Aus Politische Berichte Nr. 8-9/2018, S.12 InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Thema: DEAL

01 „Der Deal muss aufgeklärt werden“

dok: Kommunale Politik Ulli Jäckel, Hamburg thema: DEAL

02 „Rosinenpickerei“ bei städtischen Betrieben beenden: Essen.

03 Linke fordert Aufklärung über die Bezüge der Geschäftsführerin der WfBM: Duisburg.

04 Rechnungsprüfungsamt: SPD kontrolliert sich zukünftig selbst: Bochum.

05 Zentralbad – Linksfraktion fordert Offenlegung und Prüfung der Kosten: Bonn.

06 Verluste aus Spekulationsgeschäften nicht den Bürgerinnen und Bürgern zur Last legen: Halle.

01

„Der Deal muss aufgeklärt werden“

Jörg Detjen, Köln

Der Aufsichtsrat der Stadtwerke wählte am 9. Juli den Arbeitnehmervertreter Harald Kraus zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden und setzte sich damit über das Begehren der Oberbürgermeisterin Reker hinweg, die selber diese Funktion einnehmen wollte. Wie konnte es dazu kommen?

CDU, Grüne und FDP wollten OB Reker mit Ratsdiktat durchsetzen In der Ratssitzung Anfang Juni brachten CDU, Grüne und die FDP einen kurzfristig zusammengezimmerten Ratsantrag ein, Oberbürgermeisterin Reker solle den Aufsichtsratsvorsitz der Stadtwerke übernehmen. Es war der Versuch, der SPD die Alleinschuld an dem von SPD, CDU und Grünen eingefädelten Börscheldeal zuzuweisen und im gleichen Zug den Einfluss des Reker-Bündnisses im Stadtwerkekonzern zu stärken. Dieser Antrag war aber nicht mit den Arbeitnehmervertretern abgestimmt, die zehn von zwanzig Aufsichtsratsmitgliedern stellen. Darauf wies die Ratsfraktion der Linken in ihrem Redebeitrag hin und forderte ein konsensorientiertes Verfahren im Rahmen der Mitbestimmung ein. CDU, Grüne und FDP interessierte das nicht, und sie beschlossen den Antrag gegen die Stimmen von Linken und SPD.

Beim ersten Wahlgang im Aufsichtsrat braucht die Kandidatin oder der Kandidat zwei Drittel der Stimmen. Das Reker-Bündnis hat aber nur sechs Stimmen von zwnazig. Also bei weitem keine Zweidrittel-Mehrheit. Statt auf die Arbeitnehmer zuzugehen, drohte OB Reker ihnen sogar noch mit strafrechtlichen Konsequenzen aus der Börschel-Affäre. Daraufhin erklärte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Harald Kraus: „Ich kann mir nicht vorstellen, auf einer solchen Ebene mit der Oberbürgermeisterin im Aufsichtsrat vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.“

Was wusste Oberbürgermeisterin Reker?

Die Ratsfraktion Die Linke versucht seit Wochen, den Deal um die Wahl von Börschel zum Geschäftsführer aufzuklären. Bereits in der Aufsichtsratssitzung hatte unser Mitglied im Aufsichtsrat das Vorgehen von SPD, CDU und Grünen kritisiert. Seitdem hat Die Linke im Aufsichtsrat, im Finanzausschuss und im Rat Anfragen gestellt und die Beteiligten aufgefordert, endlich den Willen zur Aufklärung zu zeigen und den gesamten Personaldeal öffentlich zu machen. Einen Teil des vermutlichen Deals stellte der „Kölner Express“ am 5.7. dar („Klüngel-Affäre – Kommt heute die ganze Wahrheit ans Licht?“).

Ungeklärt ist die Rolle der Oberbürgermeisterin. Sie hatte letztlich den Deal gestoppt, es wird aber durch die Kölner Presse vermutet, dass sie eingeweiht war. Die Oberbürgermeisterin äußert sich nicht klar. Sie gesteht in eigenen Presseerklärungen ein, dass sie Informationen über den Deal hatte, sie bezeichnet diese als „Gerüchte“ und „sich verdichtende Gerüchte“. Von wem sie wann was erfahren hat, bleibt jedoch ein Geheimnis. Ebenso wenig teilt sie mit, ob sie über diese „sich verdichtenden Gerüchte“ mit den Spitzen der sie stützenden CDU und Grünen, mit der SPD oder mit Mitgliedern des Vorstandes bzw. des Aufsichtsrates des Stadtwerkekonzernes gesprochen hatte. Um die besondere Rolle der Oberbürgermeisterin aufzuklären, brachte die Linksfraktion eine Anfrage in den Rat ein. Wir begründeten unsere Anfrage:

„Fraktionen und auch die Fraktionsspitzen sind gegenüber dem Rat nicht rechenschaftspflichtig. Wenn sie nicht durch ihre Partei oder Fraktion dazu genötigt werden, dann wird es durch die Fraktionsspitzen von SPD, CDU und Grünen wohl keine weitere Aufklärung geben.

