Aus Politische Berichte Nr. 11/2018, S.18 InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Rechte Provokationen --- Demokratische Antworten

01 Die FIR zur Europa-Wahl – Erklärung der Fédération Inter-nationale des Résistants (FIR):

02 Zur Geschichte der FIR (Fédération Internationale des Résistants) – Erinnerung wachhalten an die Nazi-Verbrechen und den Widerstand

Redaktionsnotizen • Zusammenfassung: Rosemarie Steffens, Langen, Hessen

03 DGB-Bundesvorstand. Wahlverhalten Gewerkschaftsmitglieder

04 Die NPD mobilisiert zu ihrem Europa-Parteitag mit der Parole „Festung Europa – Schutzzone Deutschland“ am 17.11. nach Büdingen.

05 50 000 Euro für das private Rettungsschiff „Lifeline“ hat Kardinal Marx laut Erzbistum München-Freising zur Verfügung gestellt.

06 Verbände und Institutionen wenden sich „Gegen rechte Hetze“.

01

Die FIR zur Europa-Wahl

Erklärung der Fédération Inter-nationale des Résistants (FIR):

Im Mai 2019 finden die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Für die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten, ihre Mitgliedsverbände in fast allen europäischen Ländern und Israel sowie für die Veteranen des antifaschistischen Kampfes und für die Antifaschisten heutiger Generationen sind diese Wahlen aus mehreren Gründen von großer Bedeutung:

In den letzten Jahren mussten wir oft schmerzhaft erleben, dass die gegenwärtige Politik und Entwicklung der Europäischen Union nicht den Interessen großer Teile der Menschen in den europäischen Ländern entspricht. Insbesondere die Reaktion auf die Flüchtlingssituation und die finanzpolitische Knebelung einzelner Staaten haben die soziale Spaltung in Europa vertieft. Zahlreiche Entscheidungen führen zu massiver sozialer Ausgrenzung und Abbau von Rechten der Beschäftigten, gehen zu Lasten der Schwächsten der jeweiligen Länder.

Zeitgleich wird die Abschottung der „Festung Europa“ massiv verstärkt und der Aufbau einer europäischen Militärmacht für internationale Einsätze vorangetrieben. Dagegen müssen auch im Europäischen Parlament die Stimmen gestärkt werden, die sich für eine demokratische, friedensorientierte, solidarische und sozial gerechte Entwicklung Europas einsetzen.

Außerdem erleben wir in zahlreichen europäischen Ländern einen deutlichen Vormarsch offen rassistischer, nationalistischer und extrem rechter Parteien und Gruppen. Sie sind nicht nur in nationalen Parlamenten stark vertreten, sondern mittlerweile in mehreren Staaten an der Regierung beteiligt und setzen dort ihre antidemokratische und rassistische Politik in Regierungshandeln um.

Die antifaschistischen, antirassistischen und friedensbewegten Organisationen und Gruppen sowie Gewerkschaften, soziale und gesellschaftliche Bewegungen müssen ihre Kräfte bündeln, um solchen Entwicklungen im Wahlkampf und später im Europäischen Parlament engagiert und erfolgreich entgegenzutreten.

Die Grundlage dieses Handelns ist kein Wahlaufruf für eine Partei, sondern das gemeinsame Eintreten für ein Europa,

• das jeder Form der rassistischen Diskriminierung oder der Fremdenfeindlichkeit entgegentritt,

• das für vergleichbare Lebensbedingungen in allen Ländern eintritt, um erzwungene Arbeitsmigration aus den Notwendigkeit der Lebensbedingungen zu verhindern,

• das sich für Flüchtlinge und Minderheiten einsetzt und allen eine menschenwürdige Behandlung garantiert,

• das gegen jede Form von Nationalismus und separatistischen Bestrebungen eintritt und kulturellen Eigenheiten von Minderheiten und Regionen in Europa schützt,

• das sich gegen jegliche Form von Holocaustleugnung, Verfälschung des Widerstandskampfes, Zerstörung von Gedenkorten, Geschichtsrevisionismus und Rehabilitierung von SS-Verbrechern einsetzt,

• das eine soziale Politik gewährleistet, durch die allen Menschen Arbeit, Bildung, Ernährung und eine angemessene Wohnung garantiert wird als Basis für eine wirkliche Demokratie,

• das eine Gemeinschaft im Interesse der Menschen darstellt und deutlich macht, dass Europa nicht auf die Herrschaft von Großbanken und Wirtschaftslobbyisten reduziert werden darf,

• das für eine Friedenspolitik eintritt, die nicht auf hegemonialer Dominanz in der Außenpolitik, sondern auf nichtmilitärischer Konfliktlösung beruht.

Ein solches Europa ist möglich, wenn sich die Völker aktiv und vernehmbar für ihre Interessen einsetzen.

Die FIR wird ihren Beitrag dazu leisten, damit die unterschiedlichen politischen Bewegungen und Kräfte gemeinsam auf diesem Weg vorankommen. Ebenso wie die nationalen Mitgliedsverbände sich in ihren Ländern für gesellschaftliche Bündnisse gegen Rechtsentwicklung und für die Verteidigung der antifaschistischen Grundlagen einer Gesellschaft einsetzen, so arbeitet die FIR auf internationaler Ebene auf eine Vernetzung bestehender Initiativen und Bewegungen hin, um gemeinsam als politische Stimme in Europa gehört zu werden.

Abb (PDF): logo fir

02

Zur Geschichte der FIR (Fédération Internationale des Résistants) – Erinnerung wachhalten an die Nazi-Verbrechen und den Widerstand

„Die FIR – Bund der Antifaschisten ist die Dachvereinigung von Organisationen ehemaliger Widerstandskämpfer, Partisanen, Angehörigen der Anti-Hitler-Koalition, Verfolgten des Naziregimes und Antifaschisten heutiger Generationen aus über zwanzig Ländern Europas und Israels. Ihre Ziele sind, – mit allen Mitteln jede sichtbare und unsichtbare Tätigkeit zugunsten einer Wiedergeburt des Faschismus zu bekämpfen – eine Tätigkeit, die darauf abzielt, die internationale Solidarität für die enge Zusammenarbeit der Völker auf den verschiedenen Gebieten des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens zu stärken, damit ein dauerhafter Weltfrieden gesichert und ein neuer Krieg verhindert wird – die Interessen der ehemaligen politischen Gefangenen bei den Regierungen und anderen nationalen und internationalen Dienststellen zu vertreten – zu kämpfen für die demokratische Erziehung der Völker; den Opfern der faschistischen Barbarei Denkmäler zu errichten und die Gedenksteine der Märtyrer zu pflegen; internationale Archive bezüglich der faschistischen Gefängnisse und Lager einzurichten.“

1951, das Gründungsjahr der FIR war „gekennzeichnet durch ein zunehmendes Aufflammen faschistischer und Nazipropaganda. Durch den Bruch des Bündnisses zwischen den Alliierten der Anti-Hitler-Koalition begünstigt, boten sich alte Nazi und Neofaschisten in Ländern Westeuropas, die inzwischen in die atlantische Allianz eingegliedert waren, als antisowjetisches Bollwerk an.

In dieser prekären Situation erkannten die Menschen, die im antifaschistischen Widerstands- und nationalen Befreiungskampf gegen die nazistischen und faschistischen Aggressoren und Okkupanten aktiv teilgenommen … hatten, dass der Zusammenschluss der europäischen Widerstandskämpfer ein Gebot der Stunde war, um der Wiedergeburt des Nazifaschismus entgegenzutreten, über die wiedererrungenen demokratischen Freiheiten zu wachen, die Werte der Widerstandsbewegung zu verteidigen und jene Prinzipien zu stärken, die die Basis der Gründung der Organisation der Vereinten Nationen war …“ (Oskar Wiesflecker, Bundesverband österreichischer Widerstandskämpfer)

Schon in den 50er Jahren wurde die Notwendigkeit sichtbar, gegen alle Formen gesellschaftlichen Vergessens die Erinnerung an die Leistungen und Verdienste des Widerstandskampfes zu bewahren: dass die Zerschlagung des deutschen Faschismus nicht nur das Werk von Armeeverbänden war, sondern die Rolle der Partisanen und Widerstandskämpfer angemessen berücksichtigt wurde. Gemeinsam mit den Angehörigen der heutigen Generationen handelt die FIR gegen Neofaschismus, Antisemitismus, Rassismus und Terrorismus und deren soziale Wurzeln. Um die Erinnerung zu bewahren setzte die FIR eine historische Kommission ein, die in insgesamt zehn „Internationalen Heften der Widerstandsbewegung“ Studien über den Widerstand in europäischen Ländern veröffentlichte. Auch der Widerstandskampf in den Konzentrations- und Vernichtungslagern und die internationale Beteiligung am nationalen Befreiungskampf in verschiedenen europäischen Ländern wurde dokumentiert und dem jüdischen Widerstandskampf große Aufmerksamkeit geschenkt. Zentrale Aufgabe war der Kampf gegen das Wiederaufleben neofaschistischer Organisationen und die politische Restauration besonders in der Bundesrepublik Deutschland. Als in der BRD Nazischmierereien immer unverschämter wurden und im Dezember 1959 mit der Schändung der Kölner Synagoge ein verabscheuungswürdiges Zeichen setzten, berief die FIR gemeinsam mit der Internationalen Liga für Menschenrechte, und anderen Verbänden eine „Internationale Konferenz gegen das Wiederaufleben des Nazismus und Antisemitismus“ ein, an der im März 1960 in Florenz 130 Delegierte aus 13 Ländern teilnahmen. Aufgrund vielfältiger Aktivitäten und Initiativen für Abrüstung und internationale Zusammenarbeit ernannten die Vereinten Nationen die FIR zum „Botschafter des Friedens“.

Wegen anhaltender neonazistischer und rechtsextremistischer Umtriebe in mehreren Ländern Europas berief die FIR 1973 ein „Europäisches Treffen gegen Neonazismus und Neofaschismus“ in Brüssel mit 150 Delegierten aus 17 europäischen Ländern ein, das zusammen mit anderen Aktionen dazu beitrug, ein europäisches Neofaschisten-Treffen in Antwerpen zu verhindern. Während die westdeutsche Regierung schon zu Adenauers Zeiten versucht hatte, einen Schlussstrich unter die Verfolgung der faschistischen Verbrechen zu ziehen, gelang es der internationalen Bewegung der Widerstandskämpfer, die juristische Verjährung von Naziverbrechen in Deutschland zu verhindern. Heute hat die FIR Mitgliedsorganisationen in 25 europäischen Ländern und in Israel.

Basierend auf der Gemeinsamkeit des Kampfes gegen den Faschismus treten die Verbände der FIR heute ein für Frieden, politische und soziale Menschenrechte und Demokratie. Gemeinsam mit den Angehörigen der heutigen Generationen handelt die FIR gegen Neofaschismus, Antisemitismus, Rassismus und Terrorismus und deren soziale Wurzeln.

Quelle: www.fir.at

Redaktionsnotizen • Zusammenfassung: Rosemarie Steffens, Langen, Hessen

03

DGB-Bundesvorstand. 17 % der gewerkschaftlich organisierten Wähler und Wählerinnen wählten die AfD bei den hessischen Landtagswahlen lt. 28,3 % der Gewerkschaftsmitglieder wählten SPD, 18,2 % GRÜNE und 17,3 % CDU.

04

Die NPD mobilisiert zu ihrem Europa-Parteitag mit der Parole „Festung Europa – Schutzzone Deutschland“ am 17.11. nach Büdingen. Formal geht es um die Wahlbeteiligung an der und die Kandidatenaufstellung für die Europawahl. Die NPD-Führung beabsichtigt offensichtlich, nach den Wahlschlappen in Bayern und Hessen ihren Mitgliedern etwas zu bieten. Eingeladen sind prominente Vertreter der reaktionärsten und faschistischen Parteien Europas: Martin Belusky (stellvertretender Vorsitzende der Partei Ľudová strana Naše Slovensko (ĽSNS, Volkspartei Unsere Slowakei)), Željko Glasnović (Bruna Esih – Zlatko Hasanbegović: Unabhängigkeit für Kroatien), Jean-Marie Le Pen (Ex-Vorsitzender der Front National und Holocaust-Leugner), Alberto Torresani (geschichtsrevistionischer italienischer Historiker), Tomislav Sunić (kroatisch- amerikanischer Übersetzer, Vertreter der „Neuen europäischen Rechten“), Bruno Gollnisch (hochrangiges Mitglied der rechtsnationalistischen Partei Rassemblement National Frankreichs) und Hervé Van Laethem (Präsident der belgischen Mouvement NATION).

05

50 000 Euro für das private Rettungsschiff „Lifeline“ hat Kardinal Marx laut Erzbistum München-Freising zur Verfügung gestellt.

Dazu teilt der kirchenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Volker Münz, mit: „Es ist ein Unding, dass Kardinal Marx das private Rettungsschiff mit Mitteln aus der Kirchensteuer unterstützt. Denn die Arbeit von ‚Lifeline‘ ist nur scheinbar christlich. Durch die Präsenz von sogenannten Rettungsschiffen im Mittelmehr werden viele Menschen überhaupt erst angelockt und dazu verleitet, sich auf die gefährliche Reise mit oft seeuntüchtigen Booten zu begeben und dabei ihr Leben zu riskieren. Zudem handeln die selbsternannten Retter nicht so, wie es nach den internationalen Regeln zur Seenotrettung üblich ist: Statt die aufgenommenen Menschen möglichst schnell in den nächsten sicheren Hafen an der nordafrikanischen Küste zu bringen, haben sich die Rettungsschiffe längst zu einem Taxidienst für Flüchtlinge nach Europa entwickelt. Zweifelhafte Organisationen wie die ‚Lifeline‘-Betreiber erledigen damit das Geschäft krimineller Schlepperbanden und sind mitverantwortlich dafür, dass sich Menschen in Todesgefahr begeben oder sogar ertrinken. Für so ein nur scheinbar humanitäres Treiben darf sich die katholische Kirche unter keinen Umständen hergeben.“

06

Verbände und Institutionen wenden sich „Gegen rechte Hetze“. Der Bund der Vertriebenen Hessen, der Hessische Bauernverband, Hessische Fußballverband, Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie, die IG Metall Bezirksleitung Mitte, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau und der Sozialverband VDK Hessen-Thüringen ziehen eine klare Kante gegen die AfD. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Hessen schließt sich vollumfänglich an.

„ … Wir müssen die nötige Trennschärfen aufbringen und grundfalsche Behauptungen in den öffentlichen Diskussionen gerade rücken. Wir haben ein vitales Interesse den Rechtsstaat und die Demokratie zu schützen und zu stärken. Die Entwicklungen am äußersten rechten Rand, abseits von Recht, Vernunft und Menschenwürde, müssen und werden wir sehr kritisch begleiten … Forderungen, dass Polizisten nur noch zwingend mit deutscher Staatsangehörigkeit eingestellt werden sollen, stellen einen Affront gegen einen großen Teil hessischer Polizistinnen und Polizisten mit Migrationshintergrund dar und birgt die Gefahr, die Polizei zu spalten. Der Schulterschluss mit rechtsradikalen Gruppierungen wie Pegida und Pro Chemnitz zeigt klar, dass das Rechtsaußenlager in der Partei die Hoheit übernommen hat … Deshalb stehen auch wir weiterhin für keine Zusammenarbeit mit der AfD zur Verfügung.“

… auch der Weiße Ring: „Wir haben den Eindruck, dass die AfD Ängste schürt und durch ihre Rhetorik Feindbilder aufbaut, unsere große Sorge ist, dass dies zu mehr Gewaltopfern führen wird.“ Die AfD in Rösrath bei Köln hatte im September nach Angaben des Weißen Rings ohne Abstimmung mit ihm das Logo des Opfervereins verwendet, um Spenden für den Verein zu sammeln. „Das hat uns empört und ist ein klarer Angriff auf das Vertrauen der Opfer“, sagte der neue Bundesvorsitzende des Opferschutzvereins, Jörg Ziercke. Die AfD im Rheinisch-Bergischen Kreis entschuldigte sich für die fehlende Rückfrage und die Verwendung des Logos. Der Weiße Ring sei „ohne jeden Hintergedanken“ als Spendenempfänger gewählt worden.