für Abrüstung und gegen Atomwaffen zu setzen.

https://www.dfg-vk.de/startseite

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Abschluss der Aktionspräsenz 2018 – Am Nagasaki-Gedenktag endet der 20-Wochen-Protest in Büchel

Stuttgart. Die Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt beendet am 9. August 2018 ihre 20-wöchige Aktionspräsenz am Fliegerhorst Büchel (Eifel). Seit dem 26. März protestierten Gruppen aus ganz Deutschland sowie internationale Gäste dafür, dass die in Büchel stationierten Atomwaffen abgezogen statt aufgerüstet werden sowie für den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag. Den Abschluss der Aktionspräsenz bildet eine Andacht am kommenden Donnerstag um 11.02 Uhr, dem Zeitpunkt des Atombombenangriffs auf die japanische Stadt Nagasaki vor 73 Jahren.

„Die Opfer der Angriffe auf Hiroshima und Nagasaki mahnen uns, für eine atomwaffenfreie Welt einzutreten“, sagt Marvin Mendyka, Sprecher der Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt. „Die Gefahr eines Atomkriegs ist heute so hoch wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Mit unserer 20-wöchigen Aktionspräsenz haben wir eine klare Botschaft an die Bundesregierung gesendet. Deutschland muss dringend aktiv werden für Abrüstung, die Atomwaffen aus Büchel abziehen lassen und dem UN-Atomwaffenverbot beitreten!“, so Mendyka weiter.

Insgesamt beteiligten sich 40 Gruppen und rund 2000 Menschen an der 20-wöchigen Aktionspräsenz der Kampagne. Das ist ein deutlicher Anstieg der Teilnehmenden im Vergleich zum Vorjahr. Zu den Highlights der diesjährigen Aktionspräsenz gehörten u.a. der Ostermarsch in Büchel, zu dem in diesem Jahr mit 400 Menschen so viele wie noch nie zuvor kamen, die Aktionswoche der Friedensnobelpreisorganisationen ICAN Deutschland und IPPNW, ein von Christ*innen aus verschiedenen Landeskirchen organisierter Aktionstag, zu dem rund 600 Menschen kamen, sowie die spektakulären Aktionen zivilen Ungehorsams, die maßgeblich von internationalen Aktivist*innen durchgeführt wurden.

Die Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt wird getragen von 55 Organisationen aus dem Bereich der Friedens-, Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung, Gewerkschaften sowie religiösen Gruppen. Sie ist zudem Teil des weltweiten ICAN-Netzwerkes, welches im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

http://www.atomwaffenfrei.de/

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2018 / Kriege ohne Ende. Mehr Diplomatie – weniger Rüstungsexporte /

Friedensgutachten – Empfehlungen

1. Europäische Friedensordnung wiederherstellen. Wir brauchen ein aktives Konfliktmanagement in Europa. Dazu ist ein gesamteuropäischer Diskurs notwendig, der die europäische Friedensordnung mittelfristig wieder auf ihre normativen Grundlagen wie Demokratie und Menschenrechte hin ausrichtet.

2. Aufkündigung des Iranabkommens geschlossen beantworten. Vertrauen in verlässlichen Multilateralismus ist eine Stütze globaler Friedenspolitik. Die Bundesregierung muss gemeinsam mit ihren Partnern Strategien ausloten, wie sich der Schaden des US-Vorgehens für die internationalen Beziehungen begrenzen lässt.

3. Rüstungsexporte endlich restriktiv ausrichten. Die Bundesregierung sollte ein restriktives Rüstungsexportkontrollgesetz vorlegen. Genehmigungen für Exporte an Kriegsparteien im Jemen müssen widerrufen werden. Lieferungen an die Türkei sind zu unterbrechen, solange diese völkerrechtswidrig agiert.

4. Intervention in Afghanistan evaluieren. Das deutsche Afghanistan-Engagement muss entwicklungs-, friedens- und sicherheitspolitisch evaluiert werden. Angemessenheit und Wirkungen militärischer und ziviler Maßnahmen gehören auf den Prüfstand, ebenso ressortübergreifende Kohärenz.