Im Gegensatz dazu hat die Stadtverwaltung gegenüber dem Rat eine Informationspflicht. Der Rat hat die Aufgabe, die Arbeit der Verwaltung zu kontrollieren … Diese Pflicht betrifft auch die Oberbürgermeisterin als Chefin der Verwaltung. Ihr Handeln in der Stadtwerke-Affäre, ihre Gespräche mit Akteuren und ihr Wissen über weitere Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Schaffung und Besetzung des Vorstandspostens sind wichtige Informationen zur Überprüfung der Arbeit der Verwaltung durch den Kölner Rat.“

Auf der Ratssitzung am 5. Juli lag die Antwort auf die fünf Fragen vor. Die Oberbürgermeisterin mauerte und beantwortete die Fragen teils ausweichend, teils gar nicht. Der Fraktionssprecher der Linken kritisierte die Oberbürgermeisterin heftig. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ schrieb: „Ein kurzer Wortwechsel zwischen der Stadtchefin und dem Fraktionsvorsitzenden der Linken reichte, um die Atmosphäre im Saal aufzuheizen. Als Reker, süffisant und ausdrücklich im Konjunktiv, ihrerseits dann Detjen fragte, was er selber denn in der Angelegenheit unternommen habe, reagierte der sonst durchaus besonnene Linke ungewohnt heftig: ,Ihre Bemerkung können Sie sich unter den Hut schmieren.‘“

dok: Kommunale Politik Ulli Jäckel, Hamburg thema: DEAL

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„Rosinenpickerei“ bei städtischen Betrieben beenden: Essen. Die Linke fordert endlich rechtsfeste Regeln für die Bezahlung der Geschäftsführungen. Die Ratsfraktion Die Linke begrüßt es, dass durch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen die Diskussion um die Bezahlung der Geschäftsführungen und leitenden Angestellten der städtischen Gesellschaften erneut in Gang gekommen ist. Sie begrüßt es, dass Personaldezernent Christian Kromberg ein Gutachten insbesondere zur Bezahlung der „ausgeliehenen“ Beamten, die ihren Beamtenstatus und die damit verbundenen Sicherheiten behalten, in Auftrag geben will. Es sollte – wie auch von der Fraktion Die Linke wiederholt gefordert – endlich Transparenz hergestellt werden, ggfs. müssen die bisherigen Regelungen überprüft werden. „Die ,Rosinenpickerei‘ bei den ehemaligen Beamten hat der Vorsitzende Richter des Verwaltungsgerichtes Gelsenkirchen zu Recht kritisiert“, so Gabriele Giesecke, Fraktionsvorsitzende Die Linke. „Es ist doch unmöglich, dass es der Stadtspitze seit Jahren nicht gelingt, ,Ruhe‘ in die städtischen Gesellschaften zu bekommen und es sieht für die Stadt schlecht aus, wenn nun ein Gericht die Rechtmäßigkeit der Höhe der Gehälter und Pensionsansprüche der Geschäftsführungen städtischer Unternehmen in Zweifel ziehen kann. Jetzt müssen endlich transparente und sachliche Kriterien entwickelt werden, die jeden Verdacht der ,Kungelei‘ und ,Kumpanei’ endlich aus dem Weg räumen.“ Dass die Stadtspitze ein externes Rechtsgutachten zu den aufgeworfenen Fragen erst jetzt und nur auf Druck von außen in Auftrag geben will, ist ein trauriges Kapital. Denn die Fragen wurden intern durchaus angesprochen, auch von Vertretern der Fraktion Die Linke in Aufsichtsräten. „Es ist wirklich peinlich, wenn der Personaldezernent als Reaktion auf die ,Rüge‘ des Verwaltungsgerichts selbst Zweifel einräumt und davon spricht, dass die bisherigen Regelungen ,ein gewisses Risiko‘ bedeutet hätten, aber vorher nicht von sich aus gehandelt hat,“ so Gabriele Giesecke abschließend. „Wir erwarten, dass dem Rat der Stadt so schnell wie möglich rechtsfeste Regelungen für die Zukunft vorgelegt werden.“

https://www.linksfraktion-essen.de

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Linke fordert Aufklärung über die Bezüge der Geschäftsführerin der WfBM: Duisburg. Die Linke im Rat der Stadt Duisburg kritisiert die hohen Gehaltszahlungen an die Geschäftsführerin der Werkstatt für Menschen mit Behinderung, Frau Rogg. Hierzu erklärt die Fraktionsvorsitzende Martina Ammann-Hilberath: „Die horrenden Bezüge der Geschäftsführerin in Höhe von 340 000 Euro jährlich sind nicht hinnehmbar. Es ist moralisch sehr verwerflich, dass eine Person, deren fachlichen Qualitäten nicht zur Disposition stehen, diese überzogenen Gehaltsforderungen durchgesetzt hat. Die Linke hat schon mehrfach im Rat gefordert, dass es eine Obergrenze von 300 000 Euro bei den Bezügen der Geschäftsführer der städtischen Beteiligungsgesellschaften geben muss. Im Falle einer gemeinnützigen Werkstatt für Menschen mit Behinderung müssen diese Bezüge natürlich noch deutlich niedriger angesetzt werden. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Beschäftigten mit einer Behinderung nur ein Minimalgehalt erhalten, welches nicht ansatzweise den Bedarf deckt und durch Transferleistungen aufgestockt werden muss. Der Arbeitsmarkt ist so ausgestaltet, dass u.a. durch steigende Arbeitsbelastung in den Betrieben die Zahl der Beschäftigten mit psychischen Erkrankungen ansteigt. Auch die Sanktionspolitik der Jobcenter treibt immer mehr Menschen in die Armut. Die Betroffenen können dann teilweise nur noch in den geschützten Umgebungen einer Werkstatt arbeiten. Wenn diese dann mit Minimalgehältern abgespeist werden, erscheint das hohe Gehalt der Geschäftsführerin nochmals zynischer.“ Unmittelbar vor der außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats fordert der Sprecher des Kreisverbandes der Linken, Lukas Hirtz:

„Jetzt muss lückenlos aufgedeckt werden welche Rolle der Aufsichtsrat bei den Gehaltsentscheidungen gespielt hat. … Wenn ein Aufsichtsrat über Jahre nicht weiß wie viel Gehalt die eigene Geschäftsführerin kassiert, dann wurden hier gegebenenfalls die Aufsichtsratspflichten verletzt. Wir verlangen, dass sich alle Beteiligten vollumfänglich zu den Vorwürfen äußern und dann die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden. Die Werkstatt für Menschen mit Behinderungen ist eine überaus wichtige Institution in Duisburg. Es muss alles getan werden, um Schaden von ihr abzuhalten.“

http://www.linksfraktion-duisburg.de

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Rechnungsprüfungsamt: SPD kontrolliert sich zukünftig selbst: Bochum. Ursprünglich hatte die Verwaltung geplant, die Sache geheim und hinter verschlossenen Türen durchzuführen: Der Tagesordnungspunkt „Bestellung der Leiterin/des Leiters des Rechnungsprüfungsamtes“ stand auf dem nichtöffentlichen Teil der Tagesordnung der Ratssitzung. Aber die Personalie sorgte bereits im Vorfeld für so viel Wirbel, dass sich dieser Schachzug dann doch nicht durchsetzen ließ. Entgegen den Forderungen der Opposition hatte sich die von Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) geführte Verwaltungsvorstand dafür entschieden, den wichtigen Posten nur verwaltungsintern auszuschreiben. Das Ergebnis: Den Job sollte der ehemalige Geschäftsstellenleiter der SPD-Ratsfraktion Frank Stempel erhalten. „Wir sind überhaupt nicht davon begeistert, dass ein ausgewiesener Sozialdemokrat zukünftig die Arbeit der rot-grünen Koalition kontrollieren soll“, sagte unser Fraktionsvorsitzender Ralf-D. Lange bereits im Vorfeld. Konsequenterweise stimmte die Linksfraktion geschlossen gegen die Berufung, allerdings reichte es für eine knappe Mehrheit (41 Ja-Stimmen, 38 Nein-Stimmen.) Die Neubesetzung reiht sich ein in eine Reihe von Personalentscheidungen seit Amtsantritt von Oberbürgermeister Thomas Eiskirch: Während die SPD bundesweit immer mehr Zustimmung verliert, nutzt sie die lokalen Mehrheitsverhältnisse dazu, um ihren Einfluss in der Bochumer Verwaltung weiter auszubauen.

https://www.linksfraktionbochum.de

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Zentralbad – Linksfraktion fordert Offenlegung und Prüfung der Kosten: Bonn. Zur Entschädigung der Stadtwerke Bonn durch die Stadt für angefallene Projektkosten im Zuge der Planung des Wasserlandbads i.H.v. 6,7 Mio. Euro erklärt Dr. Michael Faber, Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion: Angesichts der polarisierten Stimmung in Bonn und einem absehbaren Bürgerbegehren gegen die Zentralbadpläne des Oberbürgermeisters war es aus Sicht der Linksfraktion grob fahrlässig, bei den SWB Kosten in größerer Millionenhöhe für dieses Projekt entstehen zu lassen. Bevor die Stadt jetzt die voraussichtlich 6,7 Mio. EUR Kosten erstattet, erwartet die Linksfraktion angesichts der Auswirkungen auf den städtischen Haushalt eine genaue Prüfung der einzelnen Erstattungsbeträge. Schließlich hatte der Rat am 23.1.2017 beschlossen, dass die Entschädigung nur für die für den Bau „erforderlichen Planungsschritte“ erfolgt, so dass der Vertrag kein Blankoscheck war. Was wir dann im Zuge der zwei folgenden Bürgerentscheide von den Stadtwerken gesehen haben, waren aber nicht zuletzt umfangreiche Werbemaßnahmen z.B. in Form von Flyern, Anzeigen und als „Bürgerbeteiligung“ getarnten Jubelveranstaltungen für das neue Bad. Die Linksfraktion fordert deshalb mit einer großen Anfrage zur nächsten Ratssitzung eine genau aufgeschlüsselte Offenlegung und Prüfung der Kosten durch die Stadt ein. Aus unserer Sicht darf die Stadt die Kosten für überhaupt nicht erforderliche Maßnahmen, wie Öffentlichkeitsarbeit und Werbeveranstaltungen auf dem Marktplatz, nicht übernehmen. „Die Verwaltung darf das Geld jetzt nicht einfach an die SWB überweisen. Wir pochen darauf, dass sich die Erstattung der Stadt auf die wirklich erforderlichen Maßnahmen für die Planung des gescheiterten Wasserlandbades beschränkt. Sofern die SWB dann auf Kosten sitzen bleiben sollten, könnte der Verzicht auf geplante Gehaltserhöhungen der Geschäftsführer für Kompensation sorgen“, so Faber abschließend.

vgl. http://www2.bonn.de/bo_ris/daten/o/pdf/17/1710208EB6.pdf https://www.linksfraktion-bonn.de

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Verluste aus Spekulationsgeschäften nicht den Bürgerinnen und Bürgern zur Last legen: Halle. Die Prüfungen des Landesrechnungshof ergaben, dass in mehreren Fällen verbotene spekulative Derivatgeschäfte mit Beiträgen und Gebühren in Abwasserzweckverbänden getätigt wurden. Es besteht der Verdacht, dass für diese Verluste wiederum Bürgerinnen und Bürger zur Kasse gebeten wurden. Hierzu erklären die kommunalpolitische Sprecherin Christina Buchheim und der finanzpolitische Sprecher Swen Knöchel: „Es ist nicht hinnehmbar, dass die Gebührenzahler für das Fehlverhalten von Verantwortlichen in den Abwasserzweckverbänden einstehen müssen. Die Vielzahl der bekannt gewordenen Fälle belegt aus unserer Sicht auch ein Versagen der Kommunalaufsicht in Sachsen-Anhalt. Die Bürgerinnen und Bürger jetzt auf den beschwerlichen Weg durch die gerichtlichen Instanzen zu verweisen, ist falsch und zeugt von mangelnden politischen Verantwortungsbewusstsein. Wir fordern das Innenministerium auf, mit den verantwortlichen Landkreisen und Gemeinden eine politische Lösung zu finden, statt die Menschen vor Ort zur Kasse zu bitten.“

http://www.dielinke-halle.de

Abb.(nur im PDF): Johann Conrad Seekatz, (1710–1768), Räuberlager in klassischer Ruine.