5. Militärische Interventionen und Stabilisierungsmaßnahmen prüfen. Die Stabilisierungsmaßnahmen im Irak sollten ausgesetzt werden. In Mali sollte die Sicherheit der Bevölkerung anstelle von Terrorbekämpfung und Grenzsicherung im Vordergrund stehen.

6. Proaktivere diplomatische Rolle im Nahen und Mittleren Osten. Deutschland sollte seine Netzwerke in der Region noch stärker nutzen, um Gesprächskanäle zwischen verfeindeten Gruppen zu öffnen und eine moderierende Rolle einnehmen.

7. Beteiligung an möglichen UN-Friedensoperationen vorbereiten. Wenn in einem der Kriege im Nahen und Mittleren Osten ein verlässliches Waffenstillstands- oder gar Friedensabkommen gelingt, sollte sich Deutschland an multilateralen Stabilisierungsmissionen mit UN-Mandat beteiligen.

8. Fluchtursachenbekämpfung nicht auf Kosten der Menschenrechte. Die EU und Deutschland dürfen „Migrationspartnerschaften“ mit autoritären Ländern wie Ägypten, Äthiopien, Libyen oder dem Tschad nicht länger betreiben, ohne die Folgen für den Schutz der Menschenrechte systematisch zu berücksichtigen.

9. Kein Schlingerkurs gegenüber der Türkei.

Die deutsche Kritik an Menschenrechtsverletzungen in der Türkei darf mit der Freilassung eigener Staatsbürger nicht verstummen. Nicht nur die Verletzung des humanitären Völkerrechts, auch die völkerrechtswidrige Intervention in Afrin muss Berlin verurteilen.

10. Flüchtlings- und Migrationspolitik gestalten. Der Bundestag sollte ein Einwanderungsgesetz zur fairen Regulierung von Migration beschließen, das den Schutz von Flüchtlingen und Asylsuchenden nicht beeinträchtigt. Integration und Familiennachzug sind humanitär geboten, sie liegen im deutschen Interesse.

https://www.friedensgutachten.de/user/pages/02.2018/01.stellungnahme/FGA_2018_Stellungnahme.pdf

Abb.(nur im PDF): Abrüstungskundgebung

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Hiroshima-Gedenkveranstaltung in München am 6. August 2018

München. Brigitte Wolf, Stadträtin der Linken: In Vertretung des Oberbürgermeisters überbringe ich Euch die Grüße der Landeshauptstadt München anlässlich Eurer Kundgebung zum Gedenken an die Zerstörung Hiroshimas und Nagasakis. Als Mitglied der „Mayors for Peace“ begrüßt der Oberbürgermeister angesichts der aktuellen weltpolitischen Situation friedenspolitische Aktivitäten in München.

Unsere Zukunft – atomwaffenfrei! Diesem Motto kann ich mich als Vertreterin der Stadt ohne jede Einschränkung anschließen. Niemals kann vergessen werden, dass Atomwaffen ganze Städte, ganze Regionen mit Hunderttausenden Opfern von einem Moment auf den anderen ausradiert haben – und dass dies immer als Drohung im Hintergrund steht, wenn Nuklearwaffen stationiert, modernisiert oder neu beschafft werden.

Doch es gibt internationale Hoffnungsschimmer: Im Juli 2017 haben sich 122 der 193 Mitgliedstaaten der UNO auf ein Atomwaffenverbot verständigt. Der Vertrag verbietet den Einsatz von Atomwaffen ebenso wie deren Herstellung, Besitz, Lagerung und Stationierung. Anfang Juni 2018 hatten 59 Staaten den Vertrag unterzeichnet. 10 Staaten – darunter Österreich – haben den Vertrag ratifiziert. 90 Tage nach der 50. Ratifizierung wird der Vertrag in Kraft treten.

Gelten wird er aber nur für die Staaten, die ihn auch ratifizieren. Die Mitgliedsstaaten der Nato haben geschlossen erklärt, den Vertrag abzulehnen. Ebenso die Staaten, die offiziell oder inoffiziell Atomwaffen besitzen. Doch auch wenn das atomare Wettrüsten weitergeht, die Doktrin der wechselseitigen Bedrohung neu und stärker zum Tragen kommt und zur weiteren Verbreitung dieser Waffen führt, so bleibt diese große internationale Initiative gegen Atomwaffen nicht wirkungslos.

Denn alle Initiativen, alle Bewegungen, die sich weltweit für ein Verbot von Atomwaffen einsetzen, haben nun einen Bezugspunkt im Völkerrecht. Die Mehrzahl der Staaten haben sich dem Atomwaffenverbot angeschlossen. Auch Städte und Städtebündnisse, die sich weltweit für Frieden einsetzen, werden in diesen Bemühungen gestärkt.

Und es stellt sich mit Nachdruck die Frage: Warum unterzeichnet Deutschland diesen Vertrag nicht? Dies ist die Frage, die wir jeder Politikerin, jedem Politiker und jeder Regierung immer wieder stellen müssen.

Außenpolitik ist Sache des Bundes? Die Stadt kann da nichts machen? Wir können da nichts machen? Das ist so nicht richtig. In den internationalen Städtebündnissen und in den Beziehungen, die heute weltweit zwischen Städten und Menschen bestehen, steht diese Frage auf der Tagesordnung. Ich werde mich gerne dafür einsetzen, dass auch aus München entsprechende Initiativen Gehör finden. Ich bin sicher, dass es in Deutschland eine gesellschaftliche Mehrheit gibt, die das Verbot von Atomwaffen unterstützt. Um dafür auch politische Mehrheiten zu gewinnen, ist das andauernde Engagement von Euch und uns Allen erforderlich. Ich beende mein Grußwort also mit einer Bitte: Bleibt wachsam, bleibt aktiv, sorgt für ein Friedens-Signal auch aus München.

https://www.friedenskooperative.de

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Antrag im Stadtrat: München fordert Verbot von Atomwaffen.

Der Stadtrat möge beschließen:

1) Der Stadtrat der Landeshauptstadt München fordert die Bundesregierung auf, den Atomwaffenverbotsvertrag vom Juli 2017 zu unterzeichnen und zu ratifizieren.

2) Oberbürgermeister Dieter Reiter wird gebeten, sich an den Deutschen Städtetag zu wenden und dafür einzusetzen, dass sich auch der Deutsche Städtetag für eine Unterzeichnung dieses Vertrages einsetzt.

3) Als Mitglied der „Bürgermeister für den Frieden“ („Mayors for Peace“) wird Oberbürgermeister Reiter gebeten, sich über dieses internationale Städtebündnis für eine weltweite Unterstützung des wichtigen völkerrechtlichen Vertrages einzusetzen.

Begründung: Anlässlich der Verleihung des Friedesnnobelpreises an ICAN (‚Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen‘) gratulierte OB Reiter mit den Worten: „Im Gegensatz zu chemischen und biologischen Waffen sind Nuklearwaffen noch nicht völkerrechtlich geächtet. Die Ächtung und weltweite Abschaffung dieser schrecklichen Waffen bleibt daher ein wichtiges Ziel.“

Im Juli 2017 haben sich 122 der 193 Mitgliedstaaten der UNO auf ein Atomwaffenverbot verständigt. Der Vertrag verbietet den Einsatz von Atomwaffen ebenso wie deren Herstellung, Besitz, Lagerung und Stationierung. Mitte August 2018 hatten 60 Staaten den Vertrag unterzeichnet. 14 Staaten – darunter Österreich – haben den Vertrag ratifiziert. 90 Tage nach der 50. Ratifizierung wird der Vertrag in Kraft treten.

Leider lehnt es die Bundesregierung bisher ab, diesem zukunftsfähigen völkerrechtlichen Vertrag beizutreten. Da Zivilbevölkerung und ihre Städte die ersten Opfer des Einsatzes von Atomwaffen waren und auch künftig sein würden, ist auch die kommunale Ebene gefordert, sich für die Abschaffung dieser apokalyptischen Waffen einzusetzen.

Brigitte Wolf (Die Linke), Cetin Oraner (Die Linke